Obwohl Schondorf die kleinste Gemeinde des Landkreises Landsberg ist, besitzt es eine erstaunliche Fülle historisch wertvoller Gebäude. Auf nur 6,6 km2 finden sich hier 25 denkmalgeschützte Bauten, das ist rekordverdächtig.
Auf der unten eingebetteten, bzw. hier verlinkten Karte sind die vom Landesamt für Denkmalpflege aufgeführten Gebäude und ein Rundweg durch Schondorfs Geschichte eingezeichnet. Der Weg führt an insgesamt zwölf Restaurants und Cafes vorbei, vor Hunger und Durst ist man auf dem Spaziergang also sicher.
Stilvielfalt im Ortsbild
Der erste Teil des Rundganges geht nach Unterschondorf (bis 1970 eine eigenständige Gemeinde). Mit Ausnahme der Kirche sind alle denkmalgeschützten Gebäude hier im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erbaut worden. Davor war Unterschondorf ein eher armseliges Fischerdorf.
Mit der Bahnverbindung nach Augsburg wurde es als Ort für Sommerfrischler populär. Künstler und reiche Kaufleute bauten sich hier ihre Villen. Offensichtlich stand der teilweise blühenden Phantasie der Architekten kein strenges Baurecht im Weg: Heimatstil, Art Deco, Neugotik und beliebige Mischformen – Anything goes.
Als Laie verstehe ich nicht immer, warum bestimmte Häuser denkmalgeschützt sind, und andere nicht. Es gibt jedenfalls auch neben den offiziellen Baudenkmälern viele sehenswerte Bauten in Schondorf. Einfach die Augen offen halten, und sich an dem bunten Stilmix freuen.
Vom Bahnhof zum Landheim
Der Bahnhof mit Güterhalle, Hauptgebäude und Sommerwartehalle |
Ausgangspunkt ist der 1898 erbaute Bahnhof, der auch gleich das erste denkmalgeschützte Ensemble ist. Übrigens nicht zur Freude aller Schondorfer: In einem Bürgerentscheid hat sich eine Mehrheit für den Abriss der historischen Güterhalle ausgesprochen.
Von hier aus geht es die Bahnhofstrasse bergab Richtung See.
Auf Höhe des Restaurants Hanoi Pho zweigt links die Strasse Am Landheim ab. Durch den Torbogen kommt man zum Haupthaus dieser 1904 vom Reformpädagogen Julius Lohmann gegründeten Bildungseinrichtung. Zu den Schülern des Landheims gehörten auch die Hitler-Gegner Christoph Probst (später Mitglied der Weißen Rose) und Helmuth James Graf von Moltke, die beide von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Kein Wunder, dass die Nazis die Schule unter Zwangsverwaltung stellten.
Weiter am Haupthaus vorbei stößt man auf den Julius-Lohmann-Weg, der wieder zurück zum Ort führt.
Bootshäuser und Kirche
Sankt Jakob |
Kurz nach dem Zieliński-Platz zweigt links der Fischerweg zum See ab.
Die spitzgiebeligen Bootshäuser entlang der Seestrasse sind ein viel photographiertes Motiv. Denkmalgeschützt sind allerdings nicht diese pittoresken Hütten, sondern das rote Bootshaus an der Einmündung des Fischerwegs. Der schlichte, rechteckige Bau öffnet sich U-förmig zum See. Er gilt als ein Paradebeispiel der Neuen Sachlichkeit.
An der Seestraße weiter Richtung Süden gehend sieht man rechter Hand bald die Kirche St. Jakob. Die romanische Kirche entstand im 12. Jhd. Der Bau aus unverputzten Tuffquadern thront imposant über dem See, und ist auch Innen durch seine Schlichtheit eindrucksvoll.
Die Kirche ist normalerweise täglich ab 8:00 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit geöffnet. Genaueres zu den Öffnungszeiten von St. Jakob und St. Anna in Oberschondorf erfährt man bei der Pfarrgemeinschaft Utting-Schondorf.
Villen an der Seestrasse
Villa an der Seestrasse |
Jetzt geht es einfach der Seestrasse entlang nach Süden. Die in der Karte eigezeichneten Villen mit der Adresse Seestrasse (dazu gehört auch das Haus Pfitznerstrasse 7) sind Paradebeispielen der Bäderarchitektur. Dazwischen finden sich auch interessante moderne Interpretationen des Themas „Haus am See“, z.B. in der Seestrasse 24a oder 51.
Nach gut einem Kilometer zweigt links der Seeweg ab. Gleich nach dieser Gabelung steht das Haus Seestrasse 55, in dem Bertolt Brecht und Helene Weigel öfters zur Sommerfrische waren.
Etwa 500 Meter weiter ist der öffentliche Badesteg. Auf der dazugehörigen Liegewiese sind die Fundamente der Badeanlage einer römischen Villa aus dem 3. Jhd. zu sehen.
Zurück zum Bahnhof
Haus mit neubarocker Bemalung |
Von der römischen Villa geht es nun die Seestrasse zurück bis zu der 1889 erbauten Marienkapelle. Hier den Kapellenberg hoch und dann rechts in den Seeberg einbiegen. Man kommt an dem denkmalgeschützten Haus Nr. 11 vorbei, von dem allerdings von der Straße her kaum etwas zu sehen ist.
An der nächsten Abzweigung geht es links durch die Seebergsiedlung. Diese ist zwar nicht denkmalgeschützt, aber ein schönes Beispiel für sozialen Wohnungsbau aus den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Am Kirchberg dann bergab bis zur Einmündung der Oberen Strasse, wo das Eckhaus Obere Strasse 2 mit seiner auffälligen, neubarocken Bemalung steht.
Gegenüber führt der Roseweg zurück zum Bahnhof.
Durch die Tunnelgalerie nach Oberschondorf
Der zweite Teil des Spaziergangs führt nach Oberschondorf. Die Baudenkmäler hier sind gut 100 Jahre älter als in Unterschondorf. Der fruchtbare Boden sorgte damals für Wohlstand, der sich in einigen prächtigen Bauernhäusern zeigt.
Nach der Bahnunterführung mit der charmanten Tunnelgalerie biegt man rechts in die Ringstrasse. Kurz darauf geht links der Sailerweg bergauf, vorbei an dem eleganten Landhaus Ringstrasse 12. Dank einer hohen Hecke und zwei sehr aufmerksamen Wachhunden ist es aber schwierig, vom Haus viel zu sehen.
An der Landsberger Strasse geht es rechts bergab. Nach etwa hundert Metern sieht man auf der anderen Straßenseite das alte Bauernhaus Landsberger Strasse 24. Das Besondere ist hier das außergewöhnlich schön gestaltete Tennentor. Soweit ich gehört habe, befand sich hier im „Träger-Hof“ die erste Schondorfer Schule. Die Hofbesitzer und der Lehrer wohnten im Haus, und ein Raum war der Schulraum. Erst nach der Säkularisation wurde die Schule bei der Anna-Kirche gebaut.
Geht man die Landsberger Strasse weiter, zweigt links der Leitenweg zur Kirche hinauf ab.
Barockkirche Sankt Anna
Sankt Anna |
Am Ende dieses Wegs stößt man auf das ehemalige Schulhaus St.-Anna-Straße 25. Daneben geht es durch den Friedhof zur Kirche St. Anna.
Die Kirche wurde ursprünglich 1499 erbaut und im 18. Jahrhundert im Stil des Barock umgestaltet. Der Altar aus Stuckmarmor stammt von dem bekannten Wessobrunner Stuckateur Franz Xaver Schmuzer. Wie schon bei St. Jakob, sollte man sich wegen einer Besichtigung vorab bei der Pfarrgemeinschaft Utting-Schondorf melden.
Bäuerliche Pracht
Jetzt geht es die St.-Anna-Strasse bergab. An der Gabelung rechts halten, dann kommt man am Köblergut (St.-Anna-Straße 13) vorbei, einem typischen Kleinbauernhof aus dem frühen 19. Jahrhundert. Weiter an der Einmündung der Landsberger Strasse links zu einem Haus, das überhaupt nichts kleinbäuerliches hat: Das imposante Bauernhaus Landsberger Strasse 42 und der gegenüberliegende Stadel geben einen Eindruck vom ehemaligen bäuerlichen Reichtum Oberschondorfs. Schräg gegenüber und etwas zurückversetzt liegt das Bauernhaus Landsberger Strasse 33.
Kleinbäuerliche Bescheidenheit
Bauernhaus in der Landsberger Strasse |
Ein weiteres Beispiel eines bescheidenen kleinbäuerlichen Hauses findet sich dann gut einen halben Kilometer weiter südlich in der Landsberger Strasse 70. Hier ist der Wendepunkt des Spaziergangs, es geht die Landsberger Strasse zurück bis zur Einmündung der Schulstrasse. Diese bergab zurück zum Bahnhof, wobei man noch an dem alten Bauernhaus Schulstrasse 3 vorbeikommt.
Anregungen willkommen
Ich hoffe, der Spaziergang durch die Geschichte Schondorfs hat dir gefallen. Ich würde mich sehr freuen, mehr über die einzelnen Häuser zu erfahren. Bitte nutze das Kommentarfeld, wenn Du etwas über die Gebäude und ihre Geschichte weißt.
Auch wenn sich in meiner Beschreibung Fehler eingeschlichen haben, wäre es nett, wenn Du mich mit einem Kommentar darauf aufmerksam machst.
Karte zum Spaziergang
Ich habe auf Google maps eine Karte mit der beschriebenen Route und den Baudenkmälern erstellt. Die roten Markierungen auf der Karte sind jeweils mit einer Beschreibung und Photos hinterlegt. Hier der Link zu Google Maps https://www.google.com/maps/d/edit?mid=z-GNPb2c7gAE.kYQz6C-M-YkQ&usp=sharing