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Die nervende Feuersirene

Feuersirene auf dem Gemeindehaus Schondorf

Fortschritt beginnt meistens damit, dass jemand das Althergebrachte infrage stellt. Irgendwann hat mal jemand vorgeschlagen, das Pferdegespann der Feuerwehr durch eine dieser modernen Benzinkutschen zu ersetzen, oder die bewährte Handspritze gegen eine motorbetriebene zu tauschen. Ich kann mir die Reaktionen darauf gut vorstellen: „Ich finde einfach keine Worte für so einen Schwachsinn„, „Am Besten wieder zurück in die Heimat und Einheimischen nicht den knappen Wohnraum wegnehmen“ oder „Armes Deutschland, Hauptsache motzen und sich beschweren“.

Hauptsache motzen

Die Kommentare stammen aus Facebook und beziehen sich auf einen Beitrag aus dem Landsberger Tagblatt (https://www.augsburger-allgemeine.de/landsberg/Greifenberger-genervt-von-Feuerwehrsirene-Man-erschrickt-fast-zu-Tode-id55014546.html). Der Greifenberger Gemeinderat hatte einen Antrag behandelt, den Lärm durch die örtliche Feuersirene zu reduzieren.

Lärm ist immer ein Aufregerthema. Die einen fühlen sich durch Böllerschüsse gestört (Pulverdampf über dem See), die anderen durch Touristen (Wieviel ist zuviel?) und wieder andere durch die Feuersirene. Diese macht natürlich Lärm, das ist ja der Sinn der Konstruktion. Man darf aber durchaus fragen, ob sie noch zeitgemäß ist.

Wie das Pferdefuhrwerk oder die Handspritze war die Sirene lange Zeit das technische Nonplusultra. Über viele Jahrzehnte war die Erfindung des fränzösischen Ingenieurs Charles Cagniard de la Tour die einzige Möglichkeit, die Feuerwehrleute bei einem Brand zu alarmieren. Den Heulton hörte man in der ganzen Gegend, auch wenn die Freiwilligen gerade in der Werkstatt, im Stall oder auf dem Feld beschäftigt waren.

Der stille Alarm

Seit Anfang der siebziger Jahre setzte sich dann mehr und mehr die sogenannte stille Alarmierung per Funk durch. Das ist auch bei uns in Schondorf oder Greifenberg gängige Praxis. Die Sirene wird nur noch eingesetzt, wenn Lebensgefahr besteht, also beispielsweise bei Bränden oder schweren Autounfällen. Wenn ein Keller ausgepumpt werden muss oder ein Baum umgestürzt ist, dann gibt es eine stille Alarmierung. Die Feuerwehrleute tragen dafür einen speziellen Funkempfänger in der Tasche.

Teilweise gehen die Brandschützer auch dazu über, per Smartphone zu alarmieren. Der Kreisfeuerwehrverband Landsberg hat dafür eine eigene App entwickelt: https://www.kfv-landsberg.net/fachbereiche/fachbereich-6/fwllapp

Abgesehen davon, dass es keinen Lärm macht, hat die Alarmierung per App noch eine Reihe weiterer Vorteile. Die Feuerwehrleute können den Empfang des Alarms quittieren und angeben, wie lange sie bis zur Feuerwehr brauchen. Später kann jeder einzelne Einsatz minutiös protokolliert und statistisch ausgewertet werden.

Braucht es die Feuersirene?

In den Städten ist diese stille Alarmierung heute normal, die Feuersirenen wurden großteils abgebaut. Das scheint offensichtlich zu funktionieren, München und andere Großstädte werden trotz fehlender Sirenen nicht regelmäßig von Großbränden verwüstet. Braucht es die Heuler also überhaupt noch?

Ich habe mit Feuerwehrleuten über das Thema gesprochen. Zum einen sind die Sirenen ein verlässliches Zweitsystem, falls Funk oder App streiken. Bei großen Schadensereignissen kann das Funknetz schon mal ausfallen. Die Sirenen dagegen sind ausgesprochen robuste Konstruktionen, die funktionieren auch ohne App oder WLAN.

Der andere Aspekt ist, dass die Feuersirene eben im ganzen Ort gehört wird. Normalerweise bekommt man einen Feuerwehreinsatz ja nur mit, wenn es im eigenen Haus oder beim Nachbarn brennt. Durch den Sirenenalarm weiß man, es ist etwas passiert, aber unsere Feuerwehr ist schon auf dem Weg. Mit der Sirene ist die Feuerwehr in unseren Köpfen präsent. Wir nehmen sie nicht als unauffälligen Dienstleister wahr, sondern als unsere Jungs und Mädels, die zur Stelle sind, wenn man sie braucht (https://www.feuerwehr.schondorf.de/).

Aus diesem Grund mag ich die Sirene, auch wenn der Heulton manchmal nervt.

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