Ruhen unter Bäumen

In der Natur fühle ich mich wohl. Deshalb möchte ich auch nach meinem dereinstigen Ableben nicht auf der Parzelle eines Friedhofs enden. Viel lieber möchte ich in der Natur bleiben, am besten hier in der Gegend. So etwas geht auf einem Waldfriedhof, und tatsächlich gibt es seit neuestem die Möglichkeit einer Baumbestattung am Ammersee.

Der Naturfriedhof

Am 10. Oktober 2022 war die offizielle Eröffnung des Naturfriedhofs Ammersee (https://www.naturfriedhof-ammersee.de/). Zugegeben, er liegt nicht direkt am See, sondern in Painhofen, das zu Greifenberg gehört. Das ist nicht weit vom Ammersee entfernt, und hat außerdem einen strategischen Vorteil: Nach einer Beisetzung kann man nebenan beim Wangerbauer (https://wangerbaur.de/) zum Leichenschmaus einkehren. Da wird der traurige Anlass gleich viel leichter erträglich.

Überhaupt finde ich, dass die Möglichkeit einer Baumbestattung am Ammersee den Gedanken an eine Beerdigung irgendwie leichter erträglich macht. Deshalb habe ich mir den neu angelegten Waldfriedhof bei der Einweihung angesehen.

Eine Übersichtskarte zeigt, welche Bäume als letzte Ruhestätte dienen Baumbestattung am Ammersee
Übersichtskarte des Naturfriedhofs Ammersee

Nichts Gruseliges

Man sagt uns Österreichern ja gerne einen gewissen Hang zum Morbiden nach. In welchem anderen Land könnte ein Lied mit dem Titel Es lebe der Zentralfriedhof zum Hit werden?

Es war trotzdem das erste Mal, dass ich zur Eröffnung eines Friedhofs gegangen bin. Das war gar nicht trübselig oder gruselig, sondern durchaus interessant. Ich weiß jetzt, dass in Deutschland der erste Bestattungswald 2001 in Kassel errichtet wurde. Diese Art der Beisetzung fand immer mehr Anhänger, und mittlerweile gibt es anscheinend über 200 solcher Waldfriedhöfe.

Maximilian von Perfall und Greifenbergs Bürgermeisterin Patricia Müller pflanzen einen Baum auf dem Naturfriedhof Ammersee
Maximilian von Perfall und Bürgermeisterin Müller pflanzen einen Baum auf dem Naturfriedhof

Jetzt ist die Möglichkeit der Baumbestattung auch am Ammersee angekommen. Initiator des Naturfriedhofs in Painhofen ist Familie von Perfall aus Greifenberg. Sie hatte die Idee und hatte praktischerweise auch das passende Waldstück dafür. So wurde die Wald- und Naturfriedhof Greifenberg GmbH gegründet, die sich um die Pflege des Areals kümmert. Träger ist die Gemeinde Greifenberg über ihre Friedhofsverwaltung.

Unter Buchen, Eichen und Ahornen

Es ist ein ausgesprochen schöner Wald, mit vielen alten Buchen, Eichen und Ahornen, zwischen denen auch ein paar Findlinge liegen. Durch die Bäume führen gepflegte Wege. Auf den ersten Blick fällt es gar nicht auf, dass man durch eine Begräbnisstätte spaziert. Erst in der Mitte des Areals stößt man auf die überdachte Andachtsstelle für die Trauerfeiern.

Baumbestattung am Ammersee. Die Andachtsstelle im Bestattungswald bei Painhofen
Die Andachtsstelle im Bestattungswald

Irgendwann bemerkt man dann auch die kleinen, nummerierten Plaketten an manchen Bäumen. Sie geben an, unter welchem Baum sich welche Grabstelle befindet. Damit man nicht stundenlang suchend durch den Wald läuft, gibt es am Eingang eine Übersichtskarte mit der Lage der jeweiligen Grabnummer.

Ein Ende ohne Schrecken

Wie gesagt, finde ich nichts Gruseliges an einem Bestattungswald. Irgendwann geht unser Leben zu Ende, und diese Tatsache muss man nicht verdrängen. Wie man sich ruhig und auch mit einer Prise Humor damit auseinandersetzen kann, haben beispielsweise die Künstler Andreas Kloker und Axel Wagner gezeigt. Beide haben sich einen Sarg nach ihren ganz persönlichen Vorstellungen gebaut (Letzte Dinge).

Axel Wagner arbeitet an der Ausstellung Der Sarg im raumB1
Axel Wagner arbeitet an „Der Sarg“

Für eine Baumbestattung am Ammersee wären deren Särge allerdings nicht geeignet. In dem Naturfriedhof bei Painhofen werden nämlich nur Urnen beigesetzt. Schließlich soll der Waldboden möglichst wenig geschädigt und nicht ständig umgegraben werden.

Baumbestattung am Ammersee

Ich stelle mir das friedlich vor, am Ende meiner Tage unter Bäumen zu ruhen. Dereinst wird für meine Urenkel der Besuch am Friedhof keine lästige Pflichtaufgabe sein. Im Gegenteil, sie werden ein fröhliches Wettrennen veranstalten, wer den Bestattungsbaum als Erstes findet. Und ich werde ihnen aus dem Wurzelwerk des Bodens dabei lächelnd zuschauen.

Baumbestattung am Ammersee: Die Grabstellen sind mit einer schlichten Plakette versehen
Über die Baumnummer lassen sich die Grabstellen finden

Die Kosten für eine Baumbestattung liegen bei etwa € 10,- pro Monat aufwärts. Ich finde, das darf meinen Kindern und Enkeln das Vergnügen wert sein, dass sie im Bestattungsbaum ihres Ahnen herumturnen können.

Über die Baumbestattung am Ammersee kann man sich bei wöchentlichen Führungen informieren. Diese finden bis Ende Dezember jeweils mittwochs um 10:00 Uhr statt. Näheres dazu auf der Website des Naturfriedhofs unter https://www.naturfriedhof-ammersee.de/fuehrungen-und-termine/.

3 Gedanken zu „Ruhen unter Bäumen“

    • Diese Reerdigung denkt den Bestattungsprozess noch einmal einen Schritt weiter. Der Gedanke, als Humus weiterverwendet zu werden, ist für mich allerdings noch etwas gewöhnungsbedürftig.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar