Am 14. Juni stellte der Partnerschaftsverein Schondorf-Boves seine Arbeit bei einer Präsentation im Dorfhaus vor. Nicht nur der azurblaue Himmel und die Temperaturen weckten an diesem Tag spontan Assoziationen zu Italien. Auch sonst war es eine sehr italienische Veranstaltung, mit Aperol Spritz, Arneis Weißwein und Musik von Adriano Celentano.
Aperitif & Bilder
Aperitif & Bilder war das Motto der Vorstellung. Tatsächlich war die Reihenfolge umgekehrt. Erst einmal gab es Bilder, und zwar ziemlich viele Bilder. Das ist nicht verwunderlich, denn inzwischen ist es schon zehn Jahre her, dass bei einem Besuch im Piemont ein Freundschaftsabkommen zwischen Schondorf und Boves unterzeichnet wurde. Seither hat sich viel getan.

Mirjam Gall, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Schondorf-Boves gab erst einmal einen Überblick. Die Historie ist wahrscheinlich bekannt. Im September 1943 verübte eine Einheit der Waffen-SS in Boves ein Massaker, als Racheakt für einen Angriff italienischer Partisanen. Fast der halbe Ort wurde niedergebrannt und über zwanzig Zivilisten ermordet. 2015 meldete sich die Kirchengemeinde von Boves in Schondorf. Man hatte herausgefunden, dass der Verantwortliche für dieses Massaker auf dem Schondorfer Friedhof begraben ist (Über Hoffnung). Die Italiener streckten die Hand zur Versöhnung aus, und diese Geste wurde in Schondorf dankbar angenommen.
Enger Austausch der Pfarreien
Marius Langer von der Pfarreiengemeinschaft sprach über den engen Austausch der Pfarreien. Boves hat Schondorf ein Reliquiengefäß mit Knochen der von der SS ermordeten Priester Giuseppe Bernardi und Mario Ghibaudo geschenkt (Erinnerung an die Märtyrer von Boves). Man kann im 21. Jahrhundert durchaus unterschiedlicher Meinung über den Reliquien-Kult sein. Langer hatte aber ein schlagendes Argument: Wenn der Mörder schon auf dem Friedhof ruht, dann sollen seine Opfer in der Kirche geehrt werden, um ein klares Signal zu setzen.

Schondorf hat sich inzwischen revanchiert und der Pfarrei San Bartolomeo eine Skulptur des Bildhauers Franz Hämmerle geschenkt. Die teilweise durchscheinende Marmorskulptur ist mittlerweile auf einem belebten Platz in Boves aufgestellt. Um die Kosten dafür zu decken, wurde das Friedenskonzert in Heilig Kreuz veranstaltet. Allerdings gibt es noch einen größeren Fehlbetrag. Wer einen Beitrag leisten möchte, darf sich gerne beim Boves-Kreis melden.
Partnerschaftsverein Schondorf-Boves
Wie gerade erklärt, ging die Annäherung zwischen Schondorf und Boves von den Kirchen aus, und sie spielen auch heute noch eine tragende Rolle in diesem Prozess. In Schondorf gibt es dafür den Boves-Kreis der Pfarreiengemeinschaft (https://pg-utting.de/wir-ueber-uns/boves-kreis/).

Allerdings wäre es schön, wenn die Städtepartnerschaft von möglichst vielen Menschen im Ort getragen würde, also auch von Atheisten wie mir. Dazu gibt es seit rund vier Jahren den Partnerschaftsverein Schondorf-Boves (https://www.schondorf-ammersee.de/rathaus-verwaltung/partnerschaften/boves/partnerschaftsverein). Der war auch der Veranstalter des Nachmittags Aperitif & Bilder im Dorfhaus.
Kunst bringt Menschen zusammen
Wie die Verständigung außerhalb kirchlicher und politischer Institutionen aussehen kann, schilderte sehr lebendig Barbara Freier. Sie fährt schon seit einigen Jahren zusammen mit dem Architekten und Künstler Kurt Bergmaier nach Boves, um dort zu malen.

Das tun sie mittlerweile nicht mehr im abgeschiedenen Atelier, sondern mitten im Ort. Jeder der vorbeikommt, ist herzlich eingeladen, ebenfalls zu malen. Für diese Aktionen wurden ihnen schon Gemeinderäume, eine Kirche und einmal sogar ein Raum in der örtlichen Polizeiwache zur Verfügung gestellt.
Das Interesse und die Beteiligung sind groß. Besonders angetan war eine Gruppe von Menschen mit Intelligenzminderung. Die stießen zufällig auf die beiden malenden Tedeschi und machten begeistert mit. Barbara Freier zeigte einige der dabei entstandenen Bilder, die wirklich eine verblüffende Ausdruckskraft haben.
Ich finde das ein schönes Beispiel, wie die Menschen in Boves und Schondorf auch außerhalb von Politik und Kirche zueinanderfinden können. Wäre es nicht schön, wenn das auch in anderen Bereichen gelingen würde? Vielleicht können sich über den Partnerschaftsverein Schondorf-Boves auch TSV oder D’Kirchseer, studioRose oder Musikschule mit Gleichgesinnte in unserer Partnergemeinde zusammentun.
Zum Schluss der Aperitif
Nach den Vorträgen folgte der gemütliche Teil mit Aperol, Cedrata und Musik von Adriano Celentano. Eine besondere Spezialität hatte Gemeinderätin Helga Gall mitgebracht. Der Arneis ist eine sehr alte Rebsorte, die praktisch nur im Piemont angebaut wird.

Angeblich bedeutet der Name im örtlichen Dialekt so viel wie „der Schwierige“. Tatsächlich ist die Arneis-Traube empfindlich gegenüber Schädlingsbefall. Im 20. Jahrhundert wurde sie deshalb fast ganz von robusteren Sorten verdrängt. In den letzten Jahren erlebte sie aber eine Renaissance, weil immer Genießer ihren besonderen Geschmack wiederentdeckten. Der Arneis ähnelt dem Sauvignon Blanc, hat aber einen würzigen Abgang, der ein bisschen an Kräuter und Honig erinnert.

Nächste Gelegenheit, um die Menschen und örtlichen Spezialitäten aus dem Piemont kennenzulernen, ist das Italienisch-Bayerische Fest am 26. Juli in der Seeanlage. Natürlich kommt zu diesem Anlass eine Delegation aus Boves an den Ammersee und wer weiß, vielleicht haben sie ein paar Fläschchen Arneis dabei.