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Radtour zum Restaurant Roter Mohn

Schatten eines radfahrers

Ich hatte schon länger geplant, mit dem Rad einmal zum Abendessen ins Restaurant Roter Mohn zu fahren. Die Küche verwendet Bio-Zutaten, hauptsächlich von regionalen Lieferanten, die sehr phantasievoll kombiniert werden. Allerdings liegt das Restaurant in Unterregenbach im Jagsttal, in der Nähe von Künzelsau. Das sind von Schondorf aus rund 220 km. Ein trainierter Sportradler fährt das locker in einem Stück. Ich bin aber nur ein untrainierter Freizeitradler, und außerdem wollte ich genug Zeit für kleine Pausen unterwegs haben. Deshalb habe ich mir die Radtour auf drei Tage aufgeteilt, mit Zwischenstopps je nach Laune, Gelegenheit und Erschöpfungszustand.

Natürlich fahre ich nicht 220 km nur für ein exzellentes Abendessen. Es gibt noch einen anderen Grund, aber den verrate ich erst später.

Schondorf – Unterregenbach

Länge: 221 km
Höhenmeter: 1170
Dauer: 13 bis 15 Stunden
Strecke: Etwa 170 km Asphalt und 40 km Feld- und Waldwege

Aufbruch vom Ammersee

An einem strahlend schönen Sommermorgen geht es los, und ich fahre von Schondorf über Greifenberg nach Pflaumdorf und St. Ottilien. Was ich am Radfahren mag, sind die Entdeckungen. Man sieht Dinge, die man vom Zug oder vom Auto aus gar nicht wahrnimmt. Eine solche Entdeckung mache ich gleich am Anfang der Tour, nämlich in Geltendorf. Bis jetzt kannte ich in dem Ort nur den Bahnhof, der nicht gerade eine Sehenswürdigkeit ist. Jetzt komme ich an der Kaffeerösterei Röstwerk vorbei (http://www.roestwerk.com/). Natürlich halte ich an und genehmige mir einen Espresso. Der ist von allerfeinster Qualität und ein guter Grund, in Zukunft öfter nach Geltendorf zu radeln.

Mit Koffein gestärkt schwinge ich mich aufs Rad und fahre nach Egling an der Paar und weiter Richtung Augsburg. Rückblickend betrachtet ist die Strecke vom Ammersee nach Augsburg einer der schönsten Abschnitte dieser Tour. Auf Radwegen und ruhigen Nebenstraßen ohne allzu steile Anstiege geht es durch eine abwechslungsreiche Landschaft und hübsche Ortschaften.

Kommode Planung mit Komoot

Geplant habe ich die Fahrt ins Restaurant Roter Mohn mit der Software Komoot (https://www.komoot.de/). Das ist ein wirklich kommodes Programm (das Wortspiel konnte ich mir jetzt nicht verkneifen). Anders als die meisten Navigationsprogramme ist Komoot sehr gut darin, wirklich fahrradfreundliche Strecken zu finden. Ein paar Mal bin ich von der vorgeschlagenen Route abgewichen, weil mir andere Strecken attraktiver erschienen. Meistens habe ich das aber dann bereut. Wer mag, kann sich die komplette Tourplanung hier ansehen: https://www.komoot.de/tour/202779298?ref=wtd

Ich habe geschummelt

Ich habe am Anfang geschrieben, dass die Tour 221 km lang ist. Davon spare ich mir aber etwa 14 km, weil ich von Kissing bis Augsburg Oberhausen den Zug nehme. Ich habe ganz einfach keine Lust, mich durch den Stadtverkehr quer durch Augsburg zu schlängeln. Durch Oberhausen und Gersthofen aus dem Stadtgebiet herauszukommen ist schon zeitraubend und nervig genug.

(Aktualisierung 15. 8. 2020: Von unserer Stadtradeln-Organisatorin Barbara Freier habe ich mittlerweile gelernt, dass ich mir die Bahnfahrt hätte sparen können. Anscheinend geht quer durch Augsburg ein schöner Radweg durch die Flußauen am Lech. Das werde ich beim nächsten Mal ausprobieren).

Schön wird es erst wieder ab Meitingen. Jetzt geht die Strecke ganz gemütlich am Lech entlang. Ich radle entspannt vor mich hin, tagträume ein bisschen, und komme trotzdem gut voran. Ich bin direkt erstaunt, wie schnell ich mein erstes Etappenziel Donauwörth erreiche.

Entlang dem Lech

Auf der romantischen Straße

Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Norden. Eine landschaftlich schöne Strecke, zumindest von Donauwörth bis in das nette, aber etwas verschlafene Städtchen Harburg. Danach folgt der Radweg mehr oder weniger der Bundesstraße B 25. Laut Beschilderung ist das die Romantische Straße, aber von Romantik ist erst einmal nichts zu sehen. Es ist einfach flach und langweilig. Auf der einen Seite der Autoverkehr auf der Bundesstraße, auf der anderen Seite Maisfelder, Weizenfelder und noch mehr Maisfelder. Obwohl ich auf dem flachen Radweg gut vorankomme, zieht sich die eintönige Strecke gefühlt ewig lange dahin. Ich bin froh, als ich endlich Nördlingen erreiche und mir in der sehr schönen Altstadt einen Kaffee gönnen kann.

(Aktualisierung 15. 8. 2020: Dazu hat sich Herr Wünschenmeyer von der Romantische Straße Touristik Arbeitsgemeinschaft mit einem Kommentar gemeldet. In strengem Ton erklärt er mir, dass ich den falschen Radweg genommen habe. Es gibt nämlich nicht nur den Radweg entlang der Romantischen Straße, sondern auch einen eigenen Romantischen Radweg. Der geht abseits der Bundesstraße durch kleine Orte von Harburg nach Nördlingen. Den genauen Verlauf findet man hier: https://www.romantischestrasse.de/radeln-wandern-golfen/radfahren-gps-tracks/)

Ab Nördlingen wird das Radfahren dann viel vergnüglicher. Die Strecke ist da meistens ein gutes Stück von der lärmenden Bundesstraße weg. Es ist hügelig, aber ohne allzu steile Anstiege. Gerade richtig, damit das Radfahren nicht langweilig wird. Der ganze Abschnitt zwischen Nördlingen und Dinkelsbühl bleibt mir als wirklich schöne Strecke in Erinnerung.

Am Stadttor von Dinkelsbühl

Das Sterben der Gasthäuser

Eigentlich hatte ich gedacht, ich könnte unterwegs öfters mal in kleinen Dorfwirtschaften einkehren. Ich komme auch an etlichen vorbei, nur sind die meisten davon schon längst geschlossen, teilweise bereits ziemlich verfallen. Die Zeiten, als es in jedem Dorf einen Kirchenwirt oder einen Braugasthof gab, gehen wohl zu Ende. Schade darum.
Zum Glück finde ich doch noch ein Exemplar dieser aussterbenden Spezies, nämlich die Storchenmühle in Fichtenau (http://hotel-storchenmuehle.de/), etwa 10 km westlich von Dinkelsbühl. Ein gemütlicher Landgasthof mit dem großen Pluspunkt, dass er direkt an einem kleinen Badeweiher liegt.

Auf dem Jagst Radweg

Am nächsten Tag geht es von der Storchenmühle Richtung Westen, bis ich in Steinebach auf den Jagst-Radweg stoße. Auf dem bleibe ich jetzt bis zum Ziel, denn das Restaurant Roter Mohn liegt im Jagsttal. Bis Crailsheim ist der Jagstradweg angenehm flach, wie man sich das bei einem Flußradweg vorstellt. Danach wird es aber anstrengend. Weite Strecken der Jagst in diesem Bereich sind nämlich Naturschutzgebiet, und an diesen Stellen muss ich aus dem Tal in die Hügel hochstrampeln. Und dann wieder hinunter ins Tal. Und dann wieder hoch. Das Ganze ist kräftezehrender als gedacht.

Restaurant Roter Mohn

Bei dem kleinen Ort Leofels geht es noch einmal recht steil hinunter ins Tal, und dann die letzten Kilometer der idyllischen Jagst entlang nach Unterregenbach. Ich bin am Ziel. Jetzt kann ich damit herausrücken, dass das Restaurant Roter Mohn von unserer Tochter und unserem Schwiegersohn geführt wird. Der ganze Beitrag ist also auch ein bisschen Schleichwerbung für das Restaurant unserer Kinder.

Martin und Martina Berstecher, die Wirtsleute vom Restaurant Roter Mohn

Ich bin in meiner Bewertung vielleicht ein kleines bisschen voreingenommen, aber ich finde die Küche hervorragend. An diesem Abend gibt es zum Beispiel als Vorspeise Jakobsmuscheln mit gebratener Wassermelone und rotem Mangold. Die Speisekarte bietet auch so originelle Kombinationen wie Bachforelle mit einer Sauce aus Waldheidelbeeren, oder Ochsenbacken mit Emmer, Cassisbeeren und Pfifferlingen. Klingt gut, oder?

So kreativ wie das Essen, ist auch die Getränkebegleitung. Natürlich gibt es beispielsweise zur oben erwähnten Bachforelle einen passenden Wein. In diesem Fall ist das ein Chardonnay von der Bio-Winzerin Judith Beck aus dem Burgenland. Man kann sich aber auch für einen Quittensaft aus eigener Herstellung entscheiden, oder für ein obergäriges Wildshuter Sortenspiel aus der salzburger Brauerei Stiegl. Neben der klassischen Weinbegleitung gibt es zu jedem Gang nämlich auch alkoholfreie Getränke oder Bierspezialitäten.

Kurz gesagt, das Restaurant Roter Mohn in Unterregenbach ist wirklich eine Reise wert. Es muss ja nicht unbedingt mit dem Fahrrad sein.

Restaurant Roter Mohn

Am Bach 24
74595 Langenburg-Unterregenbach
Geöffnet Freitag, Samstag, Sonntag (Reservierung dringend empfohlen)
Tel. 07905/940780
https://www.roter-mohn.biz/rotermohn-das-restaurant/

Lob an mein Fahrrad

An dieser Stelle muss ich noch mein altes Fixie loben, das mich ohne Pannen über die ganze Strecke gebracht hat. Ja, es gab Momente, da hätte ich mir eine Gangschaltung gewünscht, aber nur selten. Der inzwischen fast fünfzig Jahre alte Rahmen hat alle Anstiege und Abfahrten, Waldwege, Feldwege und Schotterpassagen problemlos bewältigt. Das gleiche gilt für die wunderbar robusten Schwalbe Marathon Reifen.
Loben muss ich auch meinen verblüffend bequemen Selle Italia SLR Sattel und die bekannt angenehmen Cinelli Kork-Lenkerbänder. Ich bin noch nie zuvor eine mehrtägige Tour gefahren, habe sie aber ohne Blasen oder schmerzhafte Schürfstellen überstanden.

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