Bert-Brecht Weg in Utting |
Städte sind ja normalerweise mächtig stolz, wenn sie einen Bezug zu historischen Persönlichkeiten haben.
Der Dichter Bert Brecht verbrachte mehrere Sommer in Schondorf am Ammersee, aber Spuren davon finden sich praktisch keine. Keine Hinweistafel, kein Straßenname, und auch auf der Website der Gemeinde wird der Dichter nicht erwähnt. Es wirkt fast, als wollte man mit dem Namen Brecht lieber nicht in Verbindung gebracht werden.
Am 19. Juli organisierte die Augsburger Buchhandlung am Obstmarkt eine Dampflokreise und literarischen Spaziergang auf Brecht’s Spuren.
„Was machte Brecht in Schondorf?“ fragte ich am 14. Juli; Jetzt weiß ich es so ungefähr.
Seestrasse 55 |
Ferien am Ammersee
Im Haus Seestrasse 55 verbrachte Brecht zusammen mit Helene Weigel die Sommer 1929 und 1930. Geschmack hatte er: Es ist ein prächtiges, direkt am See gelegenes Anwesen.
Das war die Zeit seiner intensiven Zusammenarbeit mit Kurt Weill. Ein Jahr zuvor hatten die beiden mit der „Dreigroschenoper“ ihren ersten großen Erfolg.
In diesen Jahren entstanden, z.B. die Schuloper „Der Jasager“ und „Der Ozeanflug“, an dem auch Paul Hindemith mitarbeitete.
Seestrasse 79 |
Brecht mit Familie in Schondorf
Auch 1931 kam Brecht mit Helene Weigel und den gemeinsamen Kindern Stefan und Barbara zur Sommerfrische nach Schondorf.
Diesmal wohnten sie im Haus Seestrasse 79.
Auch wenn sich Brecht in diesen Jahren zum überzeugten Kommunisten entwickelte, bei der Wahl der Ferienunterkunft bevorzugte er bürgerliche Gediegenheit. Im folgenden Jahr kaufte Brecht dann ein Haus in Utting. Dieses konnte er aber nur wenige Wochen genießen, da er schon im Februar 1933 vor den Nazis aus Deutschland fliehen musste.
Seestrasse 75 |
Ein tragischer Unfall
1939 spielt Schondorf noch einmal eine Rolle im Leben der Familie Brecht, leider eine traurige. Brechts Vater Berthold Friedrich war eng mit der Augsburger Familie Schirmböck befreundet, die ein Haus in der Seestrasse 75 besaßen.
Bei einem Besuch in Schondorf überfuhr er versehentlich seinen Freund Xaver Schirmböck, der dabei tödliche Kopfverletzungen erlitt.
Vater Brecht war von diesem Unglück tief schockiert, und starb wenige Wochen später an einer Gallenkolik.
Der Literaturwissenschaftler Jürgen Hillesheim argumentiert, dass dieses Ereignis auch Bert Brecht beeinflusste und sein Schaffen veränderte. Ab diesem Zeitpunkt habe sich der Dichter verstärkt mit den Themen Tod und Abschied auseinandergesetzt (Buch Brecht und der Unfall).
„Mein Leib, die Schenkel und der stille Arm…“
Ich denke lieber an die schönen, inspirierenden Zeiten, die Bertolt Brecht in Schondorf verbracht hat. Vielleicht ist ihm ja das Gedicht „Vom Schwimmen in Seen und Flüssen“ am Ammersee eingefallen.
Spazierweg ‚Brecht in Schondorf‘
Wer die einzelnen Stationen selbst besuchen möchte, hier ist eine Karte mit der Lage der Häuser.
Wenn die eingebettete Karte nicht richtig angezeigt wird, hier der Link zu Google Maps.
Wieder was gelernt. Sehr interessant. Ich werde weiter stöbern !
Interessanter Artikel, lieber Leo. Danke!