Am letzten Sonntag haben die Einwohner des Landkreises Landsberg über den Neubau des Landratsamtes abgestimmt. Vor der Wahl hatte ich mit Befürwortern und Gegnern dieses Bauprojekts gesprochen. Alle waren der Meinung, dass es eine ganz knappe Abstimmung werden würde. Das Gegenteil ist eingetreten. 80 % stimmten für einen Planungsstopp des Lechkiesel genannten Entwurfs. Damit ist zumindest für klare Verhältnisse gesorgt.
Zuwenig Platz im Landratsamt
Dass das bestehende Gebäude in der Von-Kühlmann-Straße zu klein ist, ist nichts Neues. Der Landkreis hat deshalb verschiedene zusätzliche Räume angemietet, sodass die einzelnen Abteilungen über mehrere Standorte in der Stadt Landsberg verteilt sind.

Deshalb wurde schon lange über einen Neubau diskutiert, und schließlich fiel die Entscheidung für den Standort am Penzinger Feld. Da geht von der Stadtmitte aus eine Buslinie zumindest in die richtige Richtung. Außerdem könnten die Leute dort Behördengänge mit einem Einkauf im nebenan liegenden Gewerbegebiet verbinden. So weit, so gut.
Es gab einen Gestaltungswettbewerb, bei dem sich der Entwurf des Büros Hascher Jehle Architektur durchsetzte. Die Form des Gebäudes erinnert an einen vom Wasser abgeschliffenen Stein im Flußbett, weshalb sich schnell die Bezeichnung Lechkiesel etablierte (https://buergeramt-ll.de/)
120 Mio. für den Lechkiesel
An Form und Funktion war nicht viel auszusetzen, nur die Kosten sorgten für einigen Unmut im Kreisrat. € 120 Millionen für ein neues Verwaltungsgebäude sind ein ordentlicher Brocken. Ich habe einmal versucht das zu anderen neu gebauten Landratsämtern ins Verhältnis zu setzen (Was ein Landratsamt kostet). Nach den Zahlen, die ich gefunden habe, wäre der Lechkiesel deutlich teurer als vergleichbare Neubauprojekte in anderen Regionen.

Diese Kosten betreffen alle Gemeinden im Landkreis. Finanziert wird das neue Amt nämlich hauptsächlich über die Kreisumlage. Das ist der Teil der gemeindlichen Einnahmen, der an den Landkreis weiterfließen. Dieser Anteil liegt heute schon bei 53 % und wird mit einem Neubau vermutlich weiter steigen (Was uns das neue Landratsamt angeht).
Ratsbegehren gegen Bürgerbegehren
Aus dieser Situation entstand die Bürgerinitiative LRA-Neubau stoppen. Sie forderte, das Projekt Lechkiesel ad acta zu legen, und die Planung neu zu beginnen. Die Kosten sollen dabei von vornherein auf € 50 Mio. gedeckelt werden. So standen beim Bürgerentscheid am 23. Februar zwei Vorschläge gegeneinander: Das Ratsbegehren, mit der Planung für den Neubau fortzufahren, und das Bürgerbegehren, das einen Planungsstopp fordert. Wie schon erwähnt, entschieden sich vier Fünftel der Bürger für die zweite Variante.
Versöhnliche Töne
In einem Video seiner Instagram-Serie Landrat Live nahm Thomas Eichinger die Entscheidung gelassen hin. Er dankte den Landsbergern für die hohe Wahlbeteiligung und das klare Votum. „Der demokratische Prozess tut der Sache gut“, sagte Landrat Eichinger.

Auch die Bürgerinitiative LRA-Neubau stoppen schlägt versöhnliche Töne an. Da nun Klarheit über den Willen der Bürger herrsche, müssten zügig und ergebnisoffen praktikable Lösungen gefunden werden. „Als Bürgerinitiative befürworten wir eine sinnvolle und zukunftsorientierte Lösung, die wirtschaftlich tragfähig ist“, heißt es auf der Website https://www.lra-neubau-stoppen.de/.
Wie weitergehen könnte
Zwar ist der Lechkiesel jetzt vom Tisch, der Platzmangel im Landratsamt ist aber immer noch da. Der Ball liegt jetzt wieder beim Kreistag. Der wird aller Voraussicht nach entsprechend dem Bürgervotum die derzeitige Planung stoppen. Das für den jetzigen Entwurf ausgegebene Geld ist natürlich futsch. Das ist schade, aber wie man so schön sagt: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Für den Neustart der Planungen stehen verschiedene Optionen zur Auswahl. Mir persönlich wäre es am liebsten, wenn man noch einmal gründlich über einen Ausbau des bestehenden Landratsamtes nachdenkt. Ein Neubau ist immer mit sehr großem Ressourcenverbrauch und CO₂-Ausstoß verbunden. Deshalb gibt es inzwischen einige preisgekrönte Architekturbüros, die konsequent auf Umbau, Aufstockung und Ausbau bestehender Gebäude setzen (Der Pritzker-Preis und der Ammersee). Außerdem könnte es ja sein, dass durch die fortschreitende Digitalisierung die Verwaltung in Zukunft mit weniger statt mehr Arbeitsplätzen auskommt.
In diese Richtung geht auch die Idee, ungenutzte Bauten auf dem Penzinger Fliegerhorst umzubauen. Allerdings wäre das Landratsamt dann doch ziemlich weit von der Stadt entfernt. Landsbergs Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl hätte das Amt dagegen gerne weiterhin im Ortszentrum, beispielsweise im neuen Quartier am Papierbach oder auf der dahinterliegenden Wiese.

Die besten Chancen dürfte aber nach wie vor der Standort am Penzinger Feld haben. In dem Bürgerentscheid ging es ja nicht um die Lage, sondern um die Kosten des neuen Gebäudes. Ich denke, dass man auch für deutlich weniger als € 120 Millionen ein ganz ordentliches Landratsamt bauen könnte.
Danke für deine Mühe, Leo!
Ob der Platzmangel wirklich da ist, darf so lange bezweifelt werden, bis Zahlen veröffentlicht werden. Welche Zahlen?
– wie ist die aktuelle Nutzung von Telearbeit (homeoffice)?
– stehen Büros von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leer, wenn diese daheim arbeiten, oder werden die Büros dann dennoch genutzt?
– desksharing: wird das betrieben? Wenn nicht, warum nicht? Und könnte man damit die Räume so nutzen, dass es am Ende sogar reicht? Oder verhindert die fehlende Digitalisierung das häufigere Arbeiten von daheim aus? Oder will jemand gar nicht, dass die Leute daheim arbeiten?
Fragen über Fragen, die dem LRA mal gestellt werden sollten. Auf Kommentare bei instagram wird schonmal nicht geantwortet.
Mit relativ wenig Geld wäre jedenfalls mal zuerst das Thema anzugehen. Notebooks für alle, alles Räume so ausgestattet, dass man diese mittels desksharing nutzen kann und die Telearbeit sollte maximal genutzt werden.
Lieber Johannes, das sind interessante Fragen, und ich weiß die Antworten leider auch nicht. Die Bürgersprechstunde zum LRA-Neubau habe ich leider verpasst, da hätte man das fragen können.
Guter Bericht! Hat schon jemand ernsthaft über eine Verkleinerung der Abteilungen des Landkreises nachgedacht? Digitalisierung und Automatisierung könnten Platzbedarf und Kosten verringern, ohne Bürgernähe zu verlieren.
Ja, das klingt einleuchtend. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass wir noch weit davon weg sind, die Verwaltung durch Digitalisierung tatsächlich schlnker zu machen.