Schreiben übers Schreiben

Üblicherweise schreibe ich hier nicht über mein Blog als solches, weil ich euch nicht mit meiner Nabelschau langweilen will. Aber ich denke, einmal im Jahr ist das schon okay (1000 Blogbeiträge). Auf das Schreiben übers Schreiben bin ich durch einen Beitrag im Blog von Horst Schulte gekommen (https://horstschulte.com/). Der verwies auf eine Aktion der Texterin Anna Koschinski, die eine Blogparade zu dem Thema gestartet hat (https://annakoschinski.de/schreiben-ueber-das-schreiben-blogparade/). Blogparade bedeutet, dass mehrere Blogger zu einem Thema schreiben, und die Beiträge dann gesammelt und untereinander verlinkt werden.

Schreiben um zu hören

Es geht bei dieser Blogparade um die persönliche Motivation, Technik und andere Aspekte des Schreibens. Das mit der Motivation ist bei mir einfach. Ich schreibe hauptsächlich deswegen, um mehr zu erfahren.

Schreiben übers Schreiben: Tastatur eines Laptops
Mein Werkzeug

Natürlich habe auch ich meine Meinung zu Gaza und Ukraine, ChatGPT und Bitcoin, FC Bayern und Tour de France. Aber wen soll denn mein angelesenes Wissen aus zweiter Hand interessieren? Deswegen bleibe ich streng bei einem Thema, bei dem ich mich auskenne, nämlich meiner Heimatgemeinde Schondorf am Ammersee. Gut, bei übergeordnetem Interesse schreibe ich auch mal über die Nachbarorte Greifenberg, Utting oder Dießen. Mehr Abschweifungen erlaube ich mir aber nicht.

Bei den lokalen Themen können meine Leser und ich uns ein halbwegs fundiertes Urteil bilden. Dadurch gibt es einen Austausch auf Augenhöhe. Das ist für mich das Schönste am Bloggen, dass ich selber dadurch etwas lernen kann.

Schiller, Baudelaire und ich

Jeder Schreibende hat seine eigenen Wege, um sich zu inspirieren. Schiller brauchte den Geruch faulender Äpfel, Baudelaire brauchte Opium, und Hemingway den Krieg. Ich brauche meine morgendlichen und abendlichen Spaziergänge. Wahrscheinlich schreibe ich deshalb ein Lokalblog und keine Weltliteratur, weil mir dafür der manisch-geniale Charakter fehlt.

Blick auf den Ammersee mit dem Schondorfer Dampfersteg und den Aplen im Hintergrund
Meine Inspiration

Jedenfalls entsteht bei diesen Spaziergängen mit Blick auf den Ammersee der Großteil meiner Texte im Kopf. Die Arbeit am Laptop ist dann nur noch die Reinschrift dieser an der frischen Luft gesammelten Gedanken.

Das nimmt allerdings auch seine Zeit in Anspruch, weil manche Sätze plötzlich ganz anders wirken, wenn man sie vor sich auf dem Bildschirm sieht.

Die langweilige Arbeit des Gärtners

Wenn der Text fertig ist, kommt die langweilige Arbeit. Es ist wie beim Gärtnern. Gepflanzt ist etwas recht schnell, aber dann verbringt man die meiste Zeit mit jäten, zuschneiden, ausmisten und aufräumen. Es geht darum, Überflüssiges loszuwerden und Fehler zu korrigieren. Es sind nämlich immer Fehler im Text. Immer.

Schondorfer Gemeinschaftsgarten
Auch Geschriebenes will gepflegt werden

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, einen fertigen Text möglichst über Nacht liegenzulassen, und dann noch einmal durchzulesen. Sehr oft finde ich mit dem Abstand einer Nacht dann schiefe Formulierungen, unnötige Wiederholungen oder peinliche Tipsfähla. Irgendwann muss man aber auch sagen, dass es genug mit dem Feinschliff und den Verbesserungen ist. Sonst wird man nie fertig, so wie Baudelaire mit Le Spleen de Paris.

Der beste Tipp der Welt

Soweit meine Gedanken über das Schreiben. Einen Tipp habe ich noch. Ich weiß leider nicht mehr, wo ich ihn gelesen habe, aber ich finde ihn genial. Er gilt allerdings nur für journalistische Texte im weiteren Sinn, also Zeitungsartikel, Blogbeiträge, Pressemitteilungen usw.

Schreibe so, als ob es niemand lesen würde, denn genau das passiert in Wirklichkeit.

Das ist wahr. Nur ein Bruchteil der Menschen, die unsere Texte zu Gesicht bekommen, liest sie von Anfang bis Ende. Die überwältigende Mehrzahl liest vielleicht Überschrift und Einleitung, und schaut dann noch kurz auf die Zwischentitel und die Bilder.

Digitaler Nachlass: Was passiert nach unserem Tod mit unseren Daten
Wer soll das alles lesen?

Dazu braucht es keine Studien, das kann jeder von uns selbst nachvollziehen. Wie viele Zeitungsartikel, Posts auf X oder Facebook, Emails, Newsletter, Blogbeiträge und Meldungen in Nachrichten-Apps haben wir gestern gesehen? Und wie viele davon haben wir wirklich gelesen? Siehste!

Wenn man also etwas sagen will, gehören die wichtigen Informationen in die Einleitung, die Zwischentitel und die Bilder. Dann macht man die Leser vielleicht neugierig genug, damit sie sich auch den Rest des Textes anschauen. Ich weiß nicht, ob mir das immer gelingt, aber ich bemühe mich.

4 Gedanken zu „Schreiben übers Schreiben“

  1. Lieber Leopold,

    ich kenne dich nicht und bin eher durch Zufall auf deinem Blog gelandet. Deinen Beitrag vom 8. März 2024 widmest du einem Thema, mit den ich mich ebenfalls schon lange beschäftige, wie wohl jeder/jede, der/die zur Feder greift (bildlich gesprochen) und Satz neben Satz setzt:

    Schreiben über das Schreiben.

    Wenn ich auf dieses Thema stoße, erlaube ich mir ab und zu, ein paar eigene Gedanken hinzuzufügen. Sozusagen als „Fachsimpelei“, wie sie unter Modelleisenbahnern, Funkamateuren oder Briefmarkensammlern üblich ist. (Meine Mutter wäre fast nicht meine Mutter geworden, weil mein Vater, ein leidenschaftlicher Radiobastler, ein als romantischen Abend geplantes Rendezvous umfunktioniert hat, indem er mit anderen Radio-Bastel-Freaks „fachsimpelte“ anstatt … Ist ja nochmal gutgegangen!)

    Das Thema ist so umfangreich und vielschichtig, dass man ganze Bücher damit füllen könnte (vielleicht sollten wir das tun). Hier nur ein paar Anmerkungen zum Stichwort Motivation.

    Warum schreiben wir? Ja, warum tun wir das? (Oder: Warum tun wir uns das an?) Deine Motivation kann ich gut nachvollziehen. Du schreibst, „hauptsächlich deswegen, um mehr zu erfahren“. Das geht mir ebenso. Aber daneben treibt mich irgendetwas an, was ich nicht genau benennen kann, eine Art Zwang. So wie manche Mitmenschen unruhig werden, sogar unausstehlich, wenn sie einen Tag nicht zum Joggen kommen, werde ich unruhig, wenn ich ein paar Tage nicht zum Schreiben komme. Dazu passt ein Zitat der englische Autorin A. L. Kennedy: „Wenn ein Mensch schreiben will, lässt er sich nur davon abhalten, wenn man ihn bis zu einem gewissen Grad umbringt. Nichts geht über die rasende Freude um drei Uhr morgens, wenn Satz Nummer fünfzehn endlich einwilligt, das zu tun, was man von ihm erwartet, …“

    Das kann man doch nachempfinden, oder?

    Alle weiteren Punkte, die du ansprichst (Inspiration, die Kärrnerarbeit der Überarbeitung und die Frage „Wie bekommt man die Damen und Herren Leser dazu, weiterzulesen?“ sind Stoff für tage- oder nächtelanges „Fachsimpeln“. Falls dir gelegentlich der Sinn danach steht, ich bin bereit.

    Schöne Grüße von Haus zu Haus

    Kurt

    Kennedy, A. L.: Schreiben: Blogs & Essays. Deutschland: Zweitausendeins, 2018.

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    • Lieber Kurt,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Wie du ganz richtig sagst, kann man über das Thema ganze Bücher schreiben und es sind wohl schon auch etliche dazu geschrieben worden. Trotzdem bleibt es immer spannend, von anderen zu hören, was sie motiviert und wie sie das Schreiben technisch anpacken.
      Bei mir ist das Schreiben übrigens kein unwiderstehlicher Zwang. Ich schreibe gerne, aber wenn ich mal ein paar Tage nicht zum Schreiben komme, dann werde ich deswegen nicht unruhig. Eine Tasse Kaffee oder einen Spaziergang vermisse ich viel schneller als meine Tastatur 🙂

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  2. ‚Wer soll das lesen‘? Es ist nicht wahr, dass niemand deine Blogeinträge ganz, bzw. überhaupt nicht liest. Ich genieße es und freue mich jedesmal, wenn ich die Benachrichtigung bekomme, dass du wieder etwas zum Besten gegeben hast. Und dann mache ich mir einen Kaffee und genieße deine Ausführungen. Langweilige Themen habe ich noch nie bei dir gefunden. Interessante Links zu deinen älteren Blogeinträgen führen mich dann zu weiteren interessanten Beiträgen, die ich noch nicht kenne, da mir dein Blog zu der Zeit noch nicht bekannt war.
    So ging es mir auch mit deinem Beitrag ‚Die Bedeutung der Ammerseebahn‘. Da bin ich dann über den alten Geifenberger Bahnhod und das Thersesienbad zur Tiegerent, Janosch, seinem Haus und allen möglichen alten Geschichten über und aus Greigenberg, richtig ins Recherchefieber geraten.
    Vielen lieben Dank für all die tollen Geschichten. Mach weiter so. ‚So mâg i’s!‘
    Sei gegrüßt mein lieber Leo.

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    • Vielen Dank, lieber flori. Ich wollte nicht darüber jammern, dass niemand meine Beiträge liest. Es war nur als tipp für alle Schreibenden gedacht, dass man an die vielen denken sollte, die einen Beitrag nur überfliegen, oder schon nach der Überschrift weiterzappen.

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