Der Schondorfer Gemeinderat diskutiert zurzeit die Ausweisung eines Sanierungsgebietes. Dazu wurde erst einmal der räumliche Umgriff für die vorbereitende Untersuchung gemäß §141 Abs. 3 BauGB zur Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit festgelegt (https://www.schondorf-ammersee.de/bauen-wohnen/staedtebaufoerderung/sanierungsgebiet). Aber was ist eigentlich ein Sanierungsgebiet und welche Auswirkungen hat das auf die Gemeinde und die Anwohner?
Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
Eines vorneweg: Ich bin kein Jurist und kein Baufachmann. Ich beschreibe die ganze Thematik so, wie ich sie verstehe, aber das muss nicht unbedingt richtig sein. Falls es euch persönlich betrifft, holt euch besser fachkundigen Rat.
Kurz gesagt geht es bei dem im Baugesetzbuch § 136 festgelegten Verfahren um Sanierungsmaßnahmen, durch die in einem bestimmten Gebiet städtebaulicher Missstände behoben oder gelindert werden sollen. Ich stelle mir das ein bisschen vor wie bei einem Auto: Irgendwann reicht der routinemäßige Öl- und Luftfilterwechsel nicht mehr aus. Da ist dann ein großer Service mit neuen Stoßdämpfern, Zahnriemen und allem Pipapo fällig. Vielen Gemeinden geht es ähnlich. Sie sind einfach in die Jahre gekommen, und brauchen eine grundlegende Überholung durch ein Bündel konzertierter Maßnahmen.
Diese Maßnahmen im Sinn von § 136 BauGB betreffen nie eine einzelne Straße oder ein einzelnes Gebäude, sondern immer ein ganzes Ortsgebiet. Dazu hat die Gemeinde erst einmal den Umgriff festgelegt, in dem die Sanierungsbedürftigkeit von einem Fachbüro untersucht wird. Grob gesagt umfasst das Untersuchungsgebiet Oberschondorf rund um St. Anna, und Unterschondorf etwa zwischen Bahnhofstrasse und Hl. Kreuz. Wer wissen will, ob sein Haus in diesem Gebiet liegt, schaut am besten auf der Website der Gemeinde nach: https://www.schondorf-ammersee.de/fileadmin/download_schondorf/Bauen-Wohnen/Bauleitplaung/ortsmitte/Bekanntmachung_des_AEnderungsbeschlusses_zum_Untersuchungsumgriff_der_vorbereitenden_Unters__1_.pdf
Die Probleme in Schondorf
Nun macht Schondorf nicht unbedingt einen verwahrlosten Eindruck. Gut, einige historisch wertvolle Gebäude wie das Jaudelschuster-Haus oder die Seebergsiedlung sind dringend reparaturbedürftig, und manche Straßen sind in einem bedauernswerten Zustand (Wie fahrradfreundlich ist Schondorf?). Im Großen und Ganzen ist Schondorf aber ein recht schmuckes Örtchen.
Die Idee des Sanierungsgebietes greift aber weiter und umfasst auch Themen wie unsichere Fußwege, mangelnde Barrierefreiheit, das langsame Verschwinden von Ladengeschäften, die Verkehrsbelastung oder Parkplatzproblematik. Für diese Aufgaben will die städtebauliche Sanierungsmaßnahme ein koordinierendes Verfahren bieten, dass dann mit Mitteln aus der Städtebauförderung großzügig unterstützt wird.
Mit der Wurst nach dem Schinken werfen
Um in den Genuss dieser Förderung zu kommen, muss erst einmal in einer detaillierten Untersuchung die Sanierungsbedürftigkeit der betroffenen Gebiete festgestellt werden. Man muss also – wie man so schön sagt – mit der Wurst nach dem Schinken werfen, also mit kleinem Einsatz ein größeres Ziel erreichen.
Eine Garantie gibt es allerdings nicht. Es kann durchaus passieren, dass die geworfene Wurst den angepeilten Schinken verfehlt. Die Wurst ist dann natürlich trotzdem weg. Außerdem wird der planerische und bürokratische Aufwand bei solchen verlockenden Förderangeboten manchmal unterschätzt. Hinterher stellt man dann ernüchtert fest, dass man eher mit dem Schinken nach der Wurst geworfen hat, als umgekehrt.
