Wagner, der Ammersee und ich

Irgendwie hatte ich immer angenommen, dass es den Schondorfer Richard-Wagner-Verband schon seit etlichen Jahrzehnten gibt, aber tatsächlich wird heuer erst 10 Jahre RWV Ammersee gefeiert. Für mich ein Anlass, mich näher mit dem Verein zu beschäftigen, auch auf die Gefahr hin, mich wieder kräftig in die Nesseln zu setzen (Neues aus dem Huosigau).

Ein Geständnis

Vorweg ein Geständnis: Ich kann mit Wagner und seiner Musik nichts anfangen. Kein Wunder, denn ich kann dem ganzen Genre der Oper nichts abgewinnen. Eigentlich gilt das sogar für ziemlich alles, was gemeinhin als „klassische Musik“ bezeichnet wird (mit Ausnahme von Schubert). Ich bin also denkbar ungeeignet, irgendetwas über Wagner zu sagen.

Im Garten des studioRose feiert der Richard-wagner-Verband Ammersee sein zehnjähriges Bestehen
Viel bequemer als in Bayreuth

Trotzdem habe ich natürlich verschiedene Vorurteile über die Wagnerianer im Kopf. Die gelten gemeinhin als eingeschworener Zirkel, in den man nicht so leicht hineinkommt. So etwas wie die Hells Angels unter den Musikfreunden. Eine verschworene Clique, bei der man sich erst beweisen muss, bevor man dazugehören darf.

Ihren Meister verehren sie dann mit einer Hingabe und Ausschließlichkeit, wie sie bei Freunden von Mozart, Bizet oder Verdi schwer vorstellbar wären. Der Besuch der Festspiele in Bayreuth ist für sie nicht nur ein Musikerlebnis, sondern praktisch eine Pilgerreise.

Poetry Slam und Flash Mob

Soweit die gängigen Wagnerianer-Klischees. Erfreulicherweise treffen die auf den RWV Ammersee gar nicht zu. Ganz im Gegenteil ist der in Schondorf ansässige Verein erfreulich offen. Das Team um die 1. Vorsitzende Arabella Hellmann findet immer wieder originelle Wege, um Außenstehende mit Wagners Werk in Berührung zu bringen.

Fest zu 10 Jahre RWV Ammersee. Pianist spielt einem Baby einige Töne vor
Schon den Kleinsten wird spielerisch die Musik nähergebracht

Beispielsweise gab es vor einigen Jahren wohl eine Poetry Slam Aktion zum Thema Wagner, die ich leider verpasst habe. Recht gut erinnere ich mich dagegen an einen Flash Mob vor dem Edeka. Ohne Ankündigung standen plötzlich Sänger und Musiker vor dem Eingang, und überraschten die Kunden mit unerwarteten Klängen. Ein deutlicher Kontrast zu dem Gedudel, mit dem in vielen Supermärkten die Einkäufer beschallt werden.

10 Jahre RWV Ammersee

Auch das Fest zu 10 Jahre RWV Ammersee im Garten des studioRose war nicht von bierernstem Geniekult geprägt, sondern von Freude an der Musik. Natürlich stand dabei Wagner im Mittelpunkt, aber es gab auch leichte Muse. Unter anderem wurden die Gäste mit dem Song Soliloquy aus dem Rodgers-Hammerstein Musical Carousel unterhalten. Ein entzückend cleveres Lied. Hätte Wagner einen Librettisten vom Talent Oscar Hammersteins gehabt, würde mir der Zugang zu seinen Opern leichter fallen.

Fest im studioRose, Schondorf: 10 Jahre RWV Ammersee
Der Richard-Wagner-Verband Ammersee

Jetzt soll nicht der Eindruck entstehen, der Verein wäre eine reine Spaßtruppe. Man arbeitet durchaus ernsthaft und unterstützt beispielsweise junge Talente im Rahmen der Richard-Wagner-Stipendienstiftung.

In der Woche vor dem Geburtstagsfest gab man einigen jungen Sängern und Sängerinnen die Möglichkeit, ihre Stimmen in einem Meisterkurs weiterzuentwickeln. Die Teilnehmer stellten sich dann bei einem Abschlusskonzert im Landheim Ammersee vor, und traten auch im studioRose auf.

Tannhäuser goes Ammersee

Eigentlich hätten die 10 Jahre RWV Ammersee mit einer spektakulären Aufführung gefeiert werden sollen. Vor drei Jahren hatte man schon einmal eine Oper am Ammersee inszeniert. Damals wurde Der Fliegende Holländer im Strandbad Forster gespielt (Badeanstalt statt Bayreuth). Dazu musste die Instrumentierung natürlich drastisch reduziert werden, denn ein komplettes Orchester hätte in der Badeanstalt nicht Platz gehabt.

Der Fliegende Holländer am Ammersee
Der Fliegende Holländer am Ammersee

Die entschlackte Version kam beim Publikum aber ausgesprochen gut an, und so wollte man das Konzept der Pocket Opera zum zehnjährigen Jubiläum wiederholen. Diesmal sollte es der Tannhäuser sein, und gespielt werden sollte im Carl Orff Anwesen in Dießen.

Leider kamen dann einige unerwartete Verzögerungen dazwischen und irgendwann musste der RWV Ammersee einsehen, dass es dieses Jahr nicht mehr klappen würde. Die Inszenierung wurde kurzerhand um ein Jahr verschoben, und soll nun 2027 stattfinden.

Wer sich den Termin bereits jetzt eintragen will: Aufführungen wird es am 11., 14., 17. und 19. Juli 2026 geben. Karten wird man rechtzeitig über http://www.rwv-ammersee.de/tannhaeuser/ bestellen können. Wegen mir müsst ihr euch nicht beeilen. Ich werde niemandem das Ticket vor der Nase wegschnappen.

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