Immer wieder lese ich, dass Deutschland – und Bayern natürlich ganz besonders – bei der Digitalisierung vorankommen muss. Schon vor fünf Jahren verkündete unser Ministerpräsident, dass sich Bayern als Land der Digitalisierung sehe. Nach meiner kürzlichen Erfahrung in der Kommunikation mit Bayernwerk AG sehe ich da noch ein großes Stück Arbeit vor uns.
Unsere Digitalministerien
Um die Technologie voranzutreiben, hat Bayern seit 2018 ein eigenes Digitalministerium. Geleitet wird es aktuell von Fabian Mehring, einem jungen Hoffnungsträger der Freien Wähler. Eigene Ministerien für Digitalisierung gibt es auf Landesebene auch in Hessen und Schleswig-Holstein.
Auf Bundesebene mischen verschiedenste Entscheidungsträger mit. Den Großteil der Kompetenzen hat das Verkehrsministerium, das dementsprechend inzwischen Bundesministerium für Digitales und Verkehr heißt. Daneben liegt die Verantwortung, je nach Anwendungsfall, bei einem von acht Ministerien, vom Bundeskanzleramt bis zum Wirtschaftsministerium. Bei letzterem ist auch der IT-Rat angesiedelt, der die Digitalisierung der Verwaltung voranbringen soll. Dazu gibt es noch einen IT-Beauftragten für die Zusammenarbeit der Länder mit der Bundesregierung.
Da soll noch jemand sagen, die Digitalisierung würde keine Arbeitsplätze schaffen. Trotz dieser Fülle an Behörden, Initiativen und Fachgremien kommt die digitale Welt in Deutschland nicht so richtig in Schwung. Die Bayernwerk AG hat mir dafür gerade ein schönes Beispiel geliefert.
Kommunikation mit Bayernwerk
Bayernwerk betreibt bei uns die Leitungsnetze, über die wir Strom von unseren jeweiligen Anbietern beziehen (https://www.bayernwerk.de/). Ich kam mit dem Unternehmen in Kontakt, weil ich einen neuen Stromzähler brauchte, um unsere Photovoltaikanlage betreiben zu dürfen (Ich möchte Teil einer Energiebewegung sein). Das zog sich ganz schön hin, und ich fragte nach, wann ich denn nun mit dem Zählertausch rechnen dürfe.
Soviel muss ich der digitalen Kommunikation mit Bayernwerk zugutehalten: Die Antwort kam immerhin per Email. Allerdings in einer Form, bei der ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen sollte. Die Nachricht stand nämlich nicht einfach in der Email, sondern war als Pdf-Datei angehängt. Irgendjemand hatte das also ganz sauber mit einer Textverarbeitung als Brief erstellt, und dann als Pdf exportiert.
Diese Datei konnte ich aber nicht wie gewohnt einfach mit einem Doppelklick öffnen. Nein, zum Öffnen musste ich ein Passwort eingeben. Dieses Passwort sei meine Kundenkontonummer, erklärte mir die Email. Die Nummer könnte ich auf bereits erhaltenen Briefen von Bayernwerk nachlesen.
Diese Briefe waren aber schon längst im Altpapier, also bat ich um erneute Zusendung meiner Kundenkontonummer. Die kam einige Tage später an, selbstverständlich mit der Briefpost. Jetzt konnte ich die verschlüsselte Pdf-Datei endlich öffnen, und was erfuhr ich da?
Trommelwirbel …
Ich erfuhr, dass der Zählerwechsel von einem Partnerunternehmen durchgeführt würde, in dessen Buchungssystem man leider keinen Einblick habe. Für die Terminabstimmung sollte ich mich direkt an dieses Partnerunternehmen wenden. Jetzt verstand ich, warum die Datei per Passwort verschlüsselt war. Nicht auszudenken, wenn diese brisante Information dem KGB oder NSA in die Hände gefallen wäre.
Die eigentliche Pointe kommt noch: Die Email erhielt ich erst, nachdem das besagte Partnerunternehmen den Zähler bei uns bereits getauscht hatte.
Nicht digital, aber persönlich
Ich will jetzt aber gar nicht zu sehr auf Bayernwerk herumhacken. Die digitale Kommunikation ist dort zwar etwas drollig, aber immerhin höflich im Ton und man bekommt tatsächlich eine persönliche Antwort. So etwas kann man bei den ach so fortschrittlichen Facebook und Co nicht erwarten.