Retourkutsche vom Landrat?

Das Landratsamt weist zwei von der Gemeinde Schondorf genehmigte Bauanträge zurück

Das ehemalige Drexl Haus in Schondorf am Ammersee
So idyllisch wird es nicht mehr:
Das Drexl Haus vor dem Abriss

Es ist ja eher ungewöhnlich, dass ein Landratsamt Bauanträge ablehnt, die von der Gemeinde bereits genehmigt wurden. In Schondorf ist das nun in zwei Fällen passiert, einer davon ist das ehemalige „Drexl Haus“ in der Bahnhofstraße 23. Einige Leute mit denen ich in den letzten Tagen darüber gesprochen habe sind der Meinung, das sei eine Retourkutsche des Landrats Eichinger an die Adresse des früheren Bürgermeister Wittmaack. Als Eichinger noch Gemeinderat in Schondorf war, waren die beiden öfters unterschiedlicher Meinung darüber, was Schondorf baulich gut tut. Wittmaack stand für eine eher großzügige Auslegung des Baurechts, mit Flachdächern und höherer Verdichtung, Eichinger eher für eine traditionelle Linie mit geringeren Wohnflächen pro Haus.

Satteldach gegen Flachdach

So war’s gedacht:
Zurückgesetztes Obergeschoss statt Giebeldach
Ein Knackpunkt dabei ist anscheinend (soweit ich das als baurechtlicher Laie beurteilen kann) der Begriff des Vollgeschosses. Die Bayerische Bauordnung BayBO enthielt wohl eine Definition, nach der ein Dachgeschoss kein Vollgeschoss ist, wenn unter einem Satteldach auf weniger als 2/3 der Fläche die Höhe 2,30m ist. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass man dann das darübergestülpte Satteldach auch weglassen kann, und stattdessen ein zurückgesetztes oberstes Stockwerk mit Flachdach baut. Die Quadratmeter bleiben die gleichen, und das Gebäude wird niedriger. 
So war es wohl auch in der Bahnhofstraße geplant: Drei Stockwerke und darüber ein viertes, zurückgesetztes Obergeschoss. Daraus wird jetzt nichts. Das Landratsamt sagt, drei Geschosse sind genug. 

Es gibt gar kein Vollgeschoss

Die nächste Überraschung für mich war: In der aktuellen Fassung der BayBO gibt es den Begriff des Vollgeschosses gar nicht mehr.  Art. 2 (7) sagt „Geschosse sind oberirdische Geschosse, wenn ihre Deckenoberkanten im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragen.

http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-BauOBY2007rahmen&doc.part=X
Das geplante Haus hätte also baurechtlich vier Geschosse gehabt, egal ob das oberste zurückversetzt ist oder nicht. Das hätte in der Zukunft Konsequenzen haben können, wenn Bauherren auf Nachbargrundstücke darauf bestanden hätten ebenfalls vierstöckig zu bauen.

Streitfrage Immobilienpreise

Die Idee, dass der Landrat dem ehemaligen Bürgermeister eins auswischen wollte halte ich für Unsinn. Eichinger und Wittmaack hatten sicher unterschiedliche Auffassungen von „traditionellem“ oder „modernem“ Bauen. Jenseits von Sattel- oder Flachdach geht es aber auch darum, wie den rapide steigenden Immobilienpreisen in Schondorf am besten zu begegnen ist. 

Der eine Ansatz ist, die Bebauung von Grundstücken einzuschränken. Das macht sie für Investoren weniger attraktiv und drückt so auf die Grundstückspreise. Andererseits entsteht so weniger Wohnraum, was diesen wieder teurer macht.
Ich weiß auch nicht, was der richtige Weg ist. Was denkst Du über das Bauen in Schondorf?

3 Gedanken zu „Retourkutsche vom Landrat?“

  1. Gut, die Ästhetik ist die eine Seite, aber da sind die Geschmäcker verschieden (Gott sei Dank) und ich glaube auch nicht, dass sich architektonische Qualität per Bauvorschriften erzwingen lässt. Die andere Frage ist wie wir unser Schondorf in Zukunft haben wollen: Dichter bebaut oder nur lockere Bebauung und dafür exklusiv und teuer.

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  2. Bauen in Schondorf … da gibt es sehr merkwürdige Erscheinungen/Bauten, bei denen ich mich frage, warum die genehmigt wurden. Aber das Thema hatten wir schon, so sind wir beide, du, lieber Leopold, und ich unterschiedlicher Meinung, was die "Attraktivität" eines Hauses betrifft. Und so wird es im Gemeinderat wohl auch sein.

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