Schondorf ist nicht München und auch nicht Berlin. In diesen Städten gibt es nämlich zur Zeit Videoinstallationen im öffentlichen Raum, um trotz Lockdown etwas Kunst möglich und erlebbar zu machen (https://kunstareal.de/lichtaktion). In Schondorf dagegen wurde eine geplante Videoinstallation der Künstlerin Manuela Hartel im Garten des studioRose vom Landratsamt nicht genehmigt (https://studiorose.de/2021/01/11/we-dont-yet-see-things-clearly/).
Videoinstallation von Manuela Hartel
Weil der Ausstellungsraum in der Schondorfer Bahnhofstrasse zurzeit natürlich geschlossen ist, überlegt sich Kuratorin Dr. Silvia Dobler immer wieder Freiluftaktionen (Abschluss und Nachschlag) als alternative Kunstpräsentation. Im Februar wollte sie eine Videoinstallation von Manuela Hartel im Garten zeigen, die man von der Bahnhofstrasse und vom Roseweg aus hätte sehen können. Leider wurde das zwei Tage vor Eröffnung vom Ordnungsamt des Landkreises untersagt. Der Titel der Arbeit We don’t yet see things clearly erhielt dadurch einen Doppelsinn, den sich die Künstlerin sicher nicht erwartet hat.
Von der documenta zum studioRose
Die Arbeiten von Manuela Hartel waren schon auf der Biennale in Venedig, in der Bayerischen Staatsoper oder auf der documenta zu sehen (https://manuelahartel.de/). Es ist eine beachtliche Leistung, eine Künstlerin von solchem internationalen Format nach Schondorf zu holen. Entsprechend groß war am Ende bei allen Beteiligten der Frust über die Absage.
Ich schreibe ehrenamtlich die Ankündigungen auf der Website www.studiorose.de, und bin deshalb in dieser Sache sicher nicht neutral. Da ich erst einmal nur die eine Sichtweise kannte, habe ich auch im Landratsamt diesbezüglich nachgefragt. Landrat Thomas Eichinger war so nett, mir in einem ausführlichen Brief zu antworten. Er weist unter anderem darauf hin, dass ein Vergleich von Schondorf und München nicht möglich sei, weil die Großstadt viel weiträumigere Flächen hat. Das ist sicher richtig, allerdings hat München auch fast vierhundertmal mehr Einwohner als Schondorf. Ob nun auch der Platz vor der Pinakothek vierhundertmal größer ist als die Schondorfer Bahnhofstrasse, das müsste ich erst mit dem Meterstab nachmessen.
Schwierige Entscheidungen
Letztlich glaube ich aber nicht, dass solche Zahlenspiele zielführend sind. Ich will auch nicht mit dem Finger auf das „böse“ Ordnungsamt zeigen. Mir ist schon klar, dass in diesen schwierigen Zeiten immer wieder schwierige Entscheidungen zu treffen sind, und dass es dabei jeweils verschiedene Möglichkeiten der Abwägung gibt. Die können dann eben in München so und in Landsberg genau gegenteilig ausfallen.
Vielleicht liegt es mehr daran, dass Kunst und Kultur im Selbstverständnis der Stadt München anders, tiefer verwurzelt sind, als im Landkreis Landsberg. In München werden Entscheidungen über Kunst im öffentlichen Raum wahrscheinlich nicht rein dem Ordnungsamt überlassen. Bei einem Projekt wie der Videoinstallation vor den Pinakotheken steht wohl auch die Spitze der Politik dahinter.
Schondorf ist nicht Landsberg
Bis hierher kann ich das also noch nachvollziehen. Schondorf ist nun mal nicht München. Aber Schondorf ist offensichtlich auch nicht Landsberg. Dort ist Kunst im öffentlichen Raum sehr wohl möglich. Am 6. Februar startete die Ausstellung Flowers des Landsberger Galerievereins in der Zederpassage (https://www.galerieverein.de/). Auf der Website des Galerievereins findet sich der salomonische Hinweis, dass die Galerie zwar nicht geöffnet ist, „die Arbeiten können aber besichtigt werden, wenn Sie mit einem triftigen Grund durch die Zederpassage gehen.“
Wir leben nicht allein vom Brot
Ich gönne den Menschen in Landsberg diese Ausstellung, die übrigens ausgesprochen hochkarätig bestückt ist. Aber kann es wirklich sein, dass das Infektionsrisiko auf der Straße vor dem studioRose höher ist, als in der überdachten Passage? Das kann ich mir schwer vorstellen.
Da würde ich mir in Zukunft doch mehr Gleichbehandlung wünschen. Nicht in dem Sinn, dass jetzt auch in Landsberg alles verboten wird, sondern so, dass auch das studioRose die Chance bekommt, Corona-kompatible Präsentationen zu veranstalten. Wie Manuela Hartel in einem Beitrag in der SZ sagt: „Wir leben nicht allein vom Brot und dieser Mangel an geistig-seelischer Nahrung führt auf lange Sicht zu nichts Gutem.“ (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/corona-licht-aus-1.5197162)
https://m.youtube.com/watch?v=PJWdu5g1acU
… Vielleicht kann man ja in der Seeanlage so etwas machen. Da ist ja genug Platz.
Danke Leo, Manuela Hartel ist eine bekannte tolle Künstlerin. Sie war auch bei den Kreiskulturtagen 2019 bei der Auftaktveranstaltung.
Ich verstehe die Sachlage auch nicht ganz. Das einzige Argument, das ich nachvollziehen kann, ist, das es zeitlich ein temporäre Veranstaltung ist. In München stehen die beleuchteten Kugeln die ganze Zeit, in Schondorf sollte es an einem Abend laufen? So dass sich die Gefahr der Menschenansammlung größer gewesen „wäre“ und Schaufensterdekoration (Landsberg) kann man ja grundsätzlich nicht verbieten.
Aber sehr sehr schade finde ich es trotzdem, vor allem wenn Silvia Dobler sich solche hochwertige „pandemiefreundliche“ Veranstaltungen ausdenkt und organisiert.
Die Installation in Schondorf war für zwei Wochen, vom 22. 1. bis zum 7. 2. geplant gewesen. Es hätte auch keine offizielle Eröffnung gegeben, eben um eine Menschenansammlung zu vermeiden (wobei Avantgarde-Videokunst generell nicht zu großen Menschenaufläufen führt).
Achso, dann verstehe ich das auch nicht.