Ein Jugendstil-Kleinod

Selber hätte ich es gar nicht entdeckt, aber glücklicherweise habe ich zufällig den Künstler Andreas Kloker (http://www.andreaskloker.de/) getroffen. Er hat vor kurzem den Briefkasten am Gradl-Haus in der Seestrasse erneuert. Dieser Briefkasten ist, wie das ganze Haus, ein Jugendstil-Kleinod. Ich bin jetzt mal in die Seestrasse spaziert, um ihn mir genauer anzusehen.

Briefkasten am Gradl-Haus

Briefkasten am Gradl-Haus

Das Haus in der Seestrasse ist heute denkmalgeschützt und ich habe es unter Historischer Spaziergang durch Schondorf schon einmal erwähnt.

Wie es für den Jugendstil typisch ist, hat Max Joseph Gradl alle Details an diesem Haus sorgfältig entworfen. Natürlich konnte man für die Post nicht einfach eine schnöde Blechkiste an das Tor hängen. In die Mauer eingelassen ist das Metallrelief eines Kopfes, dessen Mund den Briefschlitz bildet.

Das erinnert etwas an den berühmten Bocca della Verità in Rom. Bei diesem Brunnen wird einem die Hand abgebissen, wenn man nicht die Wahrheit sagt. Droht am Gradl-Haus den Briefzustellern der Verlust der Finger, falls unerwünschte Schreiben wie Rechnungen oder Mahnungen eingeworfen werden?

Dieser Briefkasten kam irgendwann in den 80er Jahren abhanden. Nun hat ihn Andreas Kloker nach alten Darstellungen rekonstruiert. Im Moment glänzt das Metall noch etwas auffällig, aber das wird sich sicher bald der Patina des Hauses anpassen.

Das Gradl-Haus in Schondorf am Ammersee
Das Gradl-Haus in der Schondorfer Seestrasse

Wer übrigens wissen möchte wie es in dem Haus drinnen aussieht, sollte sich den Fernsehfilms „Zimmer mit Tante“ ansehen. Die Innenaufnahmen wurden größtenteils im Gradl-Haus gedreht: https://youtu.be/53UEh6f-qyw

Die Künstlerfamilie Gradl

Max Josef Gradl hat als Architekt das Erscheinungsbild von Schondorf entscheidend geprägt. Er gestaltete nicht nur das Gradl-Haus in der Seestrasse sondern auch eine Reihe anderer Villen im Ort. Es war die Zeit, als sich Unterschondorf vom unbedeutenden Fischerdorf zu einem schicken Refugium für stadtmüde Künstler entwickelte.

Andreas Kloker hat mir dann über andere Mitglieder der Familie Gradl erzählt, die ebenfalls künstlerisch tätig waren. Mir schwirrte aber schon nach kurzer Zeit der Kopf bei dem Versuch, Max, Otto, Eugen, Hermann, den Älteren und den Jüngeren auseinander zu halten. Ich muss ihn da nochmal danach fragen.

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