Lost Traces

In dem Projekt „Lost Traces“ macht sich ein Kunstseminar des Ammersee-Gymnasiums Gedanken über die Neugestaltung verlassener Gebäude. Gezeigt wurden die Ideen dazu in genau einem solchen Gebäude, nämlich der Lagerhalle am Bahnhof in Utting. Schade, dass die Ausstellung nur vom 25. bis 28. Oktober geöffnet war.

Die Lagerhalle am Bahnhof

Für mich ist es beeindruckend, wie entspannt und nüchtern sich die Uttinger die Zukunft der alten Lagerhalle überlegen. In Schondorf dagegen schnellt der Blutdruck immer in ungesunde Höhen, wenn die Halle am Bahnhof nur erwähnt wird. Seit einem Bürgerentscheid 2014 streitet die Gemeinde um die Zukunft der Güterhalle (siehe Und dann?). Ein Abriß ist nicht möglich, weil der Bahnhof als Ensemble denkmalgeschützt ist. Ideen für eine zukünftige Nutzung sind verpönt, weil das den Bürgerwillen nach einem Abriß unterlaufen würde. So ist eine Pattsituation entstanden.

Güterhalle am Bahnhof Utting

Ganz anders in Utting. Dort steht die Güterhalle zwar nicht unter Denkmalschutz, wird aber ganz selbstverständlich als Teil der eigenen Geschichte respektiert. Die Bahnhöfe spielen ja für alle Orte an der Ammersee-Westküste eine wichtige Rolle. Ohne die 1898 gebaute Ammerseebahn hätten sich Schondorf, Utting oder Dießen ganz anders entwickelt, und würden heute auch ganz anders aussehen.

Kandinsky als Schreiner

Während Schondorf zaudert, zeigt Utting, wie man die Güterhalle auch mit einfachen Mitteln nutzbar machen kann. Ein erster Schritt dazu war die Ausstellung „Lost Traces“ (http://lost-traces.eu/portfolio/ammersee/). Dieses von der Landesarbeitsgemeinschaft Architektur und Schule gestartete Projekt ist eine historische Spurensuche für Jugendliche. Hier soll unser baukulturelles Erbe nicht von Archäologen, Denkmalschützer, Architekten und anderen Experten bearbeitet werden. Gefragt ist der unvoreingenommene Blick junger Menschen, der zu unkonventionellen Lösungen führen kann.

Eingang zur Güterhalle Utting

Das sah man dem Ausstellungsort schon von außen an. Die Treppe zum Eingang war mit einer gewissermaßen expressionistischen Holzkonstruktion abgesichert (wäre Wassily Kandinsky Schreiner gewesen, hätte er wahrscheinlich so etwas gebaut). Innen war aus beleuchteten Fässern eine improvisierte Bar aufgebaut. Das mit transparenter Plastikfolie abgedeckte Tor zum Bahngleis ließ Licht in den Raum strömen. Durch die Folie strömte allerdings auch die Herbstkälte ziemlich ungehindert in den Raum, wogegen ein kleiner Ofen auf verlorenem Posten ankämpfte.

Trotzdem war die Stimmung fröhlich und energetisch. Die vielen Besucher diskutierten ausführlich über die Einzelheiten der vorgestellten Projekte.

Baukulturelle Spurensuche

Diese Projekte umfassten eine große Bandbreite. Schüler des Ammersee Gymnasiums hatten sich mit dem Photoapparat auf die Suche nach interessanten, ungenutzten Gebäuden in der Region gemacht. So entdeckten sie beispielsweise das alte Wirtshaus in Machtlfing, die Druckerei Huber in Dießen oder den Bahnhof in