Ich hatte neulich schon einmal über das Konzept der Gemeinwohl-Ökonomie geschrieben (siehe Wie definiert man Erfolg?). Grob gesagt geht es darum, den Erfolg einer Unternehmung nicht nur nach Gewinn und Wachstum zu bewerten. Deshalb legt die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) andere Maßstäbe an. Dieses Wirtschaftsmodell setzt auf Nachhaltigkeit und Solidarität. Wer sich für das Thema interessiert, kann sich am 19. Januar bei einer Veranstaltung in Schondorf informieren.
GWÖ Erfahrungen aus der Praxis
Die Vorträge beginnen mit einer Einführung „Was ist Gemeinwohl-Ökonomie“. Anschließend sprechen zwei Referenten über ihre GWÖ Erfahrungen. Das ist zum Einen Wilfried Knorr, Vorstand von Herzogsägmühle (https://www.herzogsaegmuehle.de). Der zweite Praxisbericht kommt von Helmut Dinter, Bürgermeister von Wessobrunn. Er versucht in seiner Gemeinde ebenfalls, die GWÖ Ideen umzusetzen.
Man kann hier einwenden, dass es die beiden verhältnismäßig leicht haben, sich am Gemeinwohl zu orientieren. Von einer Gemeinde wird das ohnehin erwartet. Herzogsägmühle ist eine soziale Einrichtung der Diakonie. Auch hier gibt es keine Investoren, die auf Gewinnmaximierung drängen.
Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohl
Es sind aber beides auch wirtschaftliche Unternehmungen. Bei Herzogsägmühle war ich erstaunt, wie groß diese Einrichtung ist. Die Anlage in Peiting umfasst Wohnhäuser, Werkstätten, Läden, Landwirtschaft, Mehrzweckhalle und das Cafe und Wirtshaus Herzog. Hier arbeiten rund 1.300 Menschen und das Wirtschaftsvolumen beträgt etwa 90 Mio. Euro. Deshalb reicht es nicht Gutmensch zu sein, um so eine Organisation zu führen, man muss auch rechnen können. Es wird also interessant werden zu hören, wie hier eine Balance zwischen Gemeinwohl und wirtschaftlichen Zwängen gefunden wird.
Die Gemeinwohl-Bilanz
Diese GWÖ-Erfahrungen aus dem gemeindlichen und karitativen Bereich sind wahrscheinlich für normale Unternehmer nicht direkt umsetzbar. Trotzdem bin ich auf die Ausführungen von Wilfried Knorr und Helmut Dinter gespannt. Gemeinwohl-Ökonomie ist ja mehr, als nur die Vermeidung des um sich greifenden Raubtier-Kapitalismus. Die Bewegung will gemeinschaftliches Engagement definieren und bewertbar machen. Dazu betrachtet die GWÖ die Aspekte Nachhaltigkeit, Solidarität und Gerechtigkeit, Menschenwürde, Transparenz und Demokratie. Eine solche Gemeinwohl-Bilanz soll ein umfassendes Bild über die gesamte Wertschöpfungskette geben.
Das wird interessant zu hören, wie das in der Praxis funktioniert. Wie bewertet man die einzelnen Kriterien? Können gute Noten in einem Bereich das schlechte Abschneiden in einem anderen Feld kompensieren? Was ist ein fairer Maßstab, der für große und kleine Unternehmen taugt? Bei diesen Fragen bin ich wirklich neugierig auf die GWÖ-Erfahrungen der Teilnehmer.
GWÖ goes Ammersee
19. Januar 2019, 15:00 Uhr
Aula der Grundschule
Schulstrasse 13
Schondorf am Ammersee