Mehr Sicherheit, weniger Lärm

Am 13. Oktober gibt es im Gasthof Shiro Sushi einen Vortrag von Markus Büchler. Der Landtagsabgeordnete spricht über Tempo 30 auf den Straßen von Schondorf und Utting. Es geht also um genau das Tempolimit, das beide Gemeinden nach einem Lärmschutzgutachten einführen wollten. Ohne Erfolg, denn das Landratsamt stellte sich dagegen.

Ein Thema, das uns betrifft

Ich möchte vorausschicken, dass ich bei der Ankündigung von politischen Veranstaltungen generell zurückhaltend bin. Die Kommunalwahlen nächstes Jahr rücken näher. Traditionell eine Zeit, in der die Parteien prominente Mitglieder durchs Land schicken, die wir in den sechs Jahren seit der letzten Wahl nie gesehen haben.

Dr. Markus Büchler, Mobilitätsexperte der Grünen Landtagsfraktion in Bayern (Foto © Lisa Hörterer
Markus Büchler (Foto © Lisa Hörterer)

Allerdings mache ich Ausnahmen, wenn die Thematik von allgemeinem Interesse ist, beispielsweise wenn die CSU über die Möglichkeiten der Geothermie informiert (Heizen mit Hephaistos). Beim anstehenden Vortrag von Markus Büchler sehe ich dieses allgemeine Interesse. Veranstalter sind zwar die Schondorfer Grünen, aber auch die anderen Parteien im Gemeinderat haben sich für ein innerörtliches Tempolimit eingesetzt.

Sicherheit geht vor

Mir gefällt sehr gut, dass Markus Büchler beim Titel seines Vortrags die Sicherheit an erste Stelle stellt. Auch für mich ist die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer das bei weitem wichtigste Argument, um innerorts Tempo 30 einzuführen. Überzeugt hat mich diesbezüglich die untenstehende Grafik der Universität Lund, Schweden.

Unfälle von Fussgängern bei verschiedenen Geschwindigkeiten
Tödlich verletzte Fußgänger in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit.
Quelle: IATSS Research, Universität Lund

Die Forscher haben tausende Unfälle mit Fußgängern ausgewertet, und das Ergebnis hat mich überrascht und erschreckt. Gefühlsmäßig würde man annehmen, dass für Fußgänger das Risiko einer tödlichen Verletzung etwa linear mit der Geschwindigkeit des beteiligten Autos steigt.

Tatsächlich aber macht die Kurve ab etwa 40 km/h einen abrupten Sprung nach oben. Während man bei 30 km/h noch eine Überlebenschance von 95 % hat, sinkt sie bei Tempo 50 auf unter 15 % (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0386111214000235#s0020).

Was bisher geschah

Leider werden diese Tatsachen von der Politik immer noch ignoriert. Schondorf und Utting versuchten deshalb, Tempo 30 über die bayerische Lärmaktionsplanung einzuführen. Die Untersuchung durch ein spezialisiertes Ingenieurbüro kam zu dem Ergebnis, dass der Verkehrslärm für viele Anwohner der Staatsstraßen ein gesundheitsgefährdendes Niveau erreicht hat. Als Lösung wurde eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h empfohlen.

Real Project Mobilität am Ammersee
Erst einmal kein Tempo 30 in Schondorf

Damit schien die Verkehrsberuhigung auf einem guten Weg zu sein. Das Landratsamt Landsberg machte dem aber einen Strich durch die Rechnung und verweigerte das Einverständnis.

Bei den Gemeinden stieß das auf Unverständnis. Schließlich hatte man sich bei der Untersuchung streng an die Vorgaben des Lärmaktionsplans der Staatsregierung gehalten. Darum legte man gegen die Entscheidung des Landratsamtes Beschwerde bei der Regierung von Oberbayern ein. Aber auch diese Behörde lehnte das Ansuchen ab (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/utting-schondorf-tempo-30-verkehr-laermaktionsplan-li.3227639).

