Attraktionsskulpturen im Skriptorium

Seit Weihnachten war im Skriptorium in der Schondorfer Bahnhofstraße nicht mehr viel zu sehen (Jeden Tag zwei Fenster). Jetzt gibt es wieder einmal etwas Neues im Schaufenster zu bewundern, nämlich Attraktionsskulpturen von Andreas Kloker. Es sind kleine Kunstwerke, die durch Attraktion, also durch Anziehung entstehen. Für diese Anziehungskraft sorgen mehrere Magnete, welche die einzelnen Eisenteile der Skulpturen in einer delikaten Balance halten.

Wöchentlich neue Skulpturen

Bis Ende März sollen wöchentlich neue Objekte im Schaufenster zu sehen sein. Alle werden sie nur durch Magnete zusammengehalten. Deshalb ist der einzig stabile Zustand einer Anordnung gewissermaßen durch die Platzierung und jeweilige Stärke der Magnete vorgegeben. Kloker schätzt gerade diese Herausforderung: „Mehr als andere Materialien hat der Magnet einen Eigenwillen. Man muss sich ihm unterordnen, um Freiheit zu erlangen.“

Andreas Kloker in seinem Skriptorium in Schondorf am Ammersee
Andreas Kloker im Skriptorium

Inspiriert wurde er zu seiner Arbeit durch einen Zufallsfund. In einem Schondorfer Abbruchhaus stieß er auf ein zerfleddertes Heft mit Magnetbildern. Diese Bilder entstehen, wenn man auf einem Papier über einem Magneten Eisenfeilspäne verstreut. Die Späne richten sich dann entlang der Feldlinien aus, und machen so die unsichtbare magnetische Kraft sichtbar.

Attraktionsskulpturen
Die Bilder magnetischer Feldlinien waren die Inspiration für die Attraktionsskulpturen

Das Geheimnis des Magnetismus

Die schwer erklärbare Kraft des Magnetismus hat die Menschen schon lange vor Rätsel gestellt. Das 1906 erschienene sarkastische Wörterbuch des Teufels des Schriftstellers Ambrose Bierce enthält unter anderem eine Definition des Magnetismus. Dieser sei die Kraft, die auf einen Magneten einwirkt. Ein Magnet wiederum sei ein Objekt, an dem sich der Magnetismus beobachten lässt.

Bierce spottet, dass diese Erkenntnis die Quintessenz der Werke von tausenden hochgelehrten Forschern sei. Damit hätten sie „das Thema zur unbeschreiblichen Förderung des menschlichen Wissens ausgeleuchtet“.

Attraktionsskulpturen im Skriptorium, Schondorf am Ammersee
Magnetische Attraktionsskulpturen im Schaufenster des Schondorfer Skriptoriums

Auch mehr als hundert Jahre später bleibt das Phänomen für uns Laien schwer verständlich. Sogar ein so brillanter Physiker wie Richard Feynman konnte den Magnetismus nicht in einfachen Worten erklären, wie man in diesem Video sieht: https://scienceblogs.de/frischer-wind/2015/08/10/richard-feynman/

Auch Klokers Attraktionsskulpturen erklären nicht das physikalische Phänomen, aber sie machen es auf sinnliche Weise erfahrbar.

Leise Mächte

Wer sich das Skriptorium angesehen hat, mag anschließend vielleicht auch noch auf die andere Seite der Bahnhofstraße schauen. Dort läuft im studioRose noch bis 20. Februar die Ausstellung 4.0 mit Werken von Karl-Heinz Breves, Barbara Manns, Ilse Renner und Ute Wild. Ab 4. März erkundet dann Katinka Schneweis Die Kraft der leisen Mächte (https://studiorose.de/2022/02/08/die-kraft-der-leisen-maechte/). Das finde ich eine erstaunlich passende Ergänzung zur leisen Macht des Magnetismus in den Attraktionsskulpturen.

Das studioRose ist jeweils von Mittwoch bis Sonntag, 15:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.

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