Drunt in der greana Au

„Drunt in der greana Au steht a Birnbaum, schee blau, juchee.“ In der grünen Au steht er hoffentlich noch, der in dem bekannten Volkslied besungene Baum (hier auf YouTube: https://youtu.be/RD5MI6Sf4Io?si=ZwOJDblqEmjRQWa6). Am Wilhelm-Leibl-Platz steht er aber nicht mehr. Hier wurde im Zuge des Neubaus des Raffler-Hauses der alte Birnbaum gefällt. Ich hatte es eigentlich schon erwartet, aber traurig macht es mich trotzdem.

Mit Fällerlaubnis gefällt

Rechtlich ist anscheinend alles in Ordnung, wie ich aus der Baumschutzkommission gehört habe. Es wurde wohl eine Erlaubnis erteilt, dass der Birnbaum gefällt werden darf. Zwar haben wir in Schondorf eine Baumschutzverordnung, die nicht unumstritten ist (Diskussion um Baumschutz in Schondorf).

Vor dem Neubau am Schondorfer Wilhelm-Leibl-Platz wurde der alte Birnbaum gefällt
Der Neubau steht, der alte Baum ist weg

Als die Fällung beantragt wurde, galt wohl noch die alte Fassung der Verordnung von 2019. Diese bezog sich generell nicht auf Obstbäume, ausgenommen Apfel-, Birn- und Walnussbäume mit einer Höhe und einer Kronenbreite von über 10 Metern (https://www.schondorf-ammersee.de/fileadmin/download_schondorf/Ortsrecht/Verordnungen/Verordnung_zum_Schutz_des_Baumbestandes_in_der_Gemeinde_Schondorf_a.Ammersee_14-08-2019.pdf).

Der alte Birnbaum vor dem inzwischen abgerissenen "Raffler-Haus" am Wilhelm-Leibl-Platz in Schondorf am Ammersee
Da stand der Birnbaum noch vor dem Raffler-Haus

Ein alter, knorriger Birnbaum

Ganz so groß war der jetzt gefällte Birnbaum nicht, aber er war ein schönes altes Exemplar. In dem Büchlein Schondorf in alten Ansichten gibt es eine Aufnahme des Wilhelm-Leibl-Platzes aus den 1920er-Jahren. Ich bilde mir ein, dass der Birnbaum auf diesem Foto schon zu sehen ist.

Das Alter von 100 Jahren hätte ich ihm durchaus zugetraut, so knorrig wie er aussah. Wie viele Kinder wohl im Lauf der Jahrzehnte süße Früchte von seinen Ästen stibitzt haben?

Der alte Birnbaum am wilhelm-Leibl-Platz gefällt und der Wurzelstock ausgegraben
Wo der Wurzelstock war, ist nur noch ein Loch

Während der Bauarbeiten am Raffler-Haus war der Baum noch mit Brettern geschützt. Jetzt, wo es an die Außenanlagen geht, ist der Birnbaum gefällt und der Wurzelstock ausgegraben. Vielleicht verstellte er den Zugang zum Haus, vielleicht war er den vorgeschriebenen Autostellplätzen im Weg. Das Alte muss dem Neuen Platz machen.

Monaco Franze

Ich musste an eine Folge aus der Serie Monaco Franze denken. Es ist die Episode, in der das Spatzl beschlossen hat, in die Karibik auszuwandern. Dort sei das Wetter besser, die Steuern niedriger und überhaupt alles optimaler als in München. Der Monaco Franze kann damit natürlich gar nichts anfangen. In einer Szene singt Helmut Fischer das Lied vom Birnbaum in der Au in seiner unnachahmlich melancholischen Art vor sich hin.

Wo soll das hinführen, wenn das Alte über Bord geworfen wird, weil es den Optimierungsansprüchen nicht mehr genügt? Dann gibt es keinen Birnbaum in der Au mehr, kein Astl, kein Nesterl mit einem Ei. Dann gibt es kein Vogerl mit an wunderschönen Federl für ein wunderschönes Betterl, in dem ein wunderschönes Kinderl liegt.

1 Gedanke zu „Drunt in der greana Au“

  1. …ich kann mich gar nicht erinnern, dass er Früchte trug. Merkwürdig – ich habe ja sonst gefühlt jeden Obstbaum in Schondorf geräubert als Kind. Schöne, etwas erstaunliche Erinnerung habe ich an den „Raffler“. Der alte Herr und ich glaube seine Schwester führten den Laden noch, als sie das wohl eigentlich nicht mehr konnten. Er hörte schlecht, sie waren zumindest in meinen Kinderaugen unfassbar alt. Peter, der später Radiomann wurde, ging durchs Dorf und interviewte alte Schondorfer mit seinem Aufnahmegerät und einem Mikro für das er irgendwoher einen Windschutz vom BR hatte. Er fragte den Raffler: „wie lange haben Sie denn den Laden schon?“ Und der antwortete: „na! …des brach i net! des Klump homma selba!“ War ein runnig joke für Jahre.

    Vor ihr hatten wir etwas Angst, sie schaute unfreundlich und misstrauisch und beobachtete uns scharf, damit wir nichts klauten. Manchmal musste man spontan etwas helfen, ein paar schwere Kisten rumtragen und einmal gab sie mir eine Tüte mit leeren Flaschen mit, die ich entsorgen sollte. Also wirklich kurios alles. Aber auch schön.

    In dem Laden gab es alles und nichts, eine höchst zufällige Auswahl von Waren auf kleinster Fläche. Wobei gegen den Laden von Clara in Oberschondorf, war er eh riesig. Peter Reitls Schumann nebenan wirkte aber wie ein Supermarkt dagegen, war hell und freundlich und meistens ließ man den Raffler deshalb links liegen. Es gab ja auch direkt daneben noch einen Metzger und einen Bäcker. Der Supermarkt war sozusagen verteilt um den Leibl Platz. Aber es gab irgendwelchen Alkohol beim Raffler und der alte Herr hatte keinerlei Tendenzen sich Gedanken darüber zu machen, wie alt die Käufer waren (im Gegensatz zu Peter Reitl) – also gingen wir dahin.

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