Fake News funktionieren

Futuristische Häuser am Ammersee

2017 war viel von Fake News die Rede: Was das ist, was man dagegen tun könne, ob es neue Gesetze braucht, und warum es plötzlich so viele davon gibt. Warum es so viele sind, kann ich aus eigener Erfahrung erklären: Weil Fake News gerne gelesen werden.

Meistgelesen 2017

Zum Jahreswechsel werfe ich immer einen Blick auf meine Blog-Statistik. Welche Veröffentlichungen wurden viel gelesen und welche nicht. Für 2017 waren die beiden mit Abstand erfolgreichsten Beiträge solche, die in die Kategorie Fake News fallen.
Spitzenreiter 2017 war Architekt trickst Baurecht aus, eine komplett erfundene Geschichte über geplante Häuser am Augsburger Wald in Schondorf. Allerdings erschien der Beitrag an dem Tag, an dem man sich erfundene Geschichten erlauben darf, nämlich am 1. April.

Promis am Ammersee

Dicht dahinter folgt ein Beitrag, der zwar nicht falsch, aber ziemlich irreführend ist. Ich wollte etwas über den Saisonbeginn der Seenschifffahrt schreiben. Um den Lesern eine Dampferfahrt auf dem Ammersee schmackhaft zu machen, fielen mir die Prominenten am See ein. Vom Wasser aus kann man einen Blick auf die sonst abgeriegelten Grundstücke der Schönen und Reichen werfen.
Deshalb wählte ich die Überschrift Was macht eigentlich Helene Fischer? Die Sängerin hat ja angeblich ein Haus am Ammersee. Auf Google wird danach von sehr vielen Leuten gesucht, und die stolpern dann über meinen Titel. Das bescherte diesem Beitrag das ganze Jahr über viele, wenn auch enttäuschte Leser.

Mückenplage interessiert die Leser

Erst an dritter Stelle folgt ein durch und durch seriöser Beitrag. Wissenschaft und Wirtschaft beschäftigte sich mit dem umstrittenen Mückenbekämpfungsmittel Bti. Es ging um die verflochtenen Personalbeziehungen zwischen Forschern und Herstellerfirmen, um die Frage nach wissenschaftlicher Unabhängigkeit und finanziellem Einfluß. 
Allerdings kam dieser Text nicht einmal auf ein Drittel der Zugriffe, welche die beiden phantastischen Geschichten produzierten.

Sachlichkeit verkauft sich schlecht

Schlusslicht bei den Aufrufen war 2017 der Beitrag Einblick in eine fremde Welt. Ebenfalls ein sehr sachlicher Text, aber eben zu dem recht trockenen Thema Straßenausbaubeitragssatzung.
Man sieht also, dass Fake News wirklich funktionieren. Ob ich 2018 mehr davon produzieren sollte?

5 Gedanken zu „Fake News funktionieren“

  1. Korrektur: muss heißen "molluskenhaft".
    Zum Thema fake news habe ich zufällig beim verzweifelten Versuch, Ordnung in meine Bibliothek zu bringen, gefunden: "Das Wahre interessiert mich kaum, auch nicht, was wirklich ist: mich interessiert nur, was ich mir als vorhanden vorstelle…" (Arthur Miller, Wendekreis des Steinbocks)!

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  2. Ich stelle immer wieder fest, dass die meisten Menschen weder genau hinschauen noch genau hinhören. Ich habe den Verdacht, dass sie moluskenhaft einen Gesamteindruck wahrnehmen und sich dann entweder in ihr Schneckenhaus zurückziehen oder, offen für weitere Gesamteindrücke, die Fühler ausfahren.

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  3. Lieber Leo Ploner,
    neben der Tatsache, dass die Straßenausbaubeitragssatzung ein trockenes und kompliziertes Thema ist, dem sich selbst Gemeinderäte nur in eintägigen Fortbildungen und Fachvorträgen nähern können, ist es die Länge des Wortes, das abschreckt.
    Wer gibt denn heute ein Wort mit 28 Buchstaben in der Suchmaschine ein, wo doch auch unser Alphabet nur 26 hat.
    Bei solchen Wortungetümen denke ich immer an Mark Twain, der sich vor 150 Jahren darum bemühte, auf seinen Reisen Deutsch zu lernen. Allerdings machte es ihm das Deutsche schwer. Twain wies auf die "seltsamste Besonderheit" hin, die Länge der deutschen Wörter. Sie seien "alphabetische Prozessionen, die sich wie Bergketten quer über Druckseiten ziehen … und dem unerfahrenen Schüler großen Kummer bereiten." (aus Bummel durch Europa – Die schreckliche deutsche Sprache)

    Also, ich freue mich auf Sachthemen, vielleicht mit kurzen Schlagworten, damit möglichst viele Leser auf die Perlen aufmerksam werden.
    Stefanie Windhausen

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