Seit 20. Januar präsentiert die kleine Uttinger Galerie raumB1 (http://raumb1.de/) die Multimedia-Installation Fragments#02 Locked out / Locked in. Geschaffen hat sie der Schondorfer Künstler Joerg Staeger zusammen mit dem Münchner Komponisten Markus Muench.
Der raumB1 in Utting
Ich freue mich richtig, dass endlich wieder ein Schondorfer Künstler im raumB1 ausstellt, und ich deshalb guten Gewissens hier im Schondorf.Blog darüber schreiben kann. Mir ist die Mini-Galerie neben dem Uttinger Bahnhof nämlich äußerst sympathisch. Es ist wirklich erstaunlich, was für ein abwechslungsreiches, hochkarätiges Programm Initiator Harry Sternberg im ehemaligen Uttinger Fremdenverkehrsbüro bietet (Ein Tassilo für Harry).
Der Multimedia-Künstler Joerg Staeger
Dieses Mal ist es also Joerg Staeger, der speziell für diesen Ausstellungsraum die Videoinstallation Fragments#02 konzipiert hat (https://joerg-staeger.de/). Staeger studierte grafische Gestaltung, Fotografie und Malerei in Stockholm und Berlin. Schon früh wandte er sich den Möglichkeiten der digitalen Techniken zu, und gründete 1994 ein Studio für 2D/3D Grafik und Animation.
Seither verwirklichte er eine Vielzahl von Multimediaprojekten in den Bereichen Theater, Performance und Installation, darunter auch die Video-Oper Mystery zusammen mit der Komponistin Helga Pogatschar. Heute lebt Joerg Staeger abwechselnd am Ammersee und in den Rocky Mountains. Dort, in der Bergwelt New Mexicos, sammelte er auch das Material für die Multimedia-Installation Fragments#02, die jetzt in Utting zu sehen ist.
Multimedia im Schaufenster
Der Bildteil von Fragments#02 besteht aus Zeitraffer- und Makro-Aufnahmen aus der Natur. Am Anfang der rund viertelstündigen Videoprojektion sind noch recht deutlich über den Himmel ziehende Wolken zu erkennen. Später werden die Aufnahmen immer rätselhafter. Sind das Lichtreflexe auf dem Wasser, oder die verschränkten Photonen der Quantentechnologie? Sehen wir die Synapsen in einem Gehirn, oder das verflochtene Wurzelnetz einer Pflanze?
Zu sehen ist das Ganze durch das große Schaufenster des raumB1. Fünf synchronisierte Projektoren werfen die Bilder auf zwei Leinwänden an der Rückseite, und drei im Raum hängende, durchscheinende Folien. Dadurch überlagern sich die Videos zu ständig wechselnden Eindrücken.
Für Fragments#02 hat sich Staeger mit dem Komponisten Markus Münch zusammengetan. Auch Münch hat das Material für seine Komposition in der Natur gesammelt. Es sind die Geräusche von Wind, Wasser und Tieren, die Münch digital verfremdet und zu einer Klangcollage zusammensetzt. Teilweise untermalen die Töne die Bilder des Videos, teilweise bilden sie einen bewussten Kontrast.
Das Rhizom
In der Beschreibung des Projektes bezieht sich Staeger auf das Konzept des Rhizom. Diesen Begriff aus der Pflanzenwelt haben die französischen Philosophen Gilles Deleuze und Félix Guattari in die Geisteswissenschaft eingeführt.
Im Gegensatz zu Baum- oder Wurzelstrukturen, sind Rhizome nicht hierarchisch strukturiert. In diesem Geflecht sind alle Verästelungen gleichberechtigt, und die Bedeutung entsteht aus den wechselseitigen Verknüpfungen. Damit haben Deleuze und Guattari schon 1977 die Prinzipien des Internets und der sozialen Netzwerke vorweggenommen.
Diese Idee greift Staeger mit Fragments#02 auf. Das Video erzählt keine lineare Geschichte, sondern wirkt durch die oft überraschenden Verknüpfungen von Bildern und Tönen. Man begibt sich in ein Geflecht von Eindrücken, in dem es keine richtige oder falsche Interpretation gibt.
Ich fand die Videoinstallation jedenfalls ausgesprochen anregend und war überrascht, wie kurzweilig diese Viertelstunde voller Bilder und Tönen war.
Joerg Staeger: Fragmets#02
20. Januar bis 23. Februar 2023
jeweils Donnerstag bis Sonntag, 17:00 – 22:00 Uhr
raumB1, Bahnhofsplatz 1
Utting am Ammersee
http://raumb1.de
Vielen lieben Dank für den wunderbaren Artikel und liebe Grüße aus Utting nach Schondorf.