Urbanes Baugebiet. Der Begriff klingt großstädtisch. Ich denke da an Bankentürme und Parkgaragen, Shisha-Bars und Handy-Shops. Brauchen wir so etwas in Schondorf? Das haben sich auch etliche Mitglieder des Gemeinderats gefragt, als das Thema neulich auf der Tagesordnung stand. Dabei meint urbanes Baugebiet etwas ganz anderes.
Urbanes Baugebiet
Ralf Müller, Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Schondorf, hat die Besonderheiten eines urbanen Baugebiets im Gemeinderat ausführlich erklärt. Mir schwirrte aber vor lauter Fachbegriffen schnell der Kopf. Deshalb habe ich mich später im Internet schlau gemacht: https://de.wikipedia.org/wiki/Urbanes_Gebiet
Die Kategorie Urbanes Gebiet wurde 2017 neu in die Baunutzungsverordnung eingeführt. Es beschreibt ein Gebiet, in dem Wohnungen, Gewerbebetriebe, soziale und kulturelle Einrichtungen untergebracht sind. Im Gegensatz zum Wohngebiet erlaubt das urbane Gebiet etwas höhere Grenzwerte für die Schallemission. Gasthäuser und Biergärten leben dann nicht mit der ständigen Bedrohung, von lärmempfindlichen Nachbarn verklagt zu werden.
Die Konvexität
Schondorf möchte das Areal um Bahnhof und Rathaus als Urbanes Baugebiet ausweisen. Es geht in etwa um den Bereich von der Feuerwehr bis zu der Stelle, wo die Uttingerstraße wieder neben den Gleisen verläuft, also die konvexe Fläche zwischen Bahnlinie und Staatsstraße (Fans des Romans Infinite Jest von David Foster Wallace können sich darüber streiten, ob man es eine Konvexität oder Konkavität nennt).
Hier gibt es auch jetzt schon die Mischung, für die der Begriff des urbanen Baugebiets geprägt wurde. Da sind Wohnungen, Gewerbe und Gasthäuser. Hier sind auch die Verwaltung, kulturelle (Bücherei) und soziale Einrichtungen (JuZe). Ich finde es durchaus sinnvoll, diese Vielfalt in der Bauleitplanung festzuschreiben, um sie für die Zukunft zu erhalten.
Der erste Anlauf in diese Richtung ging allerdings daneben. Die Zielvorgabe war wohl etwas unglücklich formuliert, und so klagte ein Anwohner erfolgreich dagegen. In einem neuen Versuch soll jetzt klarer dargestellt werden, dass ein urbanes Baugebiet an dieser Stelle den Ortscharakter nicht verändert, sondern bewahrt und entwickelt.
Was ist urban?
Bei der Beschäftigung mit dem Thema ist mir aufgefallen, dass der Begriff „Urbanes Baugebiet“ eigentlich irreführend ist. Der urbane Raum in unseren Städten ist ja üblicherweise streng aufgeteilt: hier die Wohngebiete, dort die Einkaufsstraßen, hier die Büroblöcke, dort das Vergnügungsviertel. In einem Dorf dagegen ist es normal, dass das alles nicht getrennt, sondern bunt gemischt ist. Hier standen immer schon Wohnhäuser, Läden, Handwerker, Kirchen und Wirtshäuser direkt nebeneinander. Das sogenannte urbane Baugebiet ist eigentlich eine typisch dörfliche Idee.
So betrachtet, passt ein urbanes Baugebiet recht gut in die Schondorfer Ortsmitte. Wohnungen, Gasthäuser, Gewerbe und soziale Einrichtungen haben wir dort schon. Wenn jetzt noch das Projekt Schondorfer Bürgerbräu verwirklicht wird (Hopfen und Malz), dann hätten wir sogar das Handwerk mit dabei.