Was ein Landratsamt kostet

Ich hatte neulich über das Bürgerbegehren LRA Neubau stoppen geschrieben, über das wir beim Bürgerentscheid am 23. Februar abstimmen können (Was uns das neue Landratsamt angeht). Hauptkritikpunkt dieser Initiative sind die Baukosten des Landratsamtes von geplant € 120 Millionen. Das klingt nach einem Haufen Geld, aber ist es für ein Verwaltungsgebäude tatsächlich ungewöhnlich teuer?

Da tue ich mich schwer, weil mir die Bezugsgrößen fehlen. Ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, was eine Pizza, ein Handy oder ein Fahrrad normalerweise kosten. Aber ich habe noch nie ein Verwaltungsgebäude in Auftrag gegeben, und weiß deshalb nicht, mit wie viel Geld man dabei rechnen muss.

Baukosten des Landratsamtes

Zum Glück werden aber immer mal wieder irgendwo in Deutschland neue Landratsämter gebaut. Also habe ich in den letzten Wochen ChatGPT und Google bemüht, um herauszufinden, was andere Landkreise dafür ausgeben.

Baukosten des Landratsamtes Esslingen im Vergleich
Neubau in Esslingen (Foto © Landkreis Esslingen)

Für einen Kostenvergleich habe ich die folgenden fünf aktuellen Bauprojekte gefunden. Es gab noch ein paar mehr, aber die waren für einen Vergleich nicht geeignet. Teilweise fand ich keine verlässlichen Angaben zu Kosten und Größe. Einige fielen heraus, weil es multifunktionale Bauten sind, die außer dem Landratsamt auch noch weitere Einheiten wie Kindergärten oder Kongresssäle enthalten. Hier also die fünf Landratsamt-Neubauten, die ich mit dem geplanten Lechkiesel in Landsberg vergleiche.

Esslingen

Fertigstellung 2025, Baukosten 144 Mio. €, 675 Arbeitsplätze, Bruttogeschossfläche (BGF) 34.700 m2,
Einwohnerzahl des Landkreises: 542.582
https://www.landkreis-esslingen.de/start/service/zahlen_+daten_+fakten+neubau+lra.html

Kelheim

Fertigstellung 2016, Baukosten 19 Mio. €, 250 Arbeitsplätze, BGF 7.620 m2,
Einwohnerzahl: ca. 120.000
https://www.landkreis-kelheim.de/media/7198/22-09-29-praesentation-landkreisliegenschaften.pdf

Landshut

Spatenstich Mai 2022, Baukosten 75 Mio. €, 600 Arbeitsplätze, BGF 24.150 m², Einwohnerzahl: 160.000
https://www.dzpa.de/projekt/neubau-landratsamt-landshut/

Reutlingen

Richtfest Mai 2024, Baukosten 170 Mio. €, 1.000 Arbeitsplätze, BGF 48.000 m², Einwohnerzahl: 294.000
https://www.kreis-reutlingen.de/Aktuelles/Neubau-Landratsamt

Waiblingen (Rems-Murr-Kreis)

Richtfest 2024, Baukosten ca. 100 Mio. €, 350 Arbeitsplätze, BGF 27.700 m², Einwohnerzahl: 427.286
https://www.bsdplus.de/fachartikel/landratsamt-waiblingen.html

Landsberg am Lech

in Planung, Baukosten 120 Millionen € (geplant), 496 (400) Arbeitsplätze, BGF 16.000 m2, Einwohnerzahl: 124.000
https://buergeramt-ll.de/

Baukosten des Landratsamtes

Man sieht schon, dass die Kosten weit auseinanderklaffen. Zwischen 19 und 170 Millionen haben die Landratsämter für ihre neuen Verwaltungsgebäude ausgegeben. Das liegt sicher auch an der unterschiedlichen Größe der Landkreise. Wo mehr Menschen leben, braucht es in den einzelnen Abteilungen mehr Mitarbeiter. Mehr Mitarbeiter bedeuten natürlich mehr Platzbedarf, größere Gebäude und damit höhere Kosten.

Baukosten des Landratsamtes Kelheim im Vergleich
Landratsamt Kehlheim (Foto © Raith Architekten)

Um es etwas besser vergleichbar zu machen, habe ich die Baukosten auf die jeweilige Bevölkerungszahl der Landkreise umgerechnet. Wie viel kostet der Bau theoretisch jeden einzelnen Einwohner? In der untenstehenden Grafik sind alphabetisch die fünf Vergleichsorte aufgeführt. Dann zeigt eine Säule den Durchschnitt der Baukosten des Landratsamtes in diesen fünf Städten. Ganz rechts sind dann die umgerechneten Kosten für den Landkreis Landsberg.

Vergleich Baukosten des Landratsamtes in Esslingen, Kelheim, Landshut, Reutlingen, Waiblingen und Landsberg, umgerechnet auf die Bevölkerungszahl
Baukosten pro Einwohner

Stimmt das alles?

Man sieht, dass die Säule für Landsberg recht deutlich über die anderen hinausragt, die Kosten pro Einwohner also ordentlich höher sind. Man kann natürlich fragen, ob die von mir eingesetzten Zahlen alle richtig sind. Ich habe mich bemüht, das möglichst sorgfältig zu recherchieren.

Trotzdem kann leicht ein Zahlendreher, ein falsch interpretierter Wert oder ein Rechenfehler in die Berechnung hineinrutschen. Wer möchte, kann sich hier die zugrundeliegende Tabelle anschauen (https://schondorf.blog/wp-content/uploads/2025/01/Vergleich_Landratsaemter.xlsx) und die Angaben mit den oben verlinkten Websites vergleichen. Falls ihr einen offensichtlichen Fehler findet, sagt mir bitte Bescheid, damit ich es korrigieren kann.

Andere Betrachtungsweise

Die Unterschiede in den Baukosten könnten natürlich auch noch andere Gründe haben. Beispielsweise macht es einen Unterschied, ob es ein nüchterner Zweckbau ist, oder anspruchsvolle, repräsentative Architektur. Außerdem könnte der eine Landkreis nur die minimal erforderliche Größe bauen, während ein anderer Platzreserven für die Zukunft einplant. Das ist ja eines der Argumente in Landsberg, dass man schon auf Jahrzehnte hinaus den erwarteten Platzbedarf abdecken möchte.

Dazu habe ich nun die Baukosten in Relation zu der Anzahl der errichteten Arbeitsplätze gesetzt. Das Diagramm ist gleich aufgebaut wie das vorherige: erst die fünf Vergleichsprojekte, dann der Durchschnitt daraus, und zum Schluss die Zahlen für Landsberg. Hier liegt der geplante Lechkiesel am Penzinger Feld immer noch über dem Durchschnitt, ist aber nicht mehr der teuerste. Waiblingen gibt pro Arbeitsplatz noch mehr Geld aus.

Vergleich Baukosten des Landratsamtes in Esslingen, Kelheim, Landshut, Reutlingen, Waiblingen und Landsberg
Kosten pro Arbeitsplatz

Plötzlich 25 % mehr Arbeitsplätze

Einen kleinen Haken an der Sache will ich aber nicht verschweigen. Ursprünglich war in der Landsberger Planung von 400 Arbeitsplätzen die Rede. Ohne dass sich am Entwurf des Lechkiesels etwas geändert hat, geht das Landratsamt inzwischen von 496 Bürostellen aus.

Die Steigerung soll durch Homeoffice und Desk-Sharing möglich werden (https://www.merkur.de/lokales/landsberg-kreisbote/kostenberechnung-fuer-landratsamts-neubau-landsberg-liegt-vor-93111365.html). Für das Diagramm bin ich von diesen 496 Arbeitsplätzen ausgegangen. Bei 400 würden die Kosten pro Arbeitsplatz den Spitzenwert von € 300.000 erreichen.

Der geplante Neubau des Landratsamtes Landsberg nach einem Entwurf von Hascher Jehle Architektur
Der Lechkiesel (© Hascher Jehle Architektur)

Genug Zahlen für heute. Ob und wie das alles die eigene Meinung zum Bürgerentscheid am 23. Februar beeinflusst, muss jeder selbst wissen. Weitere Informationen gibt es auf den Websites des Landratsamtes (https://buergeramt-ll.de/) und des Bürgerbegehrens (https://www.lra-neubau-stoppen.de/). An dieser Stelle noch einmal der Hinweis: Sagt mir bitte Bescheid, falls in meiner Rechnung etwas nicht stimmt. Ich werde diesen Beitrag aktualisieren, falls Fehler auftauchen oder neue Informationen dazukommen.

7 Gedanken zu „Was ein Landratsamt kostet“

  1. Was ich nirgends finde, sind Infos darüber, wie das Landratsamt das Thema Telearbeit bedient.
    Wie viele derer, die keinen Kundenkontakt haben, arbeiten daheim? Wenn, wieviele Tage? Werden die Büros dann im Wechsel genutzt oder stehen sie leer? Gibts Desksharing oder soll das kommen?
    Wie viele Büros kann man dadurch einsparen? Wird das ausgereizt? Könnte man damit evtl die bisherigen Gebäude effizienter nutzen?

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  2. Lieber Leo,

    tausend Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast und mal die Kosten transparent darstellst.
    Deine Auswertungen zeigen, dass die Kosten in Landsberg erheblich von den anderen Objekten nach oben abweichen. Im Vergleich zum Durchschnitt der anderen 5 Bauten liegt Landsberg bei den Kosten pro Einwohner in etwa beim 3-fachen! Bei den Kosten pro Arbeitsplatz nicht ganz so dramtisch höher. Aber wenn Du die ursprüngliche Zahl von 400 Plätzen rechnest, immer noch beim Doppelten der Vergleichsobjekte. Und die Rechnung mit 400 ist sicherlich korrekter als die mit 496. Wenn die Anzahl der Arbeitsplätze bei gleichbleibender Fläche und gleichbleibenden Massen der Architektenplanung plötzlich um 25% steigt, sieht das schon komisch aus. An der angegebenen Steigerung durch Homeoffice und Desk-Sharing kann das ja nicht liegen. Weder das Home-Office noch das Desk-Sharing hat irgendeinen Einfluss auf die Baukosten. Im Home-Office sitzt der Mitarbeiter zuhause und braucht keinen Platz im Landratsamt. Beim Desk-Sharing teilen sich zwei Mitarbeiter einen Platz (z.B.: zwei Halbtagskräfte). Auch das erzeugt keinen weiteren Platzbedarf im Landratsamt. Auch wenn die einzelnen Büros mit 25% mehr Schreibtischen möbliert würden, hat das bestenfalls einen minimalen Einfluss auf die Baukosten. Dan braucht man vielleicht die eine oder andere Steckdose zusätzlich.

    Zusammenfassend muss man leider feststellen, dass mit dem Landratsamt ein Luxus- oder Prestigeobjekt auf Kosten der Landkreisgemeinden realisiert werden soll. Da der Landkreis selbst kein Geld hat, müssen diese die Kosten im Rahmen einer erhöhten Kreisumlage bezahlen. Diese ist auch ohne das Landratsamt so hoch, dass viele Landkreisgemeinden schon heute Ihre Aufgaben kaum mehr erfüllen können. Sie müssen sich dann selbst verschulden um ihre eigentlichen Aufgaben erfüllen zu können. Oder sie lassen ihre Infrastruktur verfallen und streichen die Freiwilligen Leistungen zusammen. Wobei nur Ersteres überhaupt einen signifikanten Beitrag liefern könnte.

    Für mich heißt das: Keine Zustimmung zur Frage des Ratsbegehrens am 23. Februar! Das Projekt gehört gestoppt.