Diskussion mit dem Bürgermeister

Wie kann es nun weitergehen? Ich erwarte nicht, dass uns im Vortrag von Markus Büchler Patentlösungen präsentiert werden. Allerdings haben die Veranstalter angekündigt, dass auch Bürgermeister Alexander Herrmann auf dem Podium sein wird. Zusammen wollen sie nach dem Vortrag Fragen aus dem Publikum beantworten. Gibt es überhaupt noch eine Chance für Tempo 30 in Schondorf und falls ja, wie könnte es verwirklicht werden? Es ist also eine gute Gelegenheit, sich aus erster Hand über den Stand der Dinge und mögliche nächste Schritte zu informieren.

Vortrag von Markus Büchler

Tempo 30 in Schondorf und Utting
Montag, 13. Oktober, 19:30 Uhr
Gasthof Shiro Sushi
Landsbergerstraße 58
Schondorf am Ammersee

17 Gedanken zu „Mehr Sicherheit, weniger Lärm“

  1. Tempo 30 wird nix am Verkehr und der Anzahl der Autos ändern. Der Verkehr wird sich an bestimmten Punkten stauen. Und am Ortsausgang mit Edeka und Bäcker ist Tempo 50 in 90% der Fälle tagsüber eh nicht möglich und ob der LKW mit 30 oder 50 vorbeifährt ist im Fall der Fälle auch egal.

    Warum behält man nicht die Umgehung bei von der Brunnenstr? Das entlastet auch. Warum sind wir nicht Luftkurort geblieben um eine bessere Begründung zu haben für Ortsumgehung und oder Tempo 30?

    Warum bauen wir keine Verkehrsinseln um den Verkehr zu beruhigen? Nochmals ich denke es ist die Anzahl der Autos und nicht das Tempolimit.

    Die Gemeinde sollte Falschparker anzeigen um Geld zu generieren lasst das Ordnungsamt doch mal Verkehrsverstösse aufnehmen und Geld generieren, wir wären reich und könnten ne Brücke über den Ort bauen so reich wären wir.

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    • Das sind jetzt eine Reihe verschiedener Punkte auf einmal. Ich versuche sie der Reihe nach abzuarbeiten.
      Am Beispiel von Inning sehe ich, dass Tempo 30 nicht zu Staus führt. Man fährt jetzt zwar langsamer, aber dafür flüssiger durch den Ort.
      Ob der LKW 30 oder 50 fährt, macht bei einer Kollision einen riesigen Unterschied, möglicherweise zwischen Laben und Tod. Genau deswegen habe ich die Studie der Universität Lund zitiert.
      Die Umgehung über Wasserwerk und Brunnenstraße hätte für den Durchgangsverkehr vermutlich keine Wirkung. Ich denke, dass sie außer den Anwohnern der Brunnenstraße kaum jemand nutzen würde.
      Die Gemeinde kann weder Verkehrsinseln noch andere Baumaßnahmen an der Staatsstraße machen, weil sie unter der Hoheit des staatlichen Straßenbauamtes steht.
      Meistens wird überschätzt, wie viel Geld eine Kommune mit Falschparkern einnehmen kann. Ich habe neulich gelesen, dass die Stadt Passau die „Knöllchen-Hauptstadt“ Bayerns sei. Im Jahr nimmt sie eine Million mit Strafzetteln ein. Allerdings stehen dem Kosten von € 800.000 für die Verkehrsüberwachung entgegen. Macht unterm Strich also 200.000. Passau ist mehr als zehnmal so groß wie wir, da kann man abschätzen, was Schondorf im besten Fall einnehmen könnte. Für die meisten kleineren Gemeinden ist die Verkehrsüberwachung keine Geldquelle sondern ein Zuschussgeschäft.

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    • Sie haben vollkommen Recht mit den massiven Verkehrsverstößen in Schondorf, die mir auch bei meinem täglichen Spaziergang auffallen. Minimum 5 bis sogar 10 Verstöße auf ca. 3 km und nur 30 Minuten unterwegs.
      Aber ich denke, dies ist mittlerweile überall festzustellen, weil unsere Kommunen diese relativ hohen Bußgeld-Einnahmen gar nicht nötig haben.
      Übrigens handelt es sich überwiegend um verbotswidriges Parken, keine 5m Abstand halten bei Einmündungen ( auffällig Kirchberg in die Obere Strasse ) und dann das Radfahren von Erwachsenen auf dem Bürgersteig.
      Phänomenal das Radfahren entgegen der Einbahnstraße in der Seestrasse mit ca. 20 Verstößen täglich und im Sommer mehr als doppelt soviel.
      Die kommunale Verkehrskontrolle läuft einmal in der Woche die Bahnhofstraße hinunter und wieder zurück und das weiß jeder Schondorfer, dass alle andere Gebiete im Prinzip unkontrolliert bleiben.

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  2. Es gibt kaum einen Tag wenn ich durch Schondorf fahre wo man nicht von Fußgängern und Radfahrern provoziert wird.
    Da hilft Tempo 30 eher nicht, bei Tempo 50 wären manche da schon vorsichtiger.
    Außerdem ist es zwischen der nördlichen Bahnschranke und der Fußgängerampel, ausgenommen Nachts, aus o.g. Gründen und wegen der vielen Aus- und Einfahrten sowieso kaum möglich schneller als 30 km/h zu fahren. Was soll also das ganze Theater.

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    • Radfahrer und Fußgänger machen im Straßenverkehr oft haarsträubende Fehler. Das kann sicher jeder bestätigen. Autofahrer machen auch Fehler. Denen droht aber im Stadtverkehr selten mehr als eine ärgerliche Beule in der Karosserie. Bei Fußgängern dagegen sind es oft schwere Verletzungen. Ich setze mich deshalb für Tempo 30 ein, damit ein dummer Fehler nicht gleich Lebensgefahr bedeutet.

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      • ich meine nicht Fehler sondern absichtliche Provokationen, vermutlich solche die einer bestimmten Ideologie oder persönlichem Ego nachhängen und auf diese Weise eine Verkehrsberuhigung oder eine 30er Beschränkung erzwingen wollen.

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        • Dass ich von Radfahrern oder Fußgängern absichtlich provoziert werde, ist mir in Schondorf noch nie passiert. Sicher, manchmal ärgere ich mich über Unaufmerksamkeit oder Rücksichtslosigkeit, aber das sehe ich als Zeichen von Dummheit, nicht als absichtliche Provokation.

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          • Das stelle ich seit Jahren mit zunehmender Tendenz fest, ich annehme nicht an dass es hier so viele Dumme (oftmals Erwachsene) gibt.

    • …..und was ist mit dem weitaus längeren Teil nach der Fußgängerampel Richtung südlichem Ortsausgang? Gerade in diesem Streckenbereich fahren die Autos viel zu schnell. Man wäre ja schon froh, wenn die Fahrzeuge dort 50 fahren würden. Leider sind dort sehr viele Fahrzeuge schneller unterwegs. In diesem Ortsteil wohnen sehr viele Familien mit kleinen Kindern, unter anderem wir! Und ich kann aus Erfahrung berichten, dass ich schon mehrmals Angst um meinen 3-jährigen Sohn gehabt habe.
      Deshalb ist eine Zone 30 schon alleine wegen der Sicherheit das einzig sinnvolle.
      Noch besser wäre eine Umgehungsstraße, aber die werden wir aus vielerlei Gründen nicht mehr erleben….
      Sepp, das ist alles andere als ein Theater. Mache einfach mal einen Perspektivwechsel!

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  3. Welch eine unterirdische Begründung, eine Statistik aus Schweden ( !!! ) für evtl. Fussgängertote in Schondorf und Utting heranzuziehen. Eine offenkundige und überzogene Stimmungsmache.
    Übrigens ist in Schondorf, seitdem ich hier wohne
    ( fast 40 Jahre ), noch nie ein Fussgänger im Strassenverkehr ums Leben gekommen. Dies trotz des seit vielen Jahren und ständig wachsenden hohen Verkehrsaufkommens.
    Davon überwiegend lt. Untersuchungen der TU München mit über 60% bis teils 70% im Durchgangsverkehr.
    Dort muss der Ansatz gefunden werden, nicht bei Tempo 30.

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      • Sehr geehrter Herr Ploner,
        auch wenn Ihr Engagement für das Tempolimit 30 in Schondorf bemerkenswert ist, nehmen Sie doch einfach auch zur Kenntnis, was der deutsche ADAC, der größte Automobilclub Europas, zu diesem Thema sagt.
        Es gebe kaum Studien, die den Einfluss der Geschwindigkeit ( !!! ) auf den Ablauf von Unfällen näher beschreiben. „Alle Untersuchungen leiden darunter, dass die Geschwindigkeit, wie andere Einflussfaktoren auch, nie alleinige Ursache eines Unfalls ist.“
        Der ADAC widmet sich u.a. auch dem Fortschritt im deutschen Straßenverkehrswesen und der Verkehrssicherheit.

        PS: Allgemein wird das Todesrisiko bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 50  km/h bei den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich mit 40–90 % angegeben und dies bestätigt wiederum die berechtigte Kritik vom ADAC an diesen Untersuchungen.

        PPS: Mögliche Staus und längere Kolonnen bei Tempo 30 km/h bedeuten ein Risiko einen Unfall zu erleiden beim Überqueren der Fahrbahn für Fußgänger, insbesondere wo es keine Querungshilfen wie Ampel oder Zebrastreifen gibt.

        Radfahrer z.B. können bei 50 km/h zügig überholt werden. Bei 30 km/h ist die Differenzgeschwindigkeit sehr gering und der Überholvorgang dauert sehr lange.
        Trotz vorhandenem und fast durchgehenden Fahrradweg neben oder nahe der Staatsstraße wird dieser von Radlfahrern sehr gering bis kaum befahren. Hier wäre Verkehrserziehung einmal angebracht.

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        • Halten wir also fest: Für Tempo 30 innerorts sprechen die Studien der Universitäten Michigan, York und Lund, die Empfehlungen des Umweltbundesamtes und der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dagegen ist der ADAC.

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          • Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen.

            Der ADAC ist nicht gegen Tempo 30, sondern beanstandet mit Recht die unterschiedlichen und teils erheblichen Abweichungen in den diversen Studien.

            Deutsche Studien sind zu bevorzugen, da diese sich der analytischen Details von Deutschland als Grundlage bedienen.

            Die von Ihnen genannten, angeblich renommierten Institute und Universitäten in Nordeuropa oder Nordamerika sind für deren eigene Länder zuständig und somit eigentlich nur für den internationalen Vergleich von Interesse.

            Bei Ihnen ist die Überlebenschance für Fußgänger bei 50 km/h Aufprallgeschwindigkeit bei 15% lt. dem von Ihnen bevorzugten schwedischen Institut ( relativ alte Untersuchung von 2004-2008 ).
            Aktuellere Zahlen bei deutschen Instituten weichen jedoch erheblich davon ab.

            Selbst das von Ihnen erwähnte Bundesumweltamt räumt ein,
            dass beim Rückgang der Unfallzahlen in Tempo-30-Zonen allerdings auch andere Faktoren, wie eine veränderte bauliche Struktur der Verkehrsanlagen zu einer Verbesserung beigetragen haben könnten.

            Nix is gwiss!

          • Den Einwand mit den länderspezifischen Untersuchungen verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Gut, die USA sind vielleicht eine Ausnahme, weil dort die Autos (noch) größer sind als bei uns. Ansonsten ist es doch dasselbe, ob ein Fußgänger nun in Deutschland, England, Schweden oder China von einem Auto angefahren wird. Das Verletzungsrisiko dürfte überall annähernd gleich sein.

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