Bezahlen für den Großen Lauschangriff

Mit der Dummheit der Menschen lässt sich gut Geld verdienen. Das bezieht sich jetzt nicht ausdrücklich auf den Ammersee, aber natürlich leben auch hier Kunden von Google, Amazon, Apple, Samsung oder Microsoft.
Alle diese Firmen arbeiten an Systemen zur totalen Überwachung der Privatsphäre, und alle versprechen sich satte Gewinne davon.

Bild eines LautsprechersHome hört mit

Aktuell ist es Google, das gerade sein System Home präsentiert hat. Home ist eine Kombination aus Lautsprecher und Mikrophon, das per WiFi mit dem Heimnetzwerk verbunden wird. Dann kann man Home Fragen stellen, und per Sprachbefehl verbundene Geräte wie Fernseher, Stereoanlage, Lampen oder Rollos steuern.
Aktiviert wird es über das Sprachkommando „OK Google“. Damit das funktioniert, muss Google Home logischerweise ständig mithorchen, sonst wüsste das Gerät ja nicht, wann der Befehl gesprochen wird.

Großer Lauschangriff 2016 

Ich musste spontan an die Diskussion um den sogenannten Großen Lauschangriff denken. Der wurde in Deutschland erstmals 1998 eingeführt. Die Polizei darf nach richterlicher Erlaubnis die Wohnung von Tatverdächtigen abhören.
Die folgende Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme dauerte 15 Jahre und führte 2004 zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Richterspruch schränkte die Möglichkeiten zur Überwachung der Privatsphäre ein, wodurch das Gesetz dann 2005 seine endgültige Form bekam. Die Regeln sind so streng, dass die akustische Wohnraumüberwachung – wie es korrekt heißt – nur etwa zehn Mal im Jahr von Richtern angeordnet wird.

Für das Abhören bezahlen

Da haben Google und Konsorten natürlich ganz andere Dimensionen im Kopf, und auch das Bundesverfassungsgericht wird vermutlich nicht gefragt werden. Außerdem sollen die Bürger es nicht nur akzeptieren, dass sie rund um die Uhr belauscht werden, sie sollen auch noch dafür bezahlen. Rund US$ 130 wird Google Home kosten.
Und darauf sollen sich die Kunden einlassen?

Konsumenten ignorieren die eigenen Bedenken

Anyway, consumers say that they are concerned about privacy but in general they usually don’t act on those concerns„, sagte Brian Blau vom Marktforschungsunternehmen Gartner bei der Vorstellung von Google Home. Übersetzt in etwa: „Die Konsumenten haben zwar Bedenken bezüglich ihrer Privatsphäre, aber generell handeln sie nicht entsprechend dieser Bedenken“.
Oder anders ausgedrückt: Auf die Dummheit der Menschen kann man sich verlassen.

P. S. Ich bin mir schon der Ironie bewusst, dass ich diesen Beitrag ausgerechnet auf Blogger schreibe, einer Plattform der Firma Google.

P. P. S. Das Thema künstliche Intelligenz noch etwas weiter gedacht: Ist mein Leben der Traum einer Maschine? Ein Essay von Agnieszka Zimolag auf Networkcultures. Gefunden (natürlich) bei Piqd.

1 Gedanke zu „Bezahlen für den Großen Lauschangriff“

  1. Bei mir ist es so, dass ich die "Augen" unserer neuen Heizkörper-Ablesegeräte zugeklebt habe, weil ich mir nicht sicher bin, ob die nicht nur zum Ablesen dienen, sondern mich auch beobachten.
    Ich gebe zu, dass mein Verhalten unter den Begriff "neurotisch" fallen könnte, aber da auch das "Auge" meines Computerbildschirms mich beobachten kann, fühle ich mich mit zugeklebten Geräten besser.
    P. S.: Als ich vor vielen Jahren "1984" gelesen habe, dachte ich, was für eine irre Zukunftsbeschreibung. Inzwischen hat die Realität die Phantasie des Autors längst überholt …

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