Der humane Widerstand

Zugegeben, bei dem Begriff Kreisauer Kreis musste ich erst einmal googeln. Diese Widerstandsbewegung gegen das NS-Regime hat nicht die Bekanntheit wie die Weiße Rose, die Rote Kapelle oder die Gruppe rund um Graf Stauffenberg. Wer mehr über die von Helmuth James Graf von Moltke gegründete Gruppierung erfahren möchte, hat dazu am 23. Januar Gelegenheit. An diesem Tag spricht um 19:15 Uhr im Landheim Ammersee der Publizist Knud von Harbou über Moltke und den Kreisauer Kreis.

Hinrichtung in Plötzensee

Der von Helmuth James Graf von Moltke gegründete Kreisauer Kreis machte nicht durch spektakuläre Aktionen oder Attentate auf sich aufmerksam. Moltke pflegte eine sanftere Art des Widerstandes, der die Diktatur durch eine neue Gesellschaftsordnung überwinden wollte.

in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand erinnert ein Ausstellungsraum an den Kreisauer Kreis
Ausstellung zum Kreisauer Kreis (Foto © Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

Die Nazis sahen das aber als ernsthafte Bedrohung. Die Bewegung flog auf, Moltke und sieben seiner Mitstreiter wurden vom berüchtigten Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und im Berliner Gefängnis Plötzensee hingerichtet. Heute erinnert ein Raum in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand an den Kreisauer Kreis (https://www.gdw-berlin.de/).

Moltke und Schondorf

Es hat einen Grund, warum der Vortrag Das Mögliche nach dem Unmöglichen ausgerechnet am Landheim Ammersee stattfindet (https://landheim-ammersee.de/). Moltke war hier Schüler gewesen. Genauso übrigens wie einige Jahre später Christoph Probst, ein Mitglied der Weißen Rose (Gedenken an Christoph Probst). Das Landheim konnte sich anscheinend bis in die 1930er-Jahre hinein als liberales Refugium innerhalb des grassierenden Nationalsozialismus behaupten.

Gedenktafel für Christoph Probst
Gedenktafel im Landheim Schondorf für Christoph Probst

In Schondorf kennen wir den Namen Moltke natürlich noch in einem anderen Zusammenhang. Der NS-Funktionär Joachim von Moltke wurde nach der Machtergreifung von den Nazis als Bürgermeister eingesetzt. Ich konnte aber nichts darüber finden, ob und wie dieser mit dem mecklenburgischen Adelsgeschlecht verwandt war.

Ein Sumpf von Wohlbehagen

Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg gründeten 1940 die geheime Bewegung Kreisauer Kreis. Benannt ist sie nach Moltkes Familiengut in Kreisau, heute das polnische Krzyżowa. Mit dem Sieg im Frankreichfeldzug stand Hitler gerade auf dem Höhepunkt seiner Macht. Man erlebe jetzt einen Triumph des Bösen, schrieb Moltke. Trotzdem sahen er und seine Mitstreiter den Weg in den Untergang vorgezeichnet. Die fortwährende militärische Expansion würde am Ende zu einer Katastrophe führen.

Die Mitglieder des Kreisauer Kreises arbeiteten an neuen Strukturen, um Deutschland in die Zivilisation zurückzuführen, wenn die Barbarei der Nazis gescheitert sein würde. Bis es so weit sei, müsse man allerdings einen „Sumpf von äußerem Glück, Wohlbehagen und Wohlstand durchwaten“.

Gegen einen Geist der Enge und der Gewalt

Moltke handelte aber nicht nur aus Sorge um sein Vaterland. Der ganze Ungeist des Faschismus war seiner Persönlichkeit zutiefst zuwider. Er habe sein ganzes Leben lang „gegen einen Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit und der mangelnden Ehrfurcht vor Anderen, der Intoleranz und des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat“.

Helmuth James Graf von Moltke, Gründer der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis, vor dem Volksgerichtshof
Moltke vor dem Volksgerichtshof im Juli 1944 (Foto: Wikimedia)

Das Mögliche nach dem Unmöglichen

Der Kreisauer Kreis plante also das Mögliche nach dem Unmöglichen. So lautet auch der Titel des Vortrags von Knud von Harbou im Landheim. Der Germanist und Historiker hat lange Jahre als Journalist gearbeitet, unter anderem für das Feuilleton der Süddeutsche Zeitung. Er war in leitenden Positionen in den Verlagen S. Fischer und Holtzbrinck tätig, und hatte Lehraufträge an den Universitäten Bamberg und München. Sein Vortrag beleuchtet die Persönlichkeit Moltkes, seine Mitstreiter, die Ideen des Kreisauer Kreises und den heutigen Stand der Zeitgeschichtsforschung.

Das Mögliche nach dem Unmöglichen

Knud von Harbou über Moltke und den Kreisauer Kreis
23. Januar 2025, 19:15 Uhr
Vortragssaal des Landheim Ammersee
Eintritt frei
https://landheim-ammersee.de/termine

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