Die unmittelbaren Auswirkungen der aktuellen Pandemie sind leicht zu erkennen. Das Virus reduziert unsere sozialen Kontakte (das merke ich ganz deutlich) und unser finanzielles Einkommen (auch das merke ich ganz deutlich). Aber was macht das Coronavirus mit uns als Menschen?
Was Kinder vom Coronavirus lernen
Ich stelle mir diese Frage, weil ich Enkelkinder zwischen 2,5 Monaten und 2,5 Jahren habe. Das ist eine Zeit, in der das Gehirn sehr stark geprägt wird. Was erfahren die Kinder jetzt gerade und was davon werden sie – bewusst oder unbewusst – verinnerlichen?
Ganz offensichtlich erfahren sie im Moment, dass Mitmenschen vor allem eine Bedrohung sind, vor der man sich schützen muss. Sie erfahren, dass körperliche Nähe, küssen und umarmen gefährlich sind. Sie sehen und erleben, dass man am besten zu Hause bleibt, weil die Welt da draußen auf diffuse Art bedrohlich ist.
Und die Kinder erleben, dass Schmutz etwas ganz Schlechtes ist. Man sollte möglichst nichts anfassen und muss sich praktisch ständig waschen, säubern, desinfizieren. Wobei Mediziner schon heute darauf hinweisen, dass Allergien bei uns auch deshalb zunehmen, weil unsere Kinder kaum noch Schmutz und Erregern ausgesetzt sind (https://www.spektrum.de/news/ist-zu-viel-hygiene-schuld-an-allergien/1389433).
Natürlich, die aktuellen Quarantänemaßnahmen werden irgendwann wieder aufgehoben werden. Trotzdem frage ich mich, ob solche grundlegenden Erfahrungen nicht irgendwie in den Köpfen bleiben werden.
Sozial-Zombies
Und was macht das Coronavirus mit uns, die wir keine Kinder mehr sind? Auch hier frage ich mich, wie wir nach der Quarantäne miteinander umgehen werden. Ob wir zum Beispiel im Wirtshaus noch ganz unbefangen sagen werden: „Setz die hera, dann samma mehra.“
Vielleicht werden in Zukunft die Leute erschrocken zurückzucken, wenn ich zur Begrüßung meine Hand ausstrecke. Freunde mit Umarmungen und Bussi-Bussi willkommen zu heißen, das könnte bald nur noch eine nostalgische Erinnerung sein, an die ferne Zeit vor Corona.
Werden wir nach der Pandemie auf Festivals noch ganz unbefangen zusammen mit Wildfremden feiern und tanzen (Sammersee ist mehr)? Oder werden wir unbewusst davon ausgehen, dass andere Menschen eine Gefahr sind, vor der man sich am besten fern hält?
Wir werden das Virus höchstwahrscheinlich überstehen. Aber hoffentlich als Menschen unter Menschen, und nicht als Sozial-Zombies.