Es ist schon etwas her, dass ich zuletzt zu einer Fahrprüfung musste, genauer gesagt 44 Jahre. Ich erinnere mich aber noch gut, wie nervös ich damals war. Nervös war ich auch jetzt wieder, als ich in die Schondorfer BAYK Rikscha eingewiesen wurde. Das fand nämlich vor laufenden Kameras statt.
Ich habe schon einmal darüber geschrieben, warum es eine Fahrradrikscha für Schondorf gibt. Sie ist für alle da, die ohne Auto mobil sein müssen oder wollen, speziell für Menschen, die schon älter oder nicht mehr gut zu Fuß sind.
Der BR berichtet
Dieses Projekt fand so viel Anklang, dass sogar das Fernsehen sich dafür interessierte. Der Bayerische Rundfunk hatte sich angemeldet, um einen Beitrag für die Abendschau zu drehen. Dazu wollte man einen Rikscha-Neuling durch die Einschulung und die erste Fahrt begleiten. Da ich schon länger bei der Schondorfer Rikscha mitmachen wollte, wurde ich als Vorzeigeobjekt ausgewählt. Wie das Ganze dann gelaufen ist, kann man sich in der BR Mediathek anschauen: https://www.br.de/mediathek/video/zeitgemaesse-mobilitaet-eine-e-rikscha-fuer-senioren-av:6177e0420e738a00075add50
Ich bin natürlich mächtig stolz auf meinen ersten Fernsehauftritt. Genauso stolz bin ich aber, dass ich mit dem Gefährt gut zurechtgekommen bin. Anfangs hatte ich den leisen Verdacht, der BR wollte einen Anfänger filmen, um möglichst spektakuläre Bilder einzufangen. Etwa, wenn ich das Dreirad in den Graben steuere und mich dabei überschlage. Die Befürchtung war aber unbegründet. Die beiden Reporterinnen verfolgten meine Fahrt sehr wohlwollend. Selbst die einzige kniffligen Stelle, die ziemlich enge Bahnunterführung, wurde im Beitrag so geschnitten, dass es relativ einfach aussieht.
Freude am Fahren
Nach der Fahrprüfung durfte ich gleich meine erste richtige Rikschafahrt machen, und eine Dame zum Strandbad Forster bringen. Mir ist dabei schlagartig klargeworden, was das besondere an diesem Fahrzeug ist. Anders als beim Auto, geht es nicht einfach darum, von A nach B zu kommen. Die Fahrt selbst wird zum Erlebnis. Es wird gewunken, gegrüßt und bei Bedarf auch mal auf einen kurzen Ratsch angehalten. Es ist erfrischend zu sehen, wie viel Freude am Fahren die Passagiere haben.
Wer das Rikscha-Feeling einmal selbst ausprobieren möchte, kann unter http://schondorfer-rikscha.de/ eine kostenlose Fahrt buchen.
Die BAYK Rikscha
Und wie fühlt sich das E-Dreirad für den Fahrer an? Zugegeben, es ist ein ungewohntes Fahrgefühl. Im Prinzip ist es ein E-Bike, nur eben mit drei Rädern, Karosserie und drei Metern Länge. Nach ein bisschen Eingewöhnung, ist man mit dem Gefährt des niederbayrischen Herstellers BAYK (https://bayk.ag/) aber erstaunlich flott unterwegs. Das ganze Fahrzeug macht einen sehr soliden und durchdachten Eindruck. Es klappert und knarzt nichts, die Lenkung ist verblüffend wendig, und man sitzt als Fahrer sehr bequem, rückenschonend zurückgelehnt.
Nicht nur für Sportskanonen
Dank der Elektrounterstützung verlieren auch Steigungen ihren Schrecken. Einige neugierige Spaziergänger haben mich gefragt: „Kommst Du damit auch den Steig hoch?“ Also habe ich es probiert. Es wirkt schon einschüchternd, wenn man an der Seestraße in Schrittgeschwindigkeit abbiegt, und dann den schnurgeraden Anstieg zur Oberen Straße vor sich hat. Der Elektromotor der BAYK Rikscha ist aber so kräftig, dass ich nicht einmal die höchste Unterstützungsstufe brauchte. Ich konnte mich beim hochstrampeln noch ganz entspannt mit meiner Passagierin unterhalten.
Man muss also kein Fausto Coppi oder Eddy Merckx sein, um die Schondorfer Rikscha zu bewegen. Wer Lust hat gelegentlich andere Leute durch Schondorf zu kutschieren, darf sich gerne unter http://schondorfer-rikscha.de/ melden. Im Moment treten sieben Freiwillige in die Pedale und weitere Unterstützung ist herzlich willkommen.
Es wäre angebracht, den Rikscha-Fahrer*innen auch mal die Verkehrsregeln beizubringen.
Beispiele:
1. Rikscha stand am Kirchberg direkt vor der Heilig Kreuz Kirche Richtung Süden.
Ich fuhr mit dem Fahrrad und wollte an der geparkten Rikscha vorbei fahren; plötzlich ist die Fahrerin losgefahren und links abgebogen ohne dies anzuzeigen und ohne mich überhaupt zu beachten. Musste abbremsen.
2. Die gleiche Rikscha-Fahrerin bog von der Bahnhofstrasse rechts in die Greifenberger Str./ Kirchberg, wiederum ohne jegliches Anzeigen des Abbiegens; genau dort wo aktuell wegen des Neubaus das Überqueren der Straße durch Fußgänger sehr stark zugenommen hat.
Offensichtlich weiß man nicht einmal, dass das Abbiegen durch Handzeichen angezeigt werden muss.
Ich vermute, dass diese Rikscha nicht mit Blinker ausgestattet sind.
Aus meiner Sicht dennoch ein fahrlässiges und gefährliches Verhalten. Ich möchte da nicht mitfahren.
Nun gut, wir wissen ja, dass die div. Schondorfer Aktionen im Prinzip meistens reiner Aktionismus sind und nicht allzu lange andauern.
Ich sehe die Damen öfters durch Schondorf fahren und bin auch selbst schon mitgefahren. Ich habe beileibe nicht den Eindruck, dass sie sich wie Verkehrsrowdys benehmen. Wer beim Abbiegen noch nie den Blinker vergessen hat, werfe den ersten Stein.
Was den Aktionismus angeht:
Die Rikscha ist komplett über private Spenden finanziert, wird von Ehrenamtlichen gefahren und macht Menschen eine Freude, die es nicht leicht in ihrem Leben haben. Vielleicht kann man es Aktionismus nennen, wenn Menschen mit ihrem eigenen Geld und in ihrer eigenen Freizeit anderen eine Freude bereiten. Ich persönlich wünsche mir dann gerne mehr solchen Aktionismus.