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Big Brother im Spülkasten

Funk-Wasserzähler am Ammersee

Am Ammersee-Westufer werden die alten Wasserzähler gegen neue Modelle mit Funkdatenübertragung ausgetauscht. Das sorgt bei einigen Leuten für Bedenken wegen der Strahlenbelastung und der Datensicherheit.

Berührungslose Durchflussmessung

Konventionelle Zähler arbeiten mit einem kleinen Schaufelrad, das vom durchströmenden Wasser bewegt wird. Das kann zu Hygieneproblemen führen, wenn durch Abrieb kleine Mengen Blei aus dem Messing des Wasserrades herausgewaschen werden. Außerdem liegen die Zähler zwischen Produktion und Einbau einige Zeit wasserbefüllt auf Lager. Dabei können sich Bakterien (Pseudomonas aeruginosa) bilden, die dann ins Trinkwasser gelangen.
Bei den iPERL Zählern der Firma Sensus kann das nicht passieren, weil sie kontaktlos mittels magnetischer Remanenz messen. So weit, so gut. Allerdings werden die neuen Wasseruhren auch mit einer Funkdatenübertragung ausgestattet, und das sehen manche gar nicht gerne.

Strahlenbelastung

Zum einen ist da die Sorge um die Belastung durch Elektrosmog. Wassermeister Michael Deininger hat versucht, diese Bedenken in einem Interview mit dem Kreisboten zu zerstreuen.
Die genauen Spezifikationen der iPERL Zähler stehen auf der Website des Zweckverband Wasserversorgungsgruppe Ammersee-West. Ich habe mir die Daten angeschaut, und bin wegen einer möglichen Strahlenbelastung nicht beunruhigt. Die Zähler funken alle 15 Sekunden für etwa zwei Millisekunden. Das macht eine tatsächliche Funkbetriebszeit von unter zwei Minuten pro Woche. Die Sendeleistung beträgt dabei 25 Milliwatt, rund ein Zehntel der Leistung eines Handys. Dazu kommt noch, dass man den Wasserzähler – anders als ein Mobiltelefon – im Funkbetrieb nicht an den Kopf hält.
Es gibt also eine Strahlenbelastung, aber diese ist nicht einmal ein Tausendstel des eigenen Handy oder WLAN-Netzes.

Proprietäres Netzwerk

Gewundert hat mich beim Thema Datenübertragung, warum der Zweckverband hier nicht auf einen genormten Standard setzt. Soweit ich es erkennen kann, ist dieses Funkverfahren von Sensus entwickelt und wird auch nur von dieser Firma eingesetzt. Man ist damit für die Zukunft an diesen Anbieter gebunden.
Dabei gäbe es im Bereich solcher Messdaten-Netzwerke (LPWAN – Low Power Wide Area Network) breit unterstützte Standards wie LoRa oder NB-IoT. Ich frage mich, ob es nicht klüger gewesen wäre, auf ein weit verbreitetes statt auf ein proprietäres Verfahren zu setzen.

Datenschutz

Der zweite Aspekt bei den Funkzählern ist der Datenschutz, der im Titel angesprochene Big Brother im Spülkasten. Aus einer sekundengenauen Beobachtung des Wasserverbrauchs lassen sich ja einige Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse ziehen: Wieviele Personen in einer Wohnung leben, ob tagsüber jemand zuhause ist oder nicht, und ob das Objekt vielleicht als Ferienwohnung vermietet wird (wochenweise unregelmäßiger Wasserverbrauch).
Nun unterstelle ich natürlich nicht, dass unser Wasser-Zweckverband eine Unterabteilung des BND oder der Steuerfahndung wäre, und uns Bürger ausspionieren will. Tatsache ist aber, dass bei dieser elektronischen Ablesung personenbezogene Daten gesammelt werden. Das ist immer ein heikles Thema, denn niemand möchte, dass seine Daten in die falschen Hände kommen.

Bayerisches Datenschutzgesetz

Es hat seinen guten Grund, warum das Bayerische Datenschutzgesetz (BayDSG) recht umfangreiche technische und organisatorische Maßnahmen bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten vorschreibt. Das geht von der Zugangskontrolle zur Datenverarbeitungsanlage bis zur Sicherung beim Transport von Datenträgern. Im Detail kann man das hier nachlesen: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayDSG-7
Ich gehe davon aus, dass der Zweckverband seine Hausaufgaben gemacht, und alle diese Anforderungen erfüllt und dokumentiert hat. Es ist mit dem Datenschutz ein bißchen wie mit der Strahlenbelastung: Ja, es werden persönliche Daten gesammelt, aber im Vergleich zu dem was mein Handy über mich weiß, ist das verschwindend gering.


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