Im Zuge der Diskussion um die Feinuntersuchung der Staatsstraße 2055 durch den Ort, kommt auch die Variante einer Ortsumfahrung Schondorf ins Gespräch (https://www.schondorf-ammersee.de/bauen-wohnen/staedtebaufoerderung/feinuntersuchung-st-2055). Eine solche Umgehung würde der Ortsmitte die größte Verkehrsentlastung bringen. Außerdem wären die Greifenberger und Uttinger Straße dann Gemeindestraßen. Hier könnte die Gemeinde also selbst über Tempolimits, Fußgängerüberwege oder Verkehrsberuhigung entscheiden. Das klingt gut, aber ich sehe dabei doch zwei Tücken.
Sankt-Nimmerleins-Tag
Erstens dauert es vom Beschluss bis zur Umsetzung solcher Verkehrsprojekte oft viele Jahre. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es bei der Pähler Umfahrung ’nur‘ acht Jahre. Es kann aber auch anders ausgehen. Das sieht man ebenfalls in unserer Nachbarschaft, nämlich am Beispiel der Gemeinde Inning. Dort hat bereits 1999 der renommierte Verkehrsplaner Prof. Kurzak von der TU München in einem Gutachten eine Umfahrung empfohlen, und den Prozess anschließend begleitet. 2001 wurde diese Umgehung in die Dringlichkeitsstufe 1 des Ausbauplanes für Staatsstraßen eingestuft. Es folgten jahrzehntelange Diskussionen, teilweise erbitterter Streit und letztlich ein ablehnender Bürgerentscheid. Heute ist das Projekt praktisch tot.
Es kann also lange dauern und bleibt ungewiss, ob eine geplante Ortsumfahrung Schondorf tatsächlich verwirklicht wird. Meine Sorge ist, dass alle anderen Maßnahmen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden, dass im Ort nichts passiert, weil alle auf die kommende Umgehungsstraße warten.
Die Problemstellen wie gefährlich schmale Gehsteige, mehrfach unterbrochene Radwege und unsichere Querungen bestehen aber jetzt. Ich möchte, dass unsere Kinder und Enkel sicher zur Schule, zum Sport oder zum See kommen, und zwar nicht erst, wenn sie alt genug sind um bereits selber Kinder zu haben.
Zahlen zur Ortsumfahrung Schondorf
Der andere Aspekt ist, dass wir einen realistischen Blick auf die Wirksamkeit einer Ortsumfahrung Schondorf haben sollten. Die letztjährige Verkehrszählung hat gezeigt, dass täglich über 16.000 Fahrzeuge auf der St 2055 durch Schondorf fahren. Die Zählung hat auch gezeigt, dass für 55 % davon der Durchgangsverkehr verantwortlich ist. Den könnte eine Umgehung um 80 – 90 % reduzieren, also auf etwa 1.000 Fahrzeuge pro Tag. Dazu kommen die 45 %, rund 7.000 Autos, die von oder nach Schondorf fahren (Da war meine private Verkehrsschätzung optimistischer als die offiziellen Ergebnissen). Die bleiben logischerweise auch dann, wenn der Durchgangsverkehr über eine Umfahrung geleitet wird.
Sie bleiben nicht nur, sie werden mehr. Wir sehen in Schondorf gerade eine intensive Bautätigkeit. Alleine mit der Bebauung des Prix-Geländes steht Schondorf die größte Erweiterung seiner Geschichte bevor. Wenn ich von 10 % Steigerung des innerörtlichen Verkehrs in den nächsten Jahren ausgehe, ist das wahrscheinlich realistisch.
9.000 Fahrzeuge täglich
Verbleibender Durchgangsverkehr, innerörtlicher Verkehr und die erwartbare Steigerung machen zusammen gut 9.000 Fahrzeuge, die weiterhin durch den Ort fahren würden. Die Uttinger- und Greifenbergerstraße würden also auch mit einer Ortsumfahrung Schondorf keine kuscheligen Spielstraßen werden. Sie bleiben weiterhin stark frequentierte Straßen mitten durch den Ort. Und damit bleiben auch die engen Gehsteige, die unterbrochenen Radwege und die unsicheren Querungen weiterhin ein Problem. Ein Problem, das wir jetzt angehen müssen.
Eine Ortsumfahrung Schondorf könnte den Verkehr durch den Ort reduzieren. Sie wäre aber keine Patentlösung, die schlagartig alle innerörtlichen Verkehrsprobleme löst.
Wir sind letztes Jahr nach 15 Jahren an der Uttingerstrasse vor dem Lärm und Feinstaub geflohen. Dieser vollkommen ungehemmte Strassenverkehr ist krank.
Es geht in kleinen Schritten voran. Zumindest hat die Gemeinde jetzt die Aufstellung eines Lärmaktionsplans beschlossen: https://www.augsburger-allgemeine.de/ammersee/ammersee-durchbruch-fuer-tempo-30-auf-staatsstrasse-durch-schondorf-id63156486.html
Danke Leo fürs auf den Punkt bringen!
Bisher noch nicht erwähnt, die voraussichtlichen Gemeindekosten wie z.B. Ablöse der benötigten Grundstücke, Anteil Baukosten, Zusatz für die aufwendigen Vorgaben bei Nutzung des Landschaftsschutzgebietes, Verantwortlichkeits- und Instandhaltungskosten der dann beiden „neuen“ Dorfstraßen Greifenberger/Uttinger und Landsberger. Ich bin dafür, dass wir wieder lernen zu teilen. Im Durchschnitt sind unsere Autos mit 1,1 Personen besetzt. Da geht doch noch was!
Eine Umfahrung würde auch die Landschaft um Schondorf einschneidend verändern und durch die höhere Attraktivität der Strecke zu noch mehr Autoverkehr führen. Wie wäre es, wenn der Nahverkehr ausgebaut und alternative Mobilität attraktiver gestaltet werden? Also mehr Gehweg und Radweg ohne Umgehung. Mehr Einbahnstraßen und verkehrsberuhigte Zonen. Warum muss ich denn innerorts in Schondorf Auto fahren?