Wie könnte Bürgerbeteiligung in Zukunft aussehen? |
Auf das Konzept von Nexthamburg bin ich durch einen Beitrag des Moosbloggers aufmerksam geworden. Der Stadtplaner Johannes Bouchain hatte das Next-Konzept im Ammersee Denkerhaus einigen Interessierten vorgestellt.
Online-Plattform zur Bürgerbeteiligung
Next ist eine Plattform, auf der Bürger Vorschläge zur Entwicklung ihrer Stadt einbringen, publik machen und zur öffentlichen Diskussion stellen können. Neben Hamburg gibt es Next mittlerweile auch in anderen Städten, z.B. Zürich, Kassel oder Belgrad.
Ich war bei dem Vortrag leider nicht dabei, habe mir aber inzwischen nexthamburg etwas angesehen.
Stadtplanung per Shitstorm?
Die Struktur von www.nexthamburg.de |
Auf einer interaktiven Karte kann man Ideen eingeben und zur Diskussion stellen. Andere Nutzer können dann Fan dieser Idee werden (etwa wie ein ‚Like‘ bei Facebook) und sie kommentieren. In Hamburg hat die erfolgreichste Idee bislang nach einem Jahr 74 Fans gefunden. Ein überzeugendes demokratisches Votum ist das nicht gerade.
Beim next Projekt in Zürich kann man mit Daumen hoch oder runter Vorschlägen zustimmen oder sie ablehnen. Stadtplanung per Candy- oder Shitstorm?
Jeder kann mitmachen. Leider.
Besonders problematisch finde ich das, weil man sich einfach mit Benutzernamen, Email und Passwort registrieren kann. Ich könnte also auch als Schondorfer beispielsweise für eine autofreie Hamburger Innenstadt stimmen. Da ist der Manipulation natürlich Tür und Tor geöffnet.
Ich stelle mir vor, ein cleverer Immobilienentwickler entdeckt diese Idee. Plötzlich hat dann ein neuer Büroturm oder die Luxussanierung eines Altbaus mehr Fans als alle anderen Projekte zusammen. An diesem Spagat zwischen Datenschutz und nicht manipulierbaren Abstimmungen ist ja bereits das Liquid Democracy Modell der Piraten gescheitert.
Risiken, aber auch Chancen
Eine der nexthamburg Ideen: Vertikale Gärten (Photo www.nexthamburg.de) |
Auch wenn bei mir erst einmal die Bedenken überwiegen, sehe ich doch den Charme solcher neuer Formen der Bürgerbeteiligung.
Nach praktisch jeder Wahl wird über Politikverdrossenheit und geringe Wahlbeteiligung gejammert.
Ein Drittel geht nicht wählen
In Schondorf war die Wahlbeteiligung bei den letzten Gemeinderatswahlen 65%. Ein gutes Drittel der Wahlberechtigten geht also gar nicht mehr wählen. Vielleicht aus Faulheit, vielleicht aus Frust. Eine Plattform wie Next könnte den Anstoß geben, dass Bürger wieder mehr Anteil an der Entwicklung ihrer Gemeinde nehmen.
Es gibt ja auch bei uns Initiativen, in denen sich Bürger mit der Stadtentwicklung auseinandersetzen, z.B. wir-in-schondorf.de oder Transition-Region.
Hier bleiben aber meistens kleine Gruppen unter sich und erreichen dadurch keine kritische Masse. Eine einheitliche Plattform wie Next wäre eine Möglichkeit, verschiedene Ideen einem breiteren Publikum vorzustellen.
Was würdest Du tun?
Hier sind die Links zu Nexthamburg, Nextzürich und Nextkassel.
Wenn es Nextschondorf geben würde, könntest Du dir vorstellen dort mitzumachen?
Welches Projekt würdest Du vorschlagen?
Danke für deinen Beitrag, Johannes Bouchain. Schön, dass der Nord-Süd-Dialog in Gang kommt 🙂
Freue mich, wenn wir uns einmal treffen können. Ich bin in nächster Zeit leider nicht in Hamburg, aber in Schondorf bist Du herzlich auf einen Cafe (oder eine Tasse Tee) eingeladen.
Hallo und Gruß aus dem sonnigen Hamburg! Ich finde es schön, auch aus Schondorf etwas über das Projekt Nexthamburg zu lesen. Die Kritik, die hier genannt wird, kann deutlich abgemeildert werden, wenn man den Ansatz und die Ziele von Nexthamburg genau unter die Lupe nimmt: es geht um eine völlig offene Plattform, ohne Grenzen und ohne Hürden. Dass auch Schondorfer jetzt Wünsche und Ideen für Hamburg äußern ist also durchaus erwünscht. Wer etwas zu sagen hat zu einem Ort oder einer Idee ist immer herzlich willkommen! Es muss einem nur bewusst sein, dass es eher einen kreativ-spielerischen (zugleich aber fundierten und fachlich angereicherten!) Ansatz verfolgt. Die angedeutete Manipulationsmöglichkeit hat sich bisher nie als Problem dargestellt, potenzielle kommerzielle Akteure werden von dem Modell nicht angezogen, da der monetäre Benefit de facto nicht vorhanden ist. Man steht immer vor der Frage: ganz offen und 2alles abfangen" was an Kreativität und Ideen da ist – oder geschlossener und "formeller" arbeiten. Das Nexthamburgmodell geht den ersten Weg – mit geringen und bisher de facto nicht eingetroffenen Risiken, aber großen Chancen. Ein "Nextschondorf" wäre daher, wenn es wirklich dem Ansatz "ohne Grenzen" folgt, auch als eine entsprechend "uneingeschränkte" Plattform zu realisieren. Man muss eben im Kopf haben, dass die Ergebnisse eine andere Aussage haben, als die von demokratisch legitimierten, repräsentativen Prozessen.
Gerade haben wir bei der Erstellung der Plattform "Mein Ammersee 2020" unterstützend mitgewirkt. Darüber wurde hier ja auch schon berichtet. Sicher bin ich in absehbarer Zeit mal wieder in der Ammersee-Region. Dann komme ich gerne mal auf ein Gespräch in Schondorf vorbei. Würde mich freuen. J.B.
Als erster Schritt ist es schon mal gut. Aber warten wir ab, was die neue Referentenstelle in der Praxis bringt.
Aha, die Dießener machen es richtig!
Wie Du richtig sagst: Das braucht halt Zeit. Ich schaue gespannt auf Dießen. Dort gibt es seit heuer imerhin einen Referenten für neue Medien und Internet. Mal sehen was der bewirkt.
Protokolle ins Netz stellen … Super Idee! Unter Bürgernähe verstehe ich was anderes: Kommunikation und Dialog. Aber das braucht halt Zeit … und Engagement. Und vor allem Durchhaltevermögen. Siehe "Wir in Schondorf" … das war ja wohl ein Schuss in den Ofen. Ein Artikelchen und schon ist die Luft raus. Na ja …
Ja, schade dass das gleich nach dem Start wieder eingeschlafen ist.
Wenn ich mich richtig erinnere, hat der Gemeinderat in der konstituierenden Sitzung kurz darüber gesprochen, mehr im Internet präsent zu sein. Die Idee war, zumindest die Protokolle der öffentlichen Sitzungen ins Netz zu stellen. Die Verwaltung hatte da aber rechtliche Bedenken. Anscheinend ist das wegen dem Schutz persönlicher Daten nicht unproblematisch.
Wenn ich nicht wählen gehe, mache ich das aus Frust!!! Den neuen Bürgermeister hingegen habe ich dann doch gewählt. Aus Überzeugung.
Übrigens hatte ich die Idee, dem neuen Bürgermeister ein Gemeinde-Blog vorzuschlagen. Aber dabei entsteht dann die Frage, wer es führt und mit welchen Inhalten es gefüllt wird …
P. S.: Bei "wir-in-schondorf" ist ja nicht besonders viel los …