    Die übliche Bedrohung mit den dann verschleuderten Planungsmillionen zieht nicht. Sie trifft den planenden Landrat selbst. Wer Unsinn plant hat auch dafür gerade zu stehen. Und jeder sollte sich überlegen, ob einige wenige Millionenverluste nicht besser vernichtet sind als hunderte Millionen, die auf lange Sicht benötigt würden. Mit den Zinsen für 40 Jahre liegt man deutlich über 200 Millionen Gesamtaufwand. Auch die Kosten für die Büroausstattung und die Unterhaltskosten eines weiteren Gebäudes hat noch keiner errechnet. 400 Arbeitsplätze à 10.000 Euro für Schreibtisch und sonstige Möbel pro Arbeitsplatz ergeben nämlich noch mal 4 Millionen, die der Landkreis auch nicht hat! Kann man natürlich sparen wenn man den alten Möbelschrott aus den bisherigen Büros mitnimmt und damit einen interessanten und heimeligen Ambiente-Gegensatz zum ansonsten luxuriösen Gebäudekomplex schafft. Antiquitäten in moderner Umgebung – dass hat schon was. Können aber leider nur die Mitarbeiter selbst sehen. Die Bay. Staatsregierung drängt ja mächtig auf die Digitalisierung der Bürokratieabläufe. Dann macht der Bürger alles von zuhause. Ein architektonisch eindrucksvolles Landratsamtsgebäude ist dann vermutlich das Letzte was der Bürger noch braucht.

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  3. Mathias Rathke, Beerengarten 4a, 86938 Schondorf am Ammersee

    Lieber Leo,
    zunächst einmal vielen Dank dafür, dass Du im Rahmen Deiner Möglichkeiten mit Recherche und Daten mehr Licht ins Dunkel um das neue Landratsamt in Landsberg gebracht hast.
    Das Thema wird ja allgegenwärtig diskutiert, was auf großes Interesse und eine große Bürgerbetroffenheit hinweist.
    Was in jeder Diskussion jedoch fehlt ist die faktenbasierte Analyse dessen was geplant ist. So bleibt das Gespräch eher in einem Gefühl stecken:

    „Das neue Projekt ist viel zu teuer, was jeder sofort merkt“.

    Der Frage, ob der neue Bau zu teuer ist, bist Du über Vergleichswerte anderer Projekte nähergekommen. Das können die Kosten pro Mitarbeiter, oder, wie von Dir ermittelt, die Kosten pro Einwohner sein.
    Alles entscheidend für die Einschätzung zu hoher Baukosten für eine bestimmte Leistung ist hingegen die Frage: mit welchen Baukosten pro qm Bruttogeschossfläche (BGF) wurde kalkuliert?
    Um diese zu ermitteln muss zunächst die Gebäudegröße festgelegt werden die sich aus der Zahl der Funktionen im Gebäude und natürlich auch der Mitarbeiterzahl und deren Platzbedarf ergibt.

    Die Höhe der Baukosten pro qm BGF kann i.d.R. einen Hinweis darauf geben wie qualitätvoll, in vielen Fällen auch wie luxuriös die Bauweise und Ausstattung ist. Das ist ein Kriterium jenseits der Gebäudegröße.
    Diese Angabe könntest Du, da Du die hierfür notwendigen Daten bereits herausgefunden hast, in einem weiteren Balkendiagramm anhängen.

    Es ergibt sich folgendes Bild für die 6 Fallbeispiele, ermittelt aus den von Dir gefundenen gesamten Baukosten, geteilt durch die Bruttogeschossfläche:

    – Esslingen: 144 Mio € Baukosten : 34.700 BGF = 4.150 € pro qm
    – Kelheim: 19 Mio € Baukosten : 7.620 BGF = 2.493 € pro qm
    – Landshut: 75 Mio € Baukosten : 24.150 BGF = 3.106 € pro qm
    – Reutlingen: 170 Mio € Baukosten : 48.000 BGF = 3.542 € pro qm
    – Waiblingen: 100 Mio € Baukosten : 27.700 BGF = 3.610 € pro qm
    – Landsberg: 120 Mio € Baukosten : 16.000 BGF = 7.500 € pro qm

    Als Fazit steht die Frage im Raum: Warum sind die Baukosten pro qm in Landsberg, im Schnitt, doppelt so hoch wie bei den anderen Bauvorhaben?

    Wären sie so hoch wie in den vergleichbaren Bauvorhaben, läge das Projekt gesamt bei 60 Mio. €, also ungefähr der Hälfte.
    Vermutlich würde dann kein Hahn danach krähen.

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    • Lieber Mathias, danke für deine Umrechnung der Kosten auf die Quadratmeter Grundfläche. Da sticht das Landratsamt Landsberg schon sehr deutlich heraus.

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