Großzügige Förderung
Falls alles gut geht, lockt allerdings tatsächlich eine ziemlich großzügige Förderung. Einen guten Überblick bietet dazu diese Präsentation der Kanzlei Meidert & Kollegen: https://www.infoportal-land.de/_Resources/Persistent/d67c4f318aedb2e57cc7b9df1c06a918e1a08554/2-a-Sommer-Sanierungssatzung.pdf
Die Gemeinde zahlt erst einmal nur 10 % der zuwendungsfähigen Kosten. Der Bund trägt rund ein Drittel, und das Land legt noch einmal etwa denselben Anteil drauf. Überrascht hat mich in der oben verlinkten Präsentation die vierte Säule des Finanzierungsmodells, namens sanierungsbedingte Einnahmen.
Hausbesitzer zahlen mit
Üblicherweise verursachen Sanierungsmaßnahmen Ausgaben, keine Einnahmen. Wie funktioniert das also? Grundsätzlich ist die Gemeinde verpflichtet, von den Eigentümern der Grundstücke im Sanierungsgebiet einen Ausgleichsbetrag zu erheben (außer die Anwendung der entsprechenden Paragrafen wäre in der Sanierungssatzung explizit ausgeschlossen). Die Idee dahinter ist folgende: Wenn durch eine Sanierung der Ort aufgewertet wird, erhöht sich auch der Wert der Grundstücke. Auf Basis dieses Wertzuwachses wird dann ein Ausgleichsbetrag von den Grundeigentümern erhoben.
Dazu wird von einem unabhängigen Gutachterausschuss der Grundstückswert vor und nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ermittelt. Die allgemeine Wertentwicklung wird dabei in der Berechnung berücksichtigt. Ist also beispielsweise der Quadratmeterpreis durch die Sanierungsmaßnahmen um € 100,- gestiegen, dann wird dem Eigentümer ein Ausgleichsbetrag von € 100,- pro m2 in Rechnung gestellt. Fairerweise muss man sagen, dass Hauseigentümer im Sanierungsgebiet im Gegenzug auch von Fördergeldern und großzügigeren Abschreibungen profitieren können. Einen recht ausführlichen Überblick über alle Aspekte des Sanierungsverfahrens gibt diese Beschreibung der Firma Immobilien Heid: https://www.heid-immobilienbewertung.de/ratgeber/sanierungsvermerk-grundbuch/
Soweit sind wir aber noch nicht. Wie schon gesagt wurde jetzt erst einmal das Untersuchungsgebiet in Schondorf festgelegt, in dem ermittelt wird, ob es zum Sanierungsgebiet erklärt werden kann.
Danke für den obigen Artikel. Was noch zu kurz kommt, ist neben dem Ausgleichsbetrag die rechtlichen Folgen für die Eigentümer (auch im obigen Link zu finden: https://www.heid-immobilienbewertung.de/ratgeber/sanierungsvermerk-grundbuch/ ) Anbei die entsprechenden Zitate:
„Zudem auch eine Genehmigungspflichtige Rechtsvorgänge beim Sanierungsverfahren:
Genehmigungspflichtig sind außerdem Vorhaben rechtlicher Natur. Die Stadt oder Gemeinde entscheidet über
– eine Grundstücksteilung,
– die Bestellung, Änderung oder Aufhebung einer Baulast,
– Grunddienstbarkeiten (wie das Wegerecht),
– schuldrechtliche Vertragsverhältnisse über den Gebrauch oder die Nutzung eines Grundstücks (vor allem Miet- oder Pachtverträge!)
– sowie die Aufnahme einer Hypothek oder die Bestellung anderweitiger Rechte, die das Grundstück belasten.“
Das bedeutet, dass sowohl neue Mietverträge, aber auch Kredite vom Gemeinderat abgesegnet werden müssen.
Vielen Dank für diesen Hinweis. Die rechtlichen Konsequenzen der Ausweisung eines Sanierungsgebietes sind sicher für alle betroffenen Grundbesitzer sehr wichtig.