Gegenseitiges Lernen

Saulo, der Heiler, und die Bürgermeister
Miguel Rubio Bravo und Alexander Herrmann

Ich habe heute keine Straßensperre der Polizei passiert. Es sind auch keine Soldaten durch die Stadt patrouilliert. Mir fällt so etwas überhaupt nicht auf, Miguel Rubio Bravo dagegen schon. 
Der Bürgermeister der kolumbianischen Gemeinde Puerto Leguizamo ist gerade mit einer kleinen Delegation zu Besuch in Schondorf (siehe Besuch aus dem Regenwald). 
 

Schondorf fragt Leguizamo

Bei einer sehr gut besuchten Veranstaltung in der Aula der Schondorfer Schule stellten sich die Gäste aus Kolumbien den Fragen der Zuhörer. Dabei sprach Bürgermeister Rubio auch davon, dass er auf unseren Straßen kaum Polizei und gar kein Militär sieht: „Die Menschen scheinen hier sehr respektvoll miteinander umzugehen. Davon können wir etwas lernen.“

Aspekte des Klimaschutzes

Voneinander lernen, das war allgemein das Thema des Abends. Es wurde interessiert gefragt, und es gab interessante Antworten. Beispielsweise warum Viehzucht im Amazonasgebiet ein Klimakiller ist. Der Urwaldboden hat nur eine sehr dünne Humusschicht. Deshalb wächst eine abgegraste Weide nur langsam nach, und es müssen ständig neue Flächen gerodet werden. Eine einzige Kuh braucht in dieser Gegend rund 1 ha Weideland!

Demnächst Schokolade vom Klimapartner?

Darum werden Alternativen gesucht, beispielsweise der Anbau von Kakaobohnen. Diese wachsen im Regenwald, die natürliche Flora wird also nicht zerstört. Um Möglichkeiten in dieser Richtung auszuloten, besuchte die kolumbianische Delegation den Bioschokolade-Pionier Zotter in Österreich. Den Firmengründer Josef Zotter beschrieb Miguel Rubio Bravo als „echten Visionär, der gerne bereit ist, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen“.
Zotter würde auch Kakaobohnen aus Puerto Leguizamo zu kaufen – allerdings erst, wenn diese Bio- und Fairtrade-zertifiziert sind. Das kann bis zu fünf Jahre dauern.
Erster Abnehmer ist darum die Gemeinde Schondorf, die aus aus einer kleinen Menge Kakaobohnen eine eigene Schokolade produzieren wird.

Hydropower und Elektroboote

Der Besuch der Kolumbianer ist offensichtlich keine Vergnügungsreise: Es ging vom Wasserwerk zur Kläranlage, von Smart Hydro Power Miniwasserkraftwerken zu Torqeedo Elektrobootsmotoren. Die Zeit wird genutzt, um möglichst viel über moderne Umwelttechnologien zu lernen. Das Lernen ist aber keine Einbahnstrasse.

Mensch und Natur als Einheit

Bürgermeister Alexander Herrmann erzählte davon, wie es beim ersten Treffen in Puerto Leguizamo zu Verständnisproblemen gekommen war. Die Schondorfer sprachen vom Konflikt der Interessen von Mensch und Natur – die Kolumbianer verstanden das Problem nicht, weil sie Mensch und Natur automatisch als Einheit denken.
So ist es auch nur konsequent, dass in der Delegation aus Puerto Leguizamo auch der Schamane und Heiler Saulo ist. Das Spirituelle gehört hier ganz selbstverständlich mit zum Politischen. (Alexander Herrmann ganz pragmatisch: „Ich wünschte, wir hätten bei unserem Besuch einen Magen-Darm-Heiler dabeigehabt“)

Entwicklungshilfe aus Südamerika?

Was an dem Abend nicht besprochen wurde: Puerto Leguizamo hat anscheinend eine recht spielstarke Fußballmannschaft. Vielleicht kann ja Schondorf gerade in dieser Beziehung etwas von den Südamerikanern lernen. 

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