Auf Wiedersehen, Facebook

Seit ich dieses Blog begonnen habe (15. Mai 2014), teile ich die Beiträge jeweils auch auf Facebook, in der Gruppe Ammersee – alles um den See. Damit ist jetzt erst einmal Schluss. Die Ereignisse der letzten Wochen haben mir vor Augen geführt, welche Macht die großen Internetkonzerne inzwischen haben. Ich finde diese Machtfülle gruselig und möchte das nicht weiter unterstützen. Darum sage ich auf Wiedersehen, Facebook.

Leopold Ploner auf Facebook

Historische Monopolstellung

Facebook, Twitter und Google/YouTube sind längst nicht mehr harmlose Plattformen, auf denen man ein paar Bildchen und Videos austauschen kann. Sie haben in der Medienlandschaft eine Monopolstellung, wie sie noch keine Zeitung, kein Radiosender und keine Fernsehstation je hatten. Facebook hat 2,7 Milliarden Nutzer. Das ist fast hundertmal mehr, als die zehn größten amerikanischen Fernsehsender zusammengenommen. Und die Internet-Giganten nutzen diese Monopolstellung in der Art absolutistischer Herrscher. Die Sperrung der Accounts von Donald Trump hat mir das verdeutlicht.

Ich bin ganz sicher kein Freund von Trump. In meinen Augen ist er ein krankhafter Egomane, der keinerlei Respekt für andere Menschen hat. Trotzdem finde ich es höchst bedenklich, wenn er von heute auf morgen von seinen Kommunikationskanälen abgeschnitten werden kann. Wenn das sogar ihm passiert, dann geht das noch viel schneller und geräuschloser bei allen, die zufällig nicht gerade Präsident der USA sind.

Meinungsfreiheit für Wirrköpfe

Fast noch bedenklicher finde ich, dass Google, Apple und Amazon in einer konzertierten Aktion das Netzwerk Parler faktisch aus dem Internet gekickt haben. Es war gemutmaßt worden, dass Trump von Twitter auf dieses Netzwerk ausweichen könnte. Ich habe mir Parler angesehen, und es scheint tatsächlich größtenteils von Verschwörungstheoretikern und Wirrköpfen genutzt zu werden. Allerdings bin ich der Meinung, dass auch Wirrköpfe ein Recht auf Meinungsfreiheit haben. Freiheit ist bekanntlich die Freiheit der Andersdenkenden.

Ich höre dazu öfters das Argument, die Meinungsfreiheit werde doch gar nicht eingeschränkt. Jeder dürfte selbstverständlich seine Meinung sagen, nur eben nicht auf Facebook, Twitter, Instagram oder YouTube. Das ist meiner Meinung nach eine recht naive Idee. Genauso gut könnte man argumentieren, man dürfe seine Meinung jederzeit verbreiten, nur nicht dort, wo sie von anderen Leuten gehört wird. Man dürfe also gerne auf die Regierung schimpfen, aber nur im eigenen Keller, nicht auf der Straße oder auf dem Marktplatz. Die sozialen Medien sind aber heute genau der Marktplatz, der öffentliche Raum, in dem Meinungen diskutiert werden.

Der Staat, nicht Facebook

Mir ist schon bewusst, dass es ein schmaler Grat ist zwischen Meinungsfreiheit auf der einen, und Hetze und Beleidigungen auf der anderen Seite. Es kann aber nicht sein, dass diese Grenze von drei, vier mächtigen Technologiekonzernen festgelegt wird. Wer auf Twitter Menschen beleidigt oder bedroht, gehört nicht gesperrt, sondern strafrechtlich verfolgt (Da gibt es noch viel zu tun. Ich empfehle dazu diesen Erfahrungsbericht der Journalistin Margarete Stokowski: https://taz.de/Tucholsky-Preis-fuer-Margarete-Stokowski/!5639020/). Der rechtsstaatliche Schutz vor Beleidigungen und Drohungen kann nicht an privatwirtschaftliche Unternehmen delegiert werden; und der Schutz der Meinungsfreiheit erst recht nicht.

Auf Wiedersehen Facebook, Ich breche auf
Ich bin raus. Ich breche auf.

Darum werde ich meine Blogbeiträge in Zukunft nicht mehr bei Facebook teilen (Man kann sie natürlich weiterhin hier auf der Website lesen oder per Email abonnieren). Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Ich hatte viele schöne Diskussionen in diesem sozialen Netzwerk, ich werde das vermissen. Außerdem ist mir klar, dass die Reichweite des Schondorf.Blog deutlich zurückgehen wird. Aber es überwiegt mein Unbehagen an der Allmacht der großen Internetkonzerne. Ihre Position verdanken sie einzig der schieren Zahl ihrer Nutzer. Ich möchte nicht länger eines der kleinen Rädchen sein, dass diese Allmacht noch weiter fördert.

Deshalb sage ich auf Wiedersehen, Facebook.

17 Gedanken zu „Auf Wiedersehen, Facebook“

  1. ich halte das für einen konsequenten und folgerichtig ergriffenen Schritt. Und leider ist es eben genau diese Marktmacht, die Reichweite, derer sich Facebook vollkommen im Klaren ist und m.E. angesichts des Cambridge Analytica–Skandals im Zuge der 2016er-Wahl sogar den Untersuchungsausschuss im Kongress an der Nase herumgeführt hat…
    Die gleiche Reichweite und somit Sichtbarkeit über alternative Plattformen zu erreichen ist natürlich schwer bis nicht praktikabel, weil einfach noch keine reichweitenstarken (europäischen) Alternativen bestehen. Und da liegt der Hase im Pfeffer, es gibt kaum Wettbewerb bei den sozialen Medien-Plattformen, weil sie eben quasi-Monopole sind, genau.
    Eine Lösung habe ich da auch noch nicht, schaue mir aber auch seit geraumer Zeit mögliche Mitbewerber an, wie sie ja doch entstehen (youme. social finde ich z.b. ganz gut und mit einer Reihe weiterer Services aufgestellt, die es für mich recht attraktiv machen; aber natürlich noch lange nicht mit auch nur ansatzweise so hoher Reichweite wie Facebook oder damals Google…)
    Bleibt mir also nur viel Glück und weiterhin treue Leser*innen zu wünschen, alles Gute!

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    • Auch für mich ist das eigentliche Problem die Monopolstellung von Facebook. Ich habe mir schon Alternativen wie Youme oder Diaspora angeschaut, aber richtig überzeugend finde ich das noch nicht.

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  2. Lieber Leo,

    mach Dir keine Gedanken – Apple wird mit dem nächsten IOS den Hand der Datenkraken zudrehen – und das finde ich sehr sympathisch. Deine Community wird Dir treu bleiben – es klappt mit den E-Mail-Newsletter jedenfalls prima :-)….

    Liebe Grüße vom Jakobs-Bergerl,

    Matthias

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  3. Lieber Leo, dein Entschluss hat mich bestärkt, FB nun endlich auch den Rücken zuzukehren – habe heute meinen Account gelöscht. Damit bin ich aus sämtlichen „sozialen“ Medien raus.
    Was ich weiterhin machen werde, ist Bloggen. Das mache ich seit vielen Jahren (zähle vermutlich zu den ersten deutschen Bloggern), und über meinVerlagsblog z. B. generiere ich täglich um die 500 Besucher und regelmäßig neue Autoren. Was bei FB definitiv nicht der Fall war.
    Also, bloggen wir fröhlich weiter, lieber Leo.
    Grüßchen vom Blaeschen

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    • Genau, liebe Renate, wir zwei bloggen einfach fröhlich weiter. Die Reichweite von Facebook ist schon enorm, aber letztlich geht es ja nicht um die Quantität, sondern um die Qualität der Kontakte.

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  4. Hallo Leopold, ich lese aus deinen Zeilen, dass du dir das sehr gut überlegt hast. Ich meine allerdings, man muss bei der Betrachtung „Meinungsfreiheit – Hass/Hetze“ auch den Faktor „Fakten“ berücksichtigen. Fake-News verbreiten ist keine Meinung und fällt für auch nicht unter Meinungsfreiheit. Klar, wer sagt was Fake ist und was Wahrheit. Das lässt sich aber meist überprüfen. Nur wenn ich unter Betrachtung der Fakten zu einem anderen Ergebnis komme wie du, dann ist es eine Meinung. Diese kann diskutiert werden oder auch nicht, jedenfalls muss sie geschützt sein. Nachdem die sozialen Medien gemerkt haben, dass auf den Plattformen viele Fake-News verbreitet werden und dadurch Hass und Hetze entsteht, versuchen sie nun dies zu korrigieren. Vielleicht auch überzogen, ich denke jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung.
    Lieben Gruß
    Werner

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    • Danke für deinen Kommentar, Werner. Was wäre denn deiner Meinung nach ein Beispiel von „Fake News“, die nicht verbreitet werden dürfen? Also keine strafbaren Verleumdungen oder Gewaltandrohungen, sondern schlicht falsche Behauptungen, die nicht an die Öffentlichkeit sollten?

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    • Lieber Andreas, nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, war es eigentlich ganz einfach. Ich hatte mit schweren Facebook-Entzugserscheinungen gerechnet, aber zumindest bis jetzt spüre ich nichts davon.

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  5. Ich finde es nicht richtig, Leopold. Aber du musst wissen was du tust – für mich hat FB durch die Trump Blockierung gewonnen, dass hätte viel früher passieren sollen.
    Im übrigen bin ich bei ‚der rund um den Ammersee‘ Seite von Anfang an gesperrt, weil, weil………….keine Ahnung.
    Also die „Internet Zensur“ findet auch ganz still und heimlich statt, weil man eben eine ’saubere Seite‘ haben will, so wie Zuckerberg eben auch……..

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    • Danke für deine offenen Worte, Jürgen. Mir ist die Ironie schon bewusst, dass ich mich ausgerechnet darüber aufrege, wenn Leute zensiert werden, die ich selbst nicht ausstehen kann. Ich glaube aber, dass unsere Gesellschaft auch solche Diskurse aushalten kann und aushalten muss. Was nicht gesagt werden darf, sollte durch unsere Gesetze geregelt werden und nicht durch die Willkür von Monopolisten.

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  6. Leo wirklich schade! – Aber danke für Deine überaus sachlichen und informativen Beiträge. Weiterhin viel Erfog mit dem Schondorfer.Blog

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  7. Lieber Leo, bin gespannt, ob deine Blogleser abnehmen werden – nachdem du in den sozialen Netzwerken nicht mehr aktiv bist. Ich vermute mal, es wird sich wenig ändern. Zumindest ist das meine Erfahrung.
    Ich habe mich vor einiger Zeit von 90 % meiner „Freunde“ bei Facebook verabschiedet. Fazit: im Grunde keine Änderungen bei der Zahl meiner Blogleser.
    Seit über einem halben Jahr poste ich auf FB so gut wie nichts mehr. Fazit: wieder so gut wie keine Änderungen bei meinem Blogs.
    Globales Fazit: die (Qualität und Effizienz) der sozialen Medien wird überbewertet. Zumindest trifft das wohl bei Menschen zu, die auf sozialen Medien nicht besonders aktiv sind.
    Also: Ich bin gespannt auf dein Fazit!
    Viele Grüße
    Renate

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    • Liebe Renate, ich schaue es mir in aller Ruhe an. Selbst wenn die Zugriffe zurückgehen, wäre das kein großes Drama. Hauptsache es gibt weiterhin kommentare und einen Dialog über die Inhalte.

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