Sind wir etwa Pleite? (© Katharina Ranftl www.montagsfiguren.de) |
Schondorf ist Spitze am Ammersee. Leider in einem Bereich, wo wir es lieber nicht wären, nämlich bei der Verschuldung. Rund sieben Millionen Euro, umgerechnet gut € 1.800 die Du, ich und jeder andere Schondorfer an virtuellen Schulden haben.
Sind wir also Pleite?
€ 7.000.000,-
Mit diesem Schuldenstand liegt Schondorf weit vor den größeren Gemeinden Dießen (2,5 Mio) oder Herrsching (2 Mio). Umgerechnet auf die Pro-Kopf-Verschuldung sieht es natürlich noch dramatischer aus: Die sieben Millionen entsprechen mehr als € 1.800 pro Einwohner, fast das zehnfache des entsprechenden Wertes in Herrsching.
Mache ich mir deshalb große Sorgen? Jein.
Gute Schulden, schlechte Schulden
Vergleich der Ammersee-Gemeinden |
Wenigstens wurde das Geld nicht einfach verjuxt, sondern investiert. Der Schuldenberg stammt hauptsächlich aus zwei Großprojekten: Das eine ist das Prix-Gelände, das die Gemeinde für rund 4 Mio. kaufte, um hier Wohnungen zu errichten. Das andere ist der Kauf der Pflügler Bushalle und der Umbau zum Feuerwehrhaus für insgesamt rund 2,5 Mio.
Dazu kommen noch ein paar Projekte aus der Vergangenheit, wie die Sanierung der Bahnhofstrasse, und schon hat man eine Sieben mit sechs Nullen.
Eine sinnvolle Investition
Auch wenn der Bau des Feuerwehrhaus deutlich teurer wurde als ursprünglich geplant (in ersten Beratungen war einmal von € 100.000 die Rede), finde ich das doch eine sinnvolle Investition. Es war die vermutlich letzte Gelegenheit, zentral im Ort ein modernes Feuerwehrhaus zu bauen. Schondorf wird sicher auch in Zukunft weiter wachsen, und unsere Feuerwehr muss für die kommenden Aufgaben gut gerüstet sein.
Wohnungsprojekt Campus Schondorf
Das zweite Schondorfer Großprojekt ist die Bebauung des ehemaligen Prix-Geländes unter dem Arbeitstitel Campus Schondorf. Hier werde ich mit zunehmender Dauer skeptischer, ob man sich da nicht übernommen hat. Das Gelände wurde 2013 gekauft, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Mittlerweile ist man zu der Einschätzung gekommen, dass die Gemeinde nicht die nötige Erfahrung und die Resourcen hat, um so ein Immobilienprojekt selbst zu stemmen.
Man sucht jetzt einen Investor, der das Gelände nach den Vorgaben der Gemeinde bebaut und vermarktet. Dazu holte man sich die Unterstützung eines unabhängigen Projektentwicklers. Bis auf dem Areal tatsächlich gebaut wird, wird es also noch eine zeitlang dauern. Wenn alles gut geht, steigt Schondorf am Ende mit einer „Schwarzen Null“ aus.
Weniger Spielraum für investitionen
Bis es soweit ist, engt der Schuldenstand natürlich den Spielraum für die Zukunft ein. Kreditaufnahmen der Gemeinde müssen von der Aufsichtsbehörde bewilligt werden. Die Gemeinde muss nachweisen, dass sie den Schuldendienst aus eigener Kraft leisten kann und ihren Haushalt nicht mit neuen Kosten überfordert. Andernfalls kann die Zustimmung zur Kreditaufnahme an bestimmte Forderungen geknüpft werden.
Dazu kann gehören, dass freiwillige Leistungen wie Sportplätze, Bücherei oder Jugendeinrichtungen eingeschränkt werden. Die Aufsichtsbehörde kann auch darauf bestehen, dass zuerst alle Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft werden. Das wäre beispielsweise die Einführung der berüchtigte Straßenausbaubeitragssatzung (SABS), mit der Hausbesitzer bei der Erneuerung ihrer Straße zur Kasse gebeten werden.
Es könnte viel schlimmer sein
Verschuldung pro Einwohner |
Die € 1.800 Schulden pro Schondorfer sind nicht schön, aber wir liegen damit immer noch um rund ein Drittel unter dem Durchschnitt aller bayerischen Kommunen (€ 2.744).
Und zur deutschlandweiten Spitze fehlt Schondorf noch ein ganzes Stück: Rekordhalter ist die Hallig Gröde in Schleswig-Holstein, mit einem Schuldenstand von € 26.767 pro Einwohner.
Die Zahlen stammen vom Bayerischen Landesamt für Statistik.
Danke für den Artikel, ich finde es wichtig offen über den Haushalt unserer Gemeinde zu sprechen. Tatsächlich ist der Schuldanstand unserer Gemeinde kein Problem, wenn man insbesondere deren Finanzkraft und die Art der Schulden (teilw. Rentierliche Schulden, also Schulden, bei denen wir das Geld wieder zurück bekommen) betrachtet. Ich persönlich kann aber versichern, dass ich dieses Thema sehr erst nehme und deshalb dafür eintrete, dass wir wieder zurück finden müssen zu einem Schuldanstand, bei dem wir auch handlungsfähig bleiben, also bei anstehenden, dringenden Investition auch wieder Kredite, ohne vorherige Genehmigung, aufnehmen können und sich die Prokopfverschuldung wieder deutlich senkt. Gerade bei den Beratungen zum diesjährigen Haushalt konnten wir verhindern, dass zugunsten eines Projektes für den sozialen Wohnungsbau weitere Kredite im größeren Umfang aufgenommen werden. Dies hätte unweigerlich den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung nach sich gezogen.
Auch wenn wir mit einer schwarzen Null aus dem Prix-Gelände raus kommen, dürfen wir die Investitionen in die Aufstockung unserer Infrastruktur nicht vergessen. 5 bis 10% mehr Bürger erfordern allgemeine Anpassungen, auch wenn man die noch nicht sofort bemerk, z.B. im Bereich des Kindergartens und des Hortes/Mittagsbetreuung, dennoch müssen wir dafür Mittel zur Verfügung haben.