“Wenn ein Gaul erst mal tot ist, sollten die Reiter absteigen.“ Angeblich stammt dieser Satz von einem Regierungsvertreter, als letztes Jahr der sogenannte Faktencheck zum Radweg Birkenallee unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen wurde.
Die Radfahrer am südlichen Ammersee sehen das offensichtlich anders, und (st)reiten munter weiter für einen Radweg. Trotz nasskaltem Wetter und Temperaturen im einstelligen Bereich, kamen am 1. April wieder gut 50 Teilnehmer zur Radldemo Birkenallee.
Pest oder Cholera
Kurz zur Erinnerung die aktuelle Situation: Wer mit dem Rad von Dießen nach Fischen fahren will, erreicht kurz nach dem Ortsende auch das Ende des Radweges. Hier hat man nun die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder man fährt geradeaus weiter auf der Birkenallee (St 2056). Das sind 3 km auf einer schmalen, täglich von gut 10.000 Autos und LKW befahrenen Straße. Oder man biegt nach Süden Richtung Raisting ab (LL 10). Hier gibt es ebenfalls keinen Radweg und es gilt Tempo 100. Erst nach 1,5 km kann man dann auf einen Feldweg einschwenken und in einem Bogen nach Fischen fahren.
Beide Straßenabschnitte fahre ich mit einem sehr mulmigen Gefühl, mit Kindern würde ich hier keinesfalls unterwegs sein wollen.
Naturschutz contra Radverkehr
Um eine vernünftige Radverbindung am Südufer wird seit Jahrzehnten gestritten. Üblicherweise ziehen Radfahrer und Naturschützer bei solchen Themen ja an einem Strang. Bei der Birkenallee aber ist über die Jahre eine richtige Feindschaft entstanden.
Auf der einen Seite die Radfahrer, die sichere Radwege wollen. Auf der anderen Seite die Naturschützer, die dadurch den Brachvogel bedroht sehen, der hier brütet. Dazwischen die bayrische Staatsregierung, die sich mit dem Problem gar nicht mehr beschäftigen mag, und den Gaul für tot erklärt.
Radldemos gehen weiter
Die Radfahrer sehen das wie gesagt anders. Wie schon im letzten Jahr werden auch heuer wieder regelmäßige Radldemos veranstaltet. Damit soll weiter Druck auf die Politik gemacht werden, um eine vernünftige und sichere Radverbindung am Südufer des Ammersees zu erstellen.
Die Demos finden jeweils am letzten Freitag des Monats statt, und führen von Raisting aus nach Fischen und wieder zurück. Beim Organisator Ernst Roeckl (Email: ernst.roeckl@t-online.de) kann man sich für den Newsletter registrieren, um immer rechtzeitig informiert zu werden.
* Die Überschrift habe ich mir von Hans-Peter Sander ausgeliehen, der als Moosblogger mehrfach über das Thema berichtet hat.
Ich denke, das eigentlich unverfrohrene, ist dass
man die Radfahrer dabei verdammt.
Im Sinne von Naturschutz und/oder Umweltschutz sagt der Faktencheck doch eindeutig:
Autoverkehr raus!
Also sogesehen, ist die Karre verreckt und nicht der Gaul!
Meiner Großmutter gehörte hier übrings bis zur Jahrtausendwende ein grosses Grundstück.
Das durfte an einem Bauern vepachtet werden für ein paar Mark im Jahr zum Mähen für sein Viehfutter.
Da hat sich keine Sau daran gestört!
Brütende Viecher hin oder her!
Das Gras wurde stets geschnitten.
Meine Empfehlung als Sofortmassnahme:
Tempo 30 auf der gesamten Strecke und verkehrsberühigende Hindernisse wie Poller etc.
Dann schau ma mal, wie schnell dann ein Radweg kommt.
Hallo Martin, es freut mich als gebürtigen Tiroler sehr, dass mein Blog auch südlich der Grenze gelesen wird 🙂
Bei dem Radweg entlang der Birkenallee sind die Kosten für die Grundstücksablöse das kleinere Problem. Das hauptsächliche Hindernis ist, dass man durch einen Radweg eine Beeinträchtigung der hier nistenden Vögel, speziell des Großen Brachvogels, befürchtet.
Nachsatz zum vorigen Eintrag: Ich meine damit, den Radweg an der Südseite der St2056 zu führen.
Vorweg – ich blicke als tiroler Radfahrer immer ein wenig neidisch nach Bayern. Die Radwege die dort parallel zu stark befahrenen Straßen gebaut wurden sind meiner Meinung nach vorbildlich. Vorbildlich finde ich die breiten Grünstreifen zwischen Radwegen und Straßen, da sie die Radfahrer vom schnelleren Verkehr räumlich so trennen, dass das Sicherheitsgefühl am Radweg gut ist.
Über diesen Fall bin ich nun eher zufällig beim Surfen gestolpert. Sofern ich das ganze am Satellitenbild richtig überblicke, soll die Birkenallee entlang der ST2056 erhalten werden. Das könnte wohl auch mit der Errichtung eines Radwegs geschehen, wenn man den Radweg ca. 4m vom Straßenbankett entfernt führt. Würde eine Grundablöse in einer Tiefe von ca. 10 m (also nochmals soviel, wie die bestehende Autostraße) auf ca. 3km erfordern. Ist natürlich viel Geld. Andererseits frage ich mich warum ein Mensch, der mit dem Rad von Dießen nach Fischen fährt weniger wert sein soll als einen solcher, der mit dem Auto fährt.
Lieber Hannes, lieber Leo,
auch ich finde die Formulierung bringt es ziemlich gut auf den Punkt. Für den Radweg haben bereits viele, auch einflussreiche Persönlichkeiten gekämpft und sind tatsächlich am Naturschutz gescheitert. Es werden immer wieder Vorstöße unternommen, denn bei dem Weg geht es schließlich nicht nur um eine schöne Sonntags-Radlstrecke, sondern darum, ob man überhaupt sicher von Diessen nach Pähl radeln kann. Derzeit würde ich mir das mit der Familie nicht zutrauen.
Wir haben es hier mit dem Interessenkonflikt zwischen Umweltschutz und Naturschutz zu tun. Das geht bei vielen Themen nicht immer zusammen (Ausbau Wasserkraft, Windkraft, usw.). Bitte dranbleiben.
Lieber Hannes, ich glaube wir sind uns einig, was den naturschützenden Radverkehr angeht.
Ich finde aber, auch bei nochmaligem überlegen, die Wortwahl "Naturschutz kontra Radverkehr" nicht verfehlt. Der Bund Naturschutz kämpft gegen den Radweg an der Birkenallee, weil er dadurch die Vögel am Ammersee Südufer "massiv gefährdet" sieht. Faktisch stehen also hier die Interessen von Vogelschützern und Radwegbefürwortern gegeneinander.
"Naturschutz kontra Radverkehr" gefällt mir gar nicht vom Wording, lieber Leo! Ich bin Radldemonstrant seit Beginn und ich bin sehr für Naturschutz.
In diesem speziellen, geschilderten Fall würde ich eine andere Formel verwenden: "Bes. Spezies Naturschützer vs. naturschützenden Radverkehr".
Wir sind ja inzwichen in einer verbohrten Auseinandersetzung soweit, dass Radwegbefürwortern böswillig unterstellt wird, sie wären patologische Naturfeinde.
Wir brauchen am Westufer und am Südufer des Ammersees endlich ein entschlossenes Handeln, dass den Radverkehr möglich und attraktiv macht, Alternativen zum wirklich umweltschädlichen Autoverkehr schafft. Die "Das-haben-wir-schon-immer-gesagt-Das-geht-nicht-Fraktion" in allerlei Stübchen muss wachgestrampelt werden.
In unserem unterentwickelten, nicht mal Radfahr-Entwicklungsland Radwegdemonstranten gebetsmühlenartig zu unterstellen, sie seien Feinde des Naturschutzes, ist und total (rad)abwegig. Ich empfinde es persönlich auch als bösartig.