Letzte Dinge

Auch wenn wir den Gedanken oft verdrängen, ist es doch eine unbestreitbare Tatsache: Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden wir diese Welt verlassen. Dass man aus dem Thema Tod kein Tabu machen muss, zeigen aktuell gerade die beiden Künstler Andreas Kloker und Axel Wagner mit der Ausstellung Der Sarg im raumB1 in Utting am Ammersee.

Der raumB1 in Utting

Die winzige Galerie raumB1 neben dem Uttinger Bahnhof hat sich inzwischen zu einem der interessantesten Ausstellungsräume der Ammerseeregion entwickelt (http://raumb1.de/). Betreiber Harry Sternberg schafft mit seinem Ausstellungsprogramm eine ganz eigene Mischung. Hier findet man sowohl junge Talente und als auch etablierte Kunstschaffende. Es gibt Rückblicke auf fast Vergessenes und experimentierfreudige Projekte. In letztere Kategorie gehört die aktuelle Schau Zeit Ist. (Prolog) – Der Sarg.

Andreas Kloker arbeitet an der Ausstellung Der Sarg im raumB1
Andreas Kloker bei der Arbeit an „Der Sarg“

Die beiden Künstler Andreas Kloker und Axel Wagner haben dafür jeweils ihren eigenen Sarg gebaut. Das Ergebnis kann man ganztägig durch die großen Schaufenster der Galerie betrachten.

Andreas Kloker

Den Schondorfer Andreas Kloker kennt man hauptsächlich durch seine Elementarzeichnungen und seine Raum- und Fassadeninstallationen. In seinem Schondorfer Atelier in der Bahnhofstraße sind zurzeit seine Attraktionsskulpturen im Skriptorium zu sehen.

Charakteristisch für seine Arbeit ist, dass der Prozess des Entstehens meistens genauso wichtig ist wie das fertige Ergebnis (https://andreaskloker.de/). So ist das auch bei der letzten Ruhestätte, die er für sich gezimmert hat. Gezimmert ist wahrscheinlich nicht ganz richtig, denn der Holzsarg von Andreas Kloker hat keine Nägel, Dübel, Schrauben oder Leim.

Der Künstler Andreas Kloker aus Schondorf am Ammersee
Andreas Kloker

Mit Axt, Kettensäge und Hobel hat er den Stamm einer Pappel ausgehöhlt und in die gewünschte Form gebracht. Eine Arbeit, für die sich Kloker viele Wochen Zeit genommen hat. Zeit, während der er intensiv über das Thema nachdenken konnte: „Wer an seinem Sarg baut, lebt noch. Es ist ein Raum entstanden für Gedanken. Noch ist es ein Kunstraum, ein Gedankenraum.“

Axel Wagner

Auch Axel Wagner (https://axelwagner.de/) ist bei uns in Schondorf bestens bekannt. Letztes Jahr konnte er hier im studioRose über mehrere Monate hinweg sein Projekt Die Höhle realisieren (Erhöhlung). Wie sich einige vermutlich erinnern, war diese Höhle vollständig aus Pappkartons aufgebaut.

Axel Wagner arbeitet an der Ausstellung Der Sarg im raumB1
Axel Wagner arbeitet an „Der Sarg“

Auf genau dieses Material greift er nun auch für seinen Beitrag zu Der Sarg im raumB1 zurück. Aus den Resten der abgebauten Höhle hat er einen „letzten Karton“ für sich gebaut. Das ist auch thematisch sehr schlüssig. Bei der Schondorfer Höhlen-Installation ging es auf psychologischer Ebene vor allem um Werden und Entstehen. Nun verwendet Wagner dasselbe Material, um das Ende dieses Lebenszyklus darzustellen.

Die Ausstellung im raumB1 bietet also nicht nur einen spannenden Kontrast in den verwendeten Materialien, sondern auch in der Herangehensweise an das Thema. Sicher eine Inspiration, um einmal selber über diese letzten Dinge nachzudenken.

Ausstellung Der Sarg

18. März bis 19. April 2022
raumB1
Bahnhofplatz 1
Utting am Ammersee
Die Ausstellung ist ganztägig durch die Schaufenster der Galerie zu sehen
http://raumb1.de/

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