Website-Icon Schondorf.Blog

Ich möchte Teil einer Energiebewegung sein

Die PV-module sind installiert, aber auf der bidirektionale Zähler lässt auf sich warten

Ohne bidirektionalen Zähler darf die Solaranlage nicht ans Netz

Meine Frau und ich sind durchaus von den Vorteilen erneuerbarer Energie überzeugt, und würden gerne Teil der Energiewende sein. Deshalb haben wir heuer eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach montiert. Deren Betrieb scheitert aber noch an einem vergleichsweise kleinem Teil, nämlich dass der vorgeschriebene bidirektionale Zähler noch nicht eingebaut ist.

Letztes Jahr im Sommer

Generell halte ich es für nicht zukunftsfähig, für die Energieerzeugung im großen Stil unwiederbringliche Rohstoffe zu verbrennen. Das gilt umso mehr, als uns mit Sonne, Wind und Geothermie (Heizen mit Hephaistos) praktisch unerschöpfliche Energiequellen zur Verfügung stehen. Deshalb haben wir uns letztes Jahr im Sommer entschieden, eine Fotovoltaikanlage auf das Dach zu bauen, die heuer montiert wurde.

Solarpanele sind installiert, dürfen aber keinen Strom liefern

Da in Zukunft vielleicht ein Elektroauto und eine Wärmepumpe dazukommen, haben wir uns für eine große Lösung entschieden. 13 kW Spitzenleistung könnten die installierten Solarzellen maximal produzieren. Wie viel sie wirklich liefern hängt natürlich von Sonnenstand, Bewölkung und anderen Faktoren ab. Was sie aktuell produzieren kann ich dagegen sehr genau sagen, nämlich 0,0 kW. Das liegt daran, dass die Anlage nicht angeschlossen werden darf, solange der Netzbetreiber den vorgeschriebenen bidirektionalen Zähler noch nicht eingebaut hat.

Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht soweit

Im Oktober informierte uns der Netzbetreiber Bayernwerk, dass man vom Installateur die sogenannte Inbetriebsetzungsanzeige erhalten habe. Jetzt, zwei Monate später, ist der notwendige bidirektionale Zähler immer noch nicht in Sicht. Auf Nachfrage heißt es lakonisch, dass aktuell mit längerer Wartezeit zu rechnen sei und eine genauere Prognose leider nicht möglich ist.

Alles bereit, wenn ich denn den richtigen Zähler hätte

Mit dem Problem stehe ich nicht alleine da. Der Starnberger Teil der Süddeutsche Zeitung berichtete im Sommer ebenfalls von mehrmonatigen Wartezeiten für den Einbau der bidirektionalen Zähler: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/photovoltaik-solarzellen-bayernwerk-1.5657024

Digital ist besser

Warum braucht es überhaupt einen neuen Zähler? Die klassischen Stromzähler mit der rotierenden Scheibe, sogenannte Ferraris-Zähler, sind unidirektional ausgelegt, sie zählen also nur den Strom, der vom Versorger ins Haus fließt. Dass Strom auch aus dem Haus ins Netz zurückgespeist werden kann, konnte man sich seinerzeit nicht vorstellen.

Bei einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach ist es nun ganz normal, dass der Strom in beide Richtungen fließt, als bidirektional. Bei viel Sonnenschein wird Überschuss produziert, der ins Netz eingespeist wird. Dagegen reicht nachts oder bei schlechtem Wetter der Solarstrom nicht zur Versorgung des Hauses aus, und man bezieht Leistung vom Versorger.

Beispiele für Smart Meter (Foto © Gossen Metrawatt GmbH)

Es reicht allerdings nicht, einfach die Differenz zwischen geliefertem und eingespeistem Strom zu ermitteln. Es ist zwar der gleiche Strom, aber der Preis unterscheidet sich erheblich. Für den Bezug vom Elektrizitätsversorger zahlt man rund 30 Cent pro kWh, den ins Netz eingespeisten Strom dagegen bekommt man nur mit 8,2 Cent vergütet. Für die Abrechnung muss also beides getrennt erfasst werden, und das macht ein bidirektionales Zähler.

Bei den neuen Zählern setzt der Gesetzgeber auf Digitalisierung. Wer eine Fotovoltaikanlage betreibt, bekommt ein intelligentes Messsystem, auch Smart Meter genannt. Dabei wird der Stromverbrauch erfasst, und gleich automatisch an den Stromversorger und den Netzbetreiber übermittelt. Die Idee dahinter ist, Stromverbrauch und -angebot intelligent zu vernetzen. Das kann allerdings auch dazu führen, dass große Verbraucher wie Wärmepumpen oder Wallboxen für Elektroautos per Fernsteuerung heruntergeregelt werden, falls eine Überlastung droht.

Drei Schritte vom Abgrund entfernt

Darüber mache ich mir im Moment noch weniger Sorgen. Das Warten auf den Einbau des bidirektionalen Zählers nervt mich deutlich mehr. Wobei ich mich auch an diesem Punkt zunehmend beruhige. Als vom Netzbetreiber Woche für Woche nichts zu hören war, während die teure Solaranlage nutzlos auf dem Dach saß, da war mein Nervenkostüm tatsächlich drei Schritte vom Abgrund entfernt.

Noch kommt kein Solarstrom aus der Steckdose

Inzwischen habe ich eingesehen, dass wütende Anrufe und Emails das Verfahren auch nicht beschleunigen. Irgendwann wird der bidirektionale Zähler schon eingebaut werden, und dann können auch wir Teil der allseits beschworenen Energiewende werden.

Bidirektionale Zähler und Tocotronic

Wer sich über den seltsamen Titel dieses Beitrags und die Zwischenüberschriften wundert: Die sind samt und sonders angelehnt an Songs aus der ersten LP der Band Tocotronic. Das Album Digital ist besser von 1995 gehört auch dreißig Jahre nach seinem Erscheinen noch zu meinen Allzeit-Lieblingsplatten. Wer selber reinhören will, findet das komplette Album auf YouTube: https://youtu.be/NeABBrVMvVo?feature=shared

Aktualisierung Januar 2024

Nun haben wir es doch noch geschafft. Am 16. Januar, drei Monate nach Bestätigung der Inbetriebsetzungsanzeige, wurde der erforderliche bidirektionale Stromzähler eingebaut. Übrigens keine große Sache, der Monteur hatte das in einer Viertelstunde erledigt. Jetzt dürfte unsere Fotovoltaikanlage ganz legal Strom produzieren. Dürfte sie, wenn die Solarpanele aktuell nicht von einer dicken Eis- und Schneeschicht abgedeckt wären. Aber das nächste Tauwetter kommt bestimmt, und dann sind wir endlich Teil der Energiebewegung.

Aktualisierung 6. März 2024: Mittlerweile sind bidirektionale Stromzähler und Batteriespeicher eingebaut. Jetzt läuft die Photovoltaikanlage so, wie wir uns das vorgestellt haben. An sonnigen Tagen reicht der geladene Speicher tatsächlich, um die Zeit zwischen Sonnenuntergang und -aufgang zu überbrücken. An solchen Tagen beziehen wir aus dem Netz weniger als 1 kWh, um kurze Spitzen zu überbrücken. In etwa einem Jahr habe ich einen besseren Überblick und berichte dann von unseren Erfahrungen.

Die mobile Version verlassen