„C’est la vie“, so ist das Leben, sagt man in Frankreich, und der Ausdruck ist auch bei uns durchaus gebräuchlich. Man verwendet es meistens achselzuckend und leicht resigniert im Sinne von „Da kann man eben nichts machen“. Die Initiative Seelawi in Schondorf wird zwar genauso ausgesprochen, steht aber für das genaue Gegenteil: Man kann etwas machen, man muss nur anpacken.
Bauern in der Klemme
Die Bauernproteste im letzten Winter haben gezeigt, dass bei vielen Landwirten die Nerven blank liegen. Wenn man keine große Agrarfabrik besitzt, wird es immer schwieriger, mit einem Bauernhof sein Auskommen zu erwirtschaften.
Die Bauern sind gleich von mehreren Seiten unter Druck. Die Kosten steigen, Handel und Verbraucher wollen aber nicht mehr bezahlen, und für Investoren ist Biogas oft gewinnbringender als der Gemüseanbau. Obendrein ist die Politik auch noch sehr erfinderisch darin, ständig neue Vorschriften und bürokratische Hindernisse aufzubauen. Eine schlimme Situation, aber c’est la vie, da kann man nichts machen, oder?
Solidarische Landwirtschaft
Doch, man kann schon etwas machen, zum Beispiel selbst anpacken. So hat es die Schondorfer Initiative Seelawi gemacht. Als ein Stück Ackerland zu haben war, hat man eine Genossenschaft gegründet und begonnen, das Feld zu bearbeiten.
Der Name Seelawi ist dabei ein Wortspiel mit der Abkürzung SoLaWi, die für solidarische Landwirtschaft steht (SoLaWi? SoLa Was? SoLa Wo?). Solidarisch bedeutet hier, dass sich Abnehmer und Erzeuger das Risiko teilen. Man steckt so viel Geld oder Arbeitszeit hinein, dass sich der Anbau rechnet. Dafür bekommt man im Gegenzug einen Anteil an der Ernte. In guten Jahren ist das mehr, in schlechten weniger. Aber dieses Risiko tragen eben alle solidarisch, und nicht der Bauer alleine. In Schondorf heißt die SoLaWi Seelawi, weil unser schöner Ort nun mal am See liegt.
Seelawi in Schondorf
Die Seelawi in Schondorf hat letzten Winter damit begonnen, auf einem Grundstück nördlich der Kirche St. Anna zwei Hektar für Obst und Gemüse anzulegen. Letzte Woche wurde zum ersten Mal geerntet und ich habe die Gelegenheit genutzt, mir den Gemeinschaftsacker anzusehen.
Ich war beeindruckt, wie viel hier schon vorangegangen ist. Auf einer Seite ist das Grundstück mit einer ökologisch wertvollen Totholzhecke abgetrennt. Daneben sind Ackerfurchen gezogen, Obstbäume und -sträucher gesetzt. Man hat eine Turiel-Maschine angeschafft, um den Boden in schonender Dammkultur zu bearbeiten (https://www.turiel-dammkultur.com/).
Frisch vom Acker
Wenn geerntet wird, ist manchmal genug da, um den Überschuss zu verkaufen. Wann es etwas gibt, erfährt man über den Emailverteiler, für den man sich unter post@seelawi.de anmelden kann. Hier kann man sich auch melden, wenn man selbst in der Genossenschaft mitmachen möchte.
Natürlich ist der Gemüsekauf auf dem Seelawi-Acker nicht wie im Supermarkt. Hier gibt es nicht dreißig Sorten zur Auswahl, sondern nur das, was gerade erntereif ist. Dafür ist das garantiert frisch, nämlich direkt vom Acker.
Außerdem gibts auch noch Rezeptideen dazu, was man mit dem saisonalen Gemüse alles machen kann. Als ich dort war, gab es gerade Kohlrabi. Ich habe davon bis jetzt immer nur die Knolle verwendet, und die Blätter weggeschnitten. Dabei kann man aus den Kohlrabiblättern gesunde Knabber-Chips machen. Einfach waschen, mit Öl und Salz bestreichen, und im Ofen trocknen, bis sie knusprig sind (https://www.bioland.de/rezepte/kohlrabiblatt-chips).
Schaut euch die solidarische Landwirtschaft in Schondorf einmal an. Das Auto kann man auf den Parkplätzen bei St. Anna oder beim Friedhof abstellen. Von dort sind es nur rund 300 Meter nach Norden bis zum Acker.
Seelawi in Schondorf
Informationen, Mitgliedschaft und Erntetermine unter post@seelawi.de oder in der Gruppe Seelawi auf Telegram
Ich kann Euch nur Glück wünschen und „alles Gute“, bin seit 10 Jahren Solawi-Mitglied im Kattendorfer Hof (www.kattendorfer-hof.de), die vor 25 Jahren ähnlich klein angefangen haben, jetzt aber 450 ha Pachtland bewirtschaften und an die 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, 7 eigene Hofläden. Ich wünsche euch: haltet durch, macht was draus, was Ihr da angefangen habt!