Die richtigen Worte für Pfitzner

Das Denkmal für den Komponisten Hans Pfitzner wird in Schondorf schon länger kontrovers diskutiert. Nach einer Farbschmiererei im letzten Herbst ist es aktuell abgebaut. Es soll aber umgestaltet und wieder aufgestellt werden. Dabei ringt die Gemeinde noch um die richtigen Worte, mit denen man eine kritische Würdigung für Pfitzner zum Ausdruck bringen will. Wie das aussehen könnte, diskutierte der Kulturausschuss bei einer Sitzung am 21. März.

Eine kritische Würdigung für Pfitzner

Es geht also um den Komponisten Hans Pfitzner (1869 – 1949), der von 1919 bis 1929 in Schondorf gelebt hat. Relativ ausführlich habe ich vor drei Jahren schon einmal über das Hans Pfitzner Denkmal geschrieben. Deshalb hier nur kurz die Eckpunkte der Diskussion um den Künstler.

Hans-Pfitzner-Mahnmal am Ammersee
Aus dem Pfitzner-Denkmal soll ein Mahnmal werden

Einerseits war Pfitzner zu Lebzeiten als Komponist hochgeschätzt. Die Uraufführung seiner Oper Palestrina leitete kein Geringerer als der legendäre Dirigent Bruno Walter. Auch heute noch hat seine Musik prominente Fans, wie beispielsweise den Komponisten Wolfgang Rihm.

Andererseits machte Pfitzner nie ein Hehl aus seiner Nähe zur Ideologie des Nationalsozialismus. Schon 1898 schrieb er in einem Brief, dass er sich „hier in Berlin ganz besonders als Antisemit ausgebildet habe“. Später pflegte er engen Umgang mit vielen Mächtigen des NS-Regimes. Beispielsweise widmete er eine seiner Kompositionen dem später als Kriegsverbrecher verurteiltem Hans Frank. Selbst nach dem Krieg schrieb er noch in einer Glosse, man könne Hitler nicht vorwerfen, was er getan habe, „sondern nur das ‚wie‘ er die Aufgabe angefasst hat“.

Mahnmal statt Denkmal

Pfitzner ist also sicher keine Person, der man einfach ein unkritisches Denkmal setzen kann, wie es gut zwanzig Jahre lang in der Schondorfer Seeanlage stand. Dieses Denkmal wird zwar schon seit Jahren in der Gemeinde diskutiert, nur kamen dabei keine konkreten Ergebnisse zustande.

Mit Farbe beschmiertes Hans Pfitzner Denkmal
Die Angaben zu Pfitzner wurden auf dem Denkmal übermalt

Das änderte sich, als es Ende letzten Jahres mit Farbe beschmiert wurde (Auch keine Lösung). Zur Reinigung musste es abgebaut werden, und das war der Zeitpunkt, um eine Umgestaltung ernsthaft anzugehen.

Kunst mit Beipackzettel

Durch einen ergänzenden Text soll das Denkmal nun zu einem Mahnmal mit einer kritischen Würdigung für Pfitzner werden. Froh bin ich, dass dafür nicht einfach eine Zusatztafel aufgestellt wird, wie beispielsweise bei dem Denkmal für Elly Ney in Tutzing (https://www.merkur.de/lokales/starnberg/landkreis/distanz-elly-608750.html). So etwas hat für mich den Charme eines Beipackzettels, als hätte man mit kleinstmöglichem Aufwand eine lästige Pflicht erledigt.

Abgebautes Denkmal in Schondorf: Die Gemeinde sucht jetzt eine kritische Würdigung für Pfitzner
Aktuell ist das Pfitzner-Denkmal abgebaut

In Schondorf ist das anders, hier wird der ergänzende Text direkt auf dem Mahnmal aufgebracht. Walter Mayer, der Schöpfer der Skulptur, hat dafür bereits sein Einverständnis gegeben. Bleibt also die Frage, was genau in Zukunft auf dem Pfitzner-Mahnmal stehen soll.

Der minimalistischste Vorschlag waren die schlichten Worte „politisch umstritten“. Daneben würde dann ein QR-Code stehen, über den Interessierte weitere Informationen abrufen können. Wahrscheinlicher ist aber ein Text ähnlich dem in Tutzing: Dass das Mahnmal dem künstlerischen Werk gewidmet ist, die Gemeinde sich aber von den politischen Anschauungen Pfitzners klar distanziert.

Kompetente Beratung

Nun muss man bei solchen Erklärungen aufpassen, dass man damit nicht unbeabsichtigt jemand auf den Schlips tritt. Hier muss man heutzutage auch intersektionale Opfererfahrungen berücksichtigen. Wenn sich eine betroffene Gruppe ausgeschlossen oder nicht genügend repräsentiert fühlt, gibt es schnell einen Shitstorm im Internet.

Der Kulturausschuss möchte sich deshalb fachkundig beraten lassen, wie die kritische Würdigung für Pfitzner am besten formuliert wird. Glücklicherweise hat anscheinend ein in Schondorf beheimateter Professor für Kunstgeschichte seine Kooperationsbereitschaft signalisiert. Er würde den Textvorschlag korrekturlesen und bei Bedarf Änderungsvorschläge machen. Dafür ist er sicher prädestiniert, denn einer seiner Forschungsschwerpunkte ist Kunst und Diktatur im 20. Jahrhundert.

Wir werden sehen, für welche Formulierungen sich die Gemeinde letztlich entscheidet, und ob damit aus dem Pfitzner-Denkmal tatsächlich ein Mahnmal wird.

6 Gedanken zu „Die richtigen Worte für Pfitzner“

  1. Eine Auseinandersetzung, mit der Rechtfertigung zum weiteren Verbleib, eines Denkmals und auch die Umwidmung in ein Mahnmal, für einen Künstler, der durchaus beachtliche Werke geschaffen hat finde ich sehr löblich. Die Tatsache, dass dieser Mensch über 10 Jahre in Schondorf gelebt hat, ist angesichts seiner rassistischen Anschauung, Äußerungen und seiner politischen Gesinnung, kein Grund, an seinem Denk-/ Mahnmal festzuhalten.
    Soweit in historischen Schriften und Abhandlungen zu lesen ist, hat sein Handeln und seine Äußerungen, nicht direkt dazu geführt, dass jüdische und nicht nationalsozialistisch denkende bzw. regimegegnerische Personen verfolgt, bzw. getötet wurden. Deshalb gab es auch bei den Aufarbeitungsprozessen 1949, einen Freispruch für Hans Pfitzner, mit der Argumentation: „Vom Gesetz nicht betroffen“. Er wird als treudeutsch und bitterböse beschrieben.
    Seine Schriften „Futuristengefahr“ bzw. „Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz“ zeigen sehr deutlich seine antisemitistische Haltung und Gesinnung. Auch wenn er von den Nationalsozialisten und Hitler eher nicht ernstgenommen, sogar abgelehnt wurde, so haben seine Äußerungen den rassistisch denkenden, Approbation geboten. Pfitzner wird eher nachgesagt, dass seine Haltung, nur dem Wunsch nach Anerkennung durch das damals herrschendende Regime, seiner künstlerischen Honorierung sowie dem Wirtschaftlichen Erfolg dienlich sein sollte. Seine Äußerungen nach 1945 zeigen, dass er nicht bereute, eher nur eine Rechtfertigung für sich, seinen Rassismus und seine politische Gesinnung suchte.
    Meine Meinung ist, dass dieses Mahnmal, nur unter der Prämisse der umfassenden und öffentlichen Aufarbeitung, der Schondorfer Geschichte im 3. Reich, wieder aufgestellt werden darf. Wie war die Haltung des Gemeinderats in der Zeit von 1930 bis 1945 und vor allem, welche Rolle spielte Bgm. Joachim Moltke (später NS-Kreisleiter u. Gaurichter)? Welche Rolle spielte Schondorf in Bezug auf die KZ-Gedenkstätte in Utting, eine Außenstelle des ersten KZs Landsberg / Kaufering, im 3. Reich. Ein Mahnmal Pfitzners, ist nur in Verbindung mit einem Denkmal für die Holocaust-Opfer und die Opfer des Nationalsozialismus, denkbar. Der Erhalt des Straßennamens, ist Denkmal genug. Alles andere wäre Hohn, gegenüber der Opfer. Ich finde, dass wir das den Betroffenen, hinsichtlich des wieder aufflammenden Antisemitismus, schuldig sind. Die Diskussion darüber darf so nicht zu Ende gehen.

    Antworten
  2. Unser Pfitzer-Denkmal ist in weiser Voraussicht schon mal als “Metall-Scherenschnitt“ angelegt. Was spricht dagegen, wenn die Vorderseite nach wie vor den Komponisten Pfitzner würdigt und die „Rückseite“ sich mit der politischen Figur Pfitzners auseinander setzt. Ein gebührender Text wird sicher gefunden und die künstlerische Gestaltung kann (muß) man getrost dem Künstler Walter Mayer überlassen.

    Antworten
    • So wie ich es verstanden habe, ist das der Weg, den man gehen will: Die Gemeinde erarbeitet den Text, die künstlerische Umsetzung übernimmt Walter Mayer.

      Antworten
  3. Benvenuto Cellini (1500 -1571) hatte drei Morde zu verantworten, entkam aber einer Bestrafung, weil ihn der Papst etwa mit den Worten verteidigte: Ein so herausragender Künstler stehe über dem Gesetz. (Fällt doch schwer, dem zu folgen!) Pfitzner war ein Überzeugter, kein Mörder. M.E. sollte man das Denkmal stehen lassen samt einem Kommentar auf einem Täfelchen daneben. Dasselbe gilt für die Pfitzner-Straße. In Wien z.B. hat man sich entschieden, die Pfitzner-Straße nicht umzubenennen, sondern dem Straßenschild ein Täfelchen mit einem Kommentar hinzuzufügen und sich so der eigenen Vergangenheit zu stellen.

    Antworten
    • Dazu sollte man erwähnen, dass im Gegensatz zu Wien die Städte Linz, Wiesbaden, Schwanheim, Münster, Mainz, Hamburg, Hamm, Lübeck, Herzogenaurach und Frankfurt ihre jeweiligen Pfitznerstraßen umbenannt haben. In den meisten Fällen geschah das nach einer eingehenden Untersuchung durch eine Historikerkommission.

      Antworten
    • Ist es nicht so, dass die meisten Österreicher bis heute, ein großes Problem mit der Aufarbeitung ihrer nationalsozialistischen und antisemitischen Vergangenheit haben? „Einfach a erklärendes Daferl duats scho“. Das finde ich eine verantwortungslose Vergangenheistbewältigung. Ich denke, die Opfer des Holocaust haben mehr Respekt und Achtung verdient.
      Und um unseren Nachbarn nicht unrecht zu tun. Sie haben eine Holocaust Gedenkstätte in Wien. Dann ist es auch möglich hier in unseren Reihen, dem Rechnung zu tragen, und nicht einfach eine Hinweistäfelchen, möglichst klein und unauffällig anbringen. Das keine Vergangenheitsbewältigung.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar