Schondorfer wollen mitreden

Integrierte Ortsentwicklung in Schondorf am Ammersee

Am 12. April fand in Schondorf ein Bürgerabend zum Thema ISEK (Integriertes Städtisches Entwicklungs-Konzept) statt, mit erfreulich aktiver Beteiligung. Die Schondorfer wollen bei diesem Thema offensichtlich mitreden.

Wollen wir ein Dorf bleiben?

Das Vorliegen eines ISEK (Integriertes Städtisches Entwicklungs-Konzept) ist bei vielen Maßnahmen Voraussetzung, um Förderungen durch den Freistaat zu erhalten. Gleichzeitig wird auch die Erstellung des Entwicklungskonzeptes vom Land Bayern gefördert. Im September letzten Jahres wurden die Planungsbüros Skorka und Schneider beauftragt, für die Ammerseegemeinden Schondorf, Utting und Greifenberg ein solches ISEK zu entwickeln. Von November bis März fanden Ortsbegehungen statt, sowie Treffen mit Vertretern der beteiligten Gemeinden und mit ausgewählten Vereinen statt. Aus diesen Gesprächen hatten die Planer den Kernsatz „Wir wollen ein Dorf bleiben“ mitgebracht.
Bei dem Bürgerworkshop in der Schondorfer Schulaula wurde dieser Satz durchaus zwiespältig aufgenommen. Wir können kein Dorf bleiben, weil wir schon längst keines mehr sind, war ein Einwand. Es gibt zwar die typisch dörfliche Kleinteiligkeit und die überschaubaren Strukturen in Schondorf, aber der Ort sieht nicht wie ein typisches Dorf aus. Schon die Anfang des letzten Jahrhunderts in Unterschondorf entstandenen Villen sind nicht das, was man sich unter dörflicher Bauweise vorstellt. Vielen war die Fragestellung zu akademisch. Egal ob Dorf oder nicht, wichtig sei, dass Schondorf ein lebenswerter Ort sei und bleibe.

Stärken und Schwächen

Anschließend ging es um die Frage, wo denn die speziellen Stärken und Schwächen von Schondorf liegen. Völlig Überraschendes kam dabei nicht zu Tage. Schondorf ist prädestiniert durch seine schöne Lage am Ammersee, das hübsche Ortsbild mit viel Grün, und eine gute Versorgung mit Ärzten, Einzelhandel und Gastronomie. Das zieht viele Leute an, was zu zwei großen Problemen führt: Immer teurerer Wohnraum und immer mehr Verkehr.
Einen recht großen Teil nahm das Thema ein, wo Schondorfs Ortsmitte sei, und wie man sie gestalten könne. Die Ortsmitte spielt bei ISEK anscheinend deshalb eine große Rolle, weil viele staatliche Förderprogramme speziell auf die Stärkung der Zentren ausgelegt sind. In Schondorf liegt die Mitte geographisch und von den Funktionen her bei Bahnhof und Rathaus.
Aus dem Publikum kam aber auch die schöne Definition, der Leibl-Platz sei die „Ortsmitte des Herzens“.

Ein lebenswerter Ort bleiben

Richtig interessant wurde es, als die Teilnehmer über die vorgestellten Themen abstimmen konnten. Mit einem roten Punkt konnte die treffendste Aussage hervorgehoben werden, was denn der Begriff „Dorf“ eigentlich bedeute. Hier herrschte am Ende ein Unentschieden zwischen „Gemeinschaft“ und „Ein lebenswerter Ort bleiben“. Außerdem hatte jeder Anwesende drei Klebepunkte, um auf einem Flipchart die wichtigsten Stärken zu kennzeichnen, und drei für die herausragenden Problemfelder.
Als besondere Qualitäten bekamen (wenig überraschend) „die Lage am See“ und (schon eher überraschend) „das reiche Kulturleben“ die meisten Punkte. Die größten Schwierigkeiten sahen die Teilnehmer in den Bereichen „Radwege/Mobilität/Verkehrskonzepte“ und bei „Arbeitsorte/moderne Arbeitsformen am Ort“. Interessanterweise zwei Punkte, die nicht von den Planerinnen, sondern vom Publikum eingebracht worden waren. Beide Aspekte gehen Hand in Hand. Gäbe es mehr moderne Arbeitsplätze am Ort (z.B. Telearbeit, Coworking), dann müssten weniger Leute zur Arbeit pendeln, und damit gäbe es auch weniger Verkehrsaufkommen.

Mitmachen

Alle Themenbereiche wurden an diesem Abend ausgesprochen lebhaft diskutiert. Die Vorschläge reichten von moderaten Verbesserungen (Radweg an der Bergstraße zum Sportplatz) bis zu radikalen Konzepten, wie einer kompletten Untertunnelung der Staatsstraße.
Hätten die Moderatorinnen nicht irgendwann gebremst, wäre es wahrscheinlich bis nach Mitternacht weiter gegangen. Auch so waren es gut drei Stunden intensiver Gedankenaustausch. Der Abend hat vor allem gezeigt, dass viele Schondorfer mitbestimmen wollen, wie sich unser Ort entwickeln soll. Möglicherweise gibt es heuer noch eine weitere öffentliche Veranstaltung, bei der die erarbeiteten Ziele und Maßnahmen vorgestellt werden. Ich hoffe, dass das noch nicht der Schlusspunkt ist.
Wäre es nicht schön, wenn wir in Zukunft regelmäßig öffentlich darüber diskutieren könnten, wie sich Schondorf entwickelt und wie wir das steuern wollen?


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2 Gedanken zu „Schondorfer wollen mitreden“

  1. Nun, ich denke es liegt nicht nur an den Zugezogenen, die "mit den entsprechenden finanzielen Mitteln ausgestattet rücksichtslos ihren ganz persönlichen Traum verwirklichen". Es sind ja oft genug Alteingesessene, die ebenso rücksichtslos ihren ganz persönlichen Traum verwirklichen und ihre Grundstücke an den Meistbietenden verkaufen, egal was der damit vorhat.

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  2. Es wundert mich, dass bei der Frage nach Schondorfs "Zentrum" niemand das Jakobs-Bergerl genannt hat (ich war leider in der letzten Woche verreist und konnte den Termin nicht wahrnehmen). Es ist natürlich kein geographisches Zentrum, es liegt geographisch an der Peripherie, aber es ist zumindest das einzige historisch gewachsene Ensemble des Ortes mit denkmalgeschützter Kirche, Gasthof, auch wenn der ein älteres(abgerissenes) Gebäude seit den zwanziger Jahren ersetzt, samt Bodendenkmal. – Die genannten Vorzüge Schondorfs führen offenbar zu einem allgemein bekannten Problem: es zieht immer mehr Menschen von außerhalb an, die nun aber leider oft nicht bereit sind sich anzupassen, sondern sich (mit den entsprechenden finanzielen Mitteln ausgestattet) rücksichtslos ihren ganz persönlichen Traum verwirklichen und die hier (oft seit Jahrhunderten) Ansässigen an den Rand zu drängen bzw. Wohnraum für Normalverdiener unbezahlbar werden lassen. – In Lindau z.B. hat das Rathaus kürzlich beschlossen, im Ort keine Ferienwohnungen mehr zuzulassen! (Ich meine das richtig in Erinnerung zu haben, müsste das jetzt aber noch mal verifizieren).

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