Kultur + Container = Kultainer

Die Gleichung ist recht einfach: Ein Container, in dem Kultur produziert wird, ist ein Kultainer. Ob so etwas auch in Schondorf einige Wochen stehen soll, entscheidet der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am 24. März 2021. Die Kultainer organisiert der sehr rührige Landsberger Verein dieKunstBauStelle (https://diekunstbaustelle.de/project/kultainer-mobile-medienstudios-fuer-den-laendlichen-raum/). In dessen Beschreibung sind die stählernen Arbeitsräume „mobile Medienstudios für den ländlichen Raum“.

Mobile Medienstudios

Die vier Kultainer am Ammersee

Insgesamt gibt es vier dieser Arbeitsräume. Eingerichtet sind sie als Tonstudio, Filmstudio, Redaktionsbüro und Grafikarbeitsplatz. Welche und wie viele der Container man zeitweise aufstellen möchte, kann jeder Ort selbst entscheiden. Die Kosten trägt die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Die Gemeinden müssen nur für einen Stellplatz und die Infrastruktur sorgen, also Strom und Internetanschluss. Im Landkreis Landsberg machen bereits Dießen, Kaufering, Fuchstal und Geltendorf mit. Schondorf hat jetzt die Gelegenheit, sich für die Aufstellung der Kultainer zu bewerben.

Geschichte entdecken

Die Kultainer bieten die Ausrüstung, um die eigene Geschichte vor Ort zu erforschen. Wie hat sich Schondorf im Lauf der Jahrzehnte verändert? Welche Dokumente gibt es noch aus alter Zeit (Historische Filme aus Schondorf)? Was erzählen Zeitzeugen darüber, wie es früher war? Welche künstlerischen Spuren gibt es hier zu entdecken? Was dabei herausgefunden wird, kann auf verschiedenste Art dokumentiert werden: als Video oder Bildergalerie, als Podcast oder Audiotour, als Online-Zeitung oder als interaktive Landkarte.

Abriss der Gärtnerei Dumbsky in Schondorf am Ammersee

Ich finde das eine ausgezeichnete Gelegenheit, uns unserer Geschichte zu erinnern und sie für zukünftige Generationen aufzubewahren. Zugegeben, dafür bräuchte es nicht unbedingt „mobile Medienstudios“. Ein Handy und ein ordentliches Kondensatormikrofon würden wahrscheinlich auch reichen. Aber es ist wie so oft im Leben, es braucht einen konkreten Anstoß.

Erinnerung lebendig halten

Es wird oft darüber gesprochen, „man müsste mal“ die Geschichte und die Veränderung Schondorfs dokumentieren, solange die Zeitzeugen noch leben. Aber bislang hat es noch niemand angepackt. Den nötigen Anstoß können jetzt die Kultainer geben. Bei den ersten Vorbesprechungen haben der Senioren-Beirat, der Schondorfer Kreis und auch das Jugendhaus spontan ihre Mitarbeit zugesagt. Ich hoffe, dass auch andere Institutionen mitmachen. Der Heimatverein D’Kirchseer, die Freiwillige Feuerwehr, der TSV oder die Schützengesellschaft Diana können sicher viel über Schondorfs Geschichte erzählen.

Die Kultainer können aber auch die Jugend mit an Bord bringen, beispielsweise über die Wolfgang-Kubelka-Realschule oder über das Landheim Schondorf. Für die Jugendlichen ist es sicher viel cooler, Interviews oder Videos zu Schondorfs Geschichte in einem Container zu machen, als in einem langweiligen Klassenzimmer.

LandsbergHistory App

LandsbergHistory App
Landsberg in der BerlinHistory App

Was mir an dem Projekt besonders gut gefällt ist, dass die gesammelten Informationen auch sehr einfach öffentlich geteilt werden können. Es nützt ja nichts, die eigene Ortsgeschichte zu dokumentieren, wenn hinterher niemand die Ergebnisse sieht. Bei den Kultainern gibt es dafür eine Smartphone App. Bereits realisiert ist sie als BerlinHistory App (https://www.berlinhistory.app/). Analog dazu könnte man schnell eine LandsbergHistory App aufbauen und mit Inhalten füllen.

Wie das aussehen könnte, kann man übrigens jetzt schon in der Berliner Version sehen. Nach dem Start zeigt die App natürlich erst einmal Berlin. Man kann die Landkarte aber beliebig zoomen und verschieben. So kann man sich nach Landsberg bewegen, und sieht dort tatsächlich auch schon ein paar Einträge. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was sein könnte, auf die Möglichkeiten, unsere eigene Geschichte lebendig zu erhalten.

3 Gedanken zu „Kultur + Container = Kultainer“

  1. Mein Name ist Annemarie Apadula, geb. Heckel. Bin jetzt 81 Jahre alt und wohne immer noch an der gleichen Stelle in Dießen, an der seit 1594 nachgewiesen H a f n e r (heute Keramiker) ihr Handwerk betrieben. Meine Verwandtschaft zu diesen Menschen ist nicht geradlinig. Zu damaligen Zeiten aber war der Handwerksbetrieb an einer bestimmten Stelle im Ort festgelegt. Sollte der Besitzer sich verändern, mußte das Handwerk am selben Ort weiter betrieben werden.So kam es, dass z.B. der Hafner verstarb und die Witwe sich wieder mit einem Hafner verheirateten mußte, damit der Betrieb an diesem Ort weiterlief. Seit 1729 ist meine Verwandtschaft nachgewiesen bis zu meinem Großvater Georg Beck, der als Letzter an dieser Stelle in der Prinz-Ludwig-Str. Hafnerwaren hergestellt hatte und 1933 verstorben ist. 1964 hat mein Onkel Thomas Beck mit meinem Mann Enrico Apadula die Reste einer Ständerbohlenwand zu unserer Nachbarschaft auf der Nordseite unseres Hauses mit einer Ziegelsteinmauer ersetzt und nach und nach mehrere Wasserstellen im Haus (z.B. Wasserclosett und Bad) installiert. Ich könnte Geschichten von einem alternativen Leben erzählen.

    Antworten
    • Vielen Dank für diesen Beitrag, der zeigt, dass es lebendige Geschichten im Ort gibt, die es wer sind, aufbewahrt und weitererzählt zu werden. Gerne werde ich das an die Initiatoren der Kultainer in Dießen weiterleiten.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar