Der Kindersegen und seine Folgen

Wenn ich durch den Ort spaziere, freue ich mich über die vielen Kinder, die ich hier sehe. Offensichtlich sind wir nicht von hoffnungsloser Überalterung bedroht. Allerdings sorgt dieser Kindersegen auch für Belastungsproben. Aktuell sind etliche Eltern besorgt, weil für ihre Schulkinder die Ganztagsbetreuung in Schondorf für das nächste Schuljahr noch auf der Kippe steht. Das war in der letzten Gemeinderatssitzung ein Thema in der Bürgersprechstunde.

Ganztagsbetreuung in Schondorf

Nach den Zahlen, die ich gehört habe, sieht die Lage so aus: Eltern von 48 Kindern im Grundschulalter haben sich für das nächste Schuljahr für eine Betreuung im Kinderhort angemeldet. 23 davon haben noch keine Zusage, wissen also nicht, ob sie ab Herbst Familie und Beruf unter einen Hut bringen können.

Kinder mit Fernrohr schauen auf Schondorf: Wie ist die Lage bei der Ganztagsbetreuung in Schondorf am Ammersee?
Wie sind die Aussichten für Ganztagsbetreuung in Schondorf?

Das sorgt natürlich für Ärger. Dem machten einige Betroffene in der letzten Bürgersprechstunde Luft. Der Vorwurf lautet, dass die Gemeinde nicht rechtzeitig die Weichen für eine vergrößerte Ganztagsbetreuung in Schondorf gestellt hätte. Schließlich habe man ja schon längst gewusst, dass ein geburtenstarker Jahrgang in die Grundschule kommt. Das klingt für mich erst einmal völlig einleuchtend.

Räume und Personal

Um beide Seiten zu hören, habe ich mir die Situation mal vom Bürgermeister erklären lassen, der das natürlich etwas anders sieht. Um die gewünschte Ganztagsbetreuung anbieten zu können, braucht es Räume und Personal. Was die Räume angeht, ist Schondorf ganz gut aufgestellt.

Der Hort an der Grundschule bietet Ganztagsbetreuung in Schondorf am Ammersee
Der Hort an der Grundschule

Aktuell wird die Aula in der Grundschule so umgebaut, dass dort zwei Hortgruppen mit je 25 Kindern Platz haben. Das würde alle Anmeldungen abdecken, wenn man das nötige Personal hätte. Wenn ich es richtig verstanden habe, braucht jede Hortgruppe eine Erzieherin als Leitung und dazu noch eine Kinderpflegerin (natürlich m/w/d, ihr wisst schon. Ich verwende hier der Einfachheit halber das generische Femininum).

Kinderpflegerin gesucht

Für eine der Schondorfer Hortgruppen sind beide Positionen besetzt, für die zweite hat man immerhin die Erzieherin. Fehlt also noch eine Kinderpflegerin, um alle Betreuungsplätze im Hort anbieten zu können. Die entsprechende Stellenausschreibung ist nicht nur auf der Website der Gemeinde (https://www.schondorf-ammersee.de/rathaus-verwaltung/karriere), sondern auch auf verschiedenen anderen Plattformen. Ich habe die Anzeige beispielsweise bei der Arbeitsagentur, bei Stepstone und auf AugsburgerJobs gefunden.

Die Gemeinde sucht Erzieher und Kinderpfleger, auch für die Ganztagsbetreuung in Schondorf
Erzieher und Kinderpfleger gesucht

Genutzt hat es bislang aber offensichtlich nichts, die Stelle ist immer noch offen. Inzwischen sucht man alternativ nach einer zweiten Erzieherin für diese Hortgruppe, auch wenn dann ein höheres Gehalt als für eine Kinderpflegerin gezahlt werden müsste.

Klar kann man bemängeln, dass sich die Gemeinde nicht schon früher auf die Suche gemacht hat. Ich zweifle aber, ob das viel geändert hätte. Die Leute gehen üblicherweise auf Jobsuche, weil sie jetzt einen neuen Arbeitsplatz wollen, nicht erst in zwölf Monaten.

Gesellschaft und Eigenverantwortung

Wie gesagt, darf die zweite Hortgruppe mit nur einer Erzieherin nicht arbeiten. Dann hätten die Eltern von 23 Kindern im nächsten Schuljahr keine Ganztagsbetreuung in Schondorf. An der Stelle habe ich auch schon das Argument gehört, dass Eltern doch eine Eigenverantwortung hätten, und die Betreuung nicht einfach auf den Staat – in diesem Fall die Gemeinde – abwälzen könnten.

Kinder auf dem Schulweg in Schondorf am Ammersee. Mittagsbetreuung, Ganztagsschule und Hort bieten Möglichkeiten der Ganztagsbetreuung in Schondorf
Kinder auf dem Schulweg

Meiner Meinung nach greift das zu kurz. Meistens stehen hinter dem Wunsch nach Ganztagsbetreuung ganz handfeste ökonomische Zwänge. Die Zeiten, als ein Facharbeiter mit seinem Einkommen problemlos eine Familie mit Kindern ernähren konnte, sind vorbei und kommen wahrscheinlich auch nicht wieder. Ohne ein zweites Einkommen wird es für viele Familien finanziell sehr eng, speziell bei den hohen Wohnkosten in der Ammerseeregion. Wir wollen sicher nicht, dass sich in Zukunft nur noch Bankiers und reiche Erben ihren Kinderwunsch erfüllen können.

Eine freiwillige Leistung

Das sieht ganz offensichtlich auch unsere Gemeinde so, denn die lässt sich das Betreuungsangebot durchaus etwas kosten. Die Beiträge der Eltern und staatliche Zuschüsse decken laut Bürgermeister Herrmann nur rund 50 % der Kosten für Kindergarten, Krippe, Mittagsbetreuung und Hort. Die andere Hälfte zahlt die Gemeinde, was wohl fast € 600.000 pro Jahr ausmacht. Ich habe das jetzt nicht im Haushaltsplan nachgeschaut, aber ich denke, der Bürgermeister kennt die Zahlen.

Dazu muss man noch sagen, dass der Betrieb eines Kinderhortes aktuell nicht zu den Pflichtaufgaben einer Gemeinde gehört, sondern eine freiwillige Leistung ist. Nächstes Jahr wird sich das ändern. Ab dem Schuljahr 2026/27 haben zunächst alle Kinder der ersten Klasse einen Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung. In den Folgejahren wird dieser Anspruch schrittweise bis zur vierten Klasse erweitert.

Ausblick in die Zukunft

Der Bedarf an Ganztagsbetreuung in Schondorf wird in den kommenden Jahren also deutlich wachsen. Vom Platzangebot her ist die Gemeinde gut darauf vorbereitet. Im September 2026 soll der neue Kindergarten an der Bergstraße bezugsfertig sein (Drill, baby, drill). Das alte Gebäude in der Schulstraße wird frei und bietet dann Platz für sechs Hortgruppen mit jeweils bis zu 25 Kindern.

Spatenstich für den neuen Kindergarten Schondorf am Ammersee. In der Mitte Bürgermeister Alexander Herrmann
Spatenstich des neuen Kindergartens an der Bergstraße

Der Platz ist also da, aber die Personalsituation dürfte sich eher noch verschärfen. Mit dem gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung wird der Bedarf an Erzieherinnen vermutlich massiv wachsen. Die Gemeinden am Ammersee, in denen Wohnraum knapp und teuer ist, werden sich im Wettbewerb um die Fachkräfte schwertun.

Ich kann nur hoffen, dass sich irgendeine Lösung findet und wir die kinderfreundliche Gemeinde bleiben, die wir jetzt sind.

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