Mei Ruah will i ham

Schon zu allen Zeiten gab es Leute, die nichts als nur ihre Ruhe haben wollten. Über die letzten Jahre hat sich das aber zu einem regelrechten Schlachtruf entwickelt. Bei allen möglichen Gelegenheiten fühlen sich Einzelne in ihrer Ruhe gestört. Sie klagen dann gegen Kuh- und Kirchturmglocken, gegen das Gackern von Hühnern und das Lachen von Kindern. Jetzt bringt eine solche Klage in Utting die Seebühne und den Summermarkt in Gefahr.

Seebühne und Summermarkt in Gefahr

Mit Klagen wegen Lärmbelästigung haben wir auch in Schondorf unsere Erfahrungen. Das KuBa am Bahnhof liegt meines Wissens deshalb in einem zähen Streit mit einem Anwohner. Das Sammerseefestival musste wegen Beschwerden einiger Anwohner in das Sportgelände ausweichen, auch wenn es heuer zumindest als halbtägige Veranstaltung wieder am Ammersee stattfinden konnte (Sammersee wieder am See).

Schondorfer Neujahrsschiessen 2019
Zu laut: Traditionelles Böllerschießen am Ammersee

Zuletzt erwischte es unser traditionelles Böllerschießen zu Neujahr. Hier waren es allerdings nicht die Nachbarn, sondern die Naturschutzbehörde, die den Lärm als unzumutbar für die Wasservögel einstufte (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/utting-schondorf-silvester-feuerwerk-ammersee-1.6305455).

Oft genug sind es aber nicht die Behörden, sondern die Anwohner, die dafür auf die Barrikaden gehen, 365 Tage im Jahr ihre Ruhe zu haben. Nicht selten sind es Leute, die erst vor kurzem direkt neben die jetzt als störend empfundene Lärmquelle gezogen sind. Kein Wunder, dass die Einheimischen manchmal skeptisch auf uns Zuagroaste schauen.

Drohung mit einstweiliger Verfügung

Aktuell sind die Seebühne und der Summermarkt in Utting unter juristischem Beschuss. Ein im weiteren Umfeld lebender Anwohner hat den Betreibern über seine Anwälte wohl ein 40-seitiges Schreiben geschickt, in dem er mit einer einstweiligen Verfügung wegen Lärmbelästigung droht (https://www.merkur.de/lokales/landsberg-kreisbote/utting-summermarkt-seebuehne-aus-einstweilige-verfuegung-anwohner-laerm-park-92840323.html).

Sammersee Benefiz Festival 2018
Ist ein Wochenende Musik am See schon zu viel?

So eine einstweilige Verfügung ist für einen Veranstalter der Super-GAU. Man verbringt Monate mit Organisation, Proben, Bühnenbau und allerlei bürokratischem Kleinkram, und kurz vor dem Start wird die Veranstaltung dann per einstweiliger Verfügung abgesagt. Die ganze Arbeit war dann für die Katz.

Aber wir leben doch in einem Rechtsstaat

„Aber wir leben doch in einem Rechtsstaat“, höre ich jetzt einige einwenden. Das stimmt natürlich. Letztlich entscheiden Gerichte, ob die vorgebrachten Einwände stichhaltig sind. Aber das kann sich ganz schön hinziehen. Und bis dorthin muss viel Zeit, Geld und Nerven investiert werden. Man braucht Anwälte, Fachleute, Gutachten, und die kosten natürlich Geld. Ein finanziell gut gestellter Kläger kann das lange durchhalten und darauf setzen, dass den Veranstaltern irgendwann das Geld ausgeht.

Wobei man hier unterscheiden muss: Große Agenturen, die Konzerte für Rammstein oder Taylor Swift veranstalten, halten das wahrscheinlich durch. Die haben eigene Rechtsabteilungen und der Gewinn aus dem Ticketverkauf finanziert auch langwierige Rechtsstreitigkeiten.

Die Ehrenamtlichen unter Beschuss

Bei kleinen, ehrenamtlichen Veranstaltern sieht das anders aus. Die stecken ihr Herzblut in das Projekt und sind meistens schon froh, wenn am Ende eine schwarze Null übrigbleibt. Die haben nicht den langen Atem um das durchzustehen. Ehrlich gesagt, ich hätte ihn auch nicht. Wenn ich etwas nur aus Begeisterung organisiere, dann schieße ich mein Geld nicht auch noch in Anwalts- und Prozesskosten. Dann würde ich den Krempel einfach hinschmeißen.

Dießener Alphornbläser auf dem Schondorfer Christkindlmarkt
Wahrscheinlich könnte man auch gegen den Christkindlmarkt wegen Lärmbelästigung klagen

Und genau da liegt das Problem. Es geht ja nicht nur um die Seebühne und den Summermarkt, die jetzt in Gefahr sind. Wer soll denn überhaupt noch einen Weihnachtsmarkt, einen Kinderfasching, ein Schützenfest organisieren, wenn ihn das am Ende jede Menge Scherereien und Geld kostet? Dieses egoistische „mei Ruah will i ham“ gefährdet die lebendigen Dorfgemeinschaften, die wir zum Glück noch haben.

Online Petition und Spendenaktion

Was kann man also tun? Leider erschreckend wenig. Ich weiß, dass die Gemeinde Utting fest hinter Seebühne und Summermarkt steht. Aber sie kann verwaltungsrechtlich nichts ausrichten, sie muss sich an die gültigen Gesetze halten.

Würde es eine Crowd-Fündig-Aktion geben, um die Veranstalter finanziell in ihrem Rechtsstreit zu unterstützen, ich wäre sofort dabei. Aktuell gibt es aber nur

Aktualisierung 27. 2.
Dank der zahlreichen Rückmeldungen und Kommentare weiß ich jetzt, dass man den Organisatoren ganz praktisch helfen kann. Auf Gofundme gibt es eine Spendenaktion Rettet den Summermarkt in Utting um bei der kostspieligen juristischen Auseinandersetzung zu helfen: https://gofund.me/07287c57

Zusätzlich kann man zur moralischen Unterstützung auf openPetition eine Petition Rettet den Summermarkt und die Seebühne in Utting unterschreiben: https://www.openpetition.de/petition/online/rettet-den-summermarkt-und-die-seebuehne-in-utting

Ansonsten kann ich auf Friedhofsruhe bedachten Menschen nur raten: zieht nicht an den Ammersee. Hier ist es für euch viel zu laut, fröhlich, bunt und gesellig. Es gibt aber Wohnmöglichkeiten, die euren Ansprüchen viel besser gerecht werden: https://www.mz.de/leben/wohnen-leben-in-alten-bunkern-3156645

6 Gedanken zu „Mei Ruah will i ham“

  1. Danke, lieber Leopold Ploner und lieber Kurt!
    Es ist herzerfrischend festzustellen, dass man mit der Ablehnung dieser egoistischen Haltung eines Einzelnen gegen die kulturellen Interessen der örtlichen Gemeinschaft nicht alleine steht. In den u.a. in Utting und m.W. auch in Schondorf ausliegenden Unterschriften-Listen für den Erhalt von Summermarkt und Seebühne sowie in die gleichnamige Open Petition haben sich schon eine erhebliche Menge Bürger und Interessierte eingetragen! Danke!
    Kultur ist ein hohes Allgemeingut und nach unserem Rechtsverständnis geht Gemeinnutz vor Eigennutz, wobei berechtigte Interessen möglichst zu berücksichtigen sind. Soweit das den Printmedien zu entnehmen war, ist das seitens der Kulturschaffenden bereits geschehen.
    Ich hoffe sehr, dass die kulturelle Vielfalt unserer Gemeinden am Ammersee erhalten bleibt!

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  2. Hallo lieber Leopold,

    leider sehe ich kein Kommentarformular – aber es geht sicher auch so. Oder so – im Browser!

    Mit einigem Groll lese ich die Hemmnisse, die den diversen Aktionen im Dorf entstehen könne, wenn nur der „gute“ Nachbar es so will und auch finanzieren kann. Abgesehen davon, dass man diese oft nur egoistischen Ansinnen gar nicht genügend verabscheuen kann, man muss den Veranstaltern auch nicht mur moralisch beistehen!

    Hier sehe ich es als ureigenste Aufgabe der Gemeinden an, dass sie für Veranstaltungen, die sie ja auch genehmigt hat, die volle Rechtssicherheit für die ehrenamtlichen Veranstalter übernimmt! Das hat die Gemeinde Schondorf ja auch schon in Form von Ausfallbürgschaften so ähnlich praktiziert – Gut so!

    Denn gerade auch diese ehrenamtlich organisierten Feste, Musik- und Theaterabende, Flohmärkte, Sport- und Fitnessveranstaltungen etc. etc. geben dem Ort den Scharm eines gesunden Miteinanders – im Gegensatz zu einer langweiligen „Schlafstadt“.

    Kurt Bergmaier – Gemeinderat a.D.

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  3. Auf facebook (Ihre Frau ist ja FB) in der Ammersee-Gruppe gibt es eine Crowd-Fündig-Aktion, bei der auch gottlob schon gut gespendet wurde und die noch läuft. Super Aktion, die hoffentlich das Ziel erreeicht. Wir drücken fest die Daumen!

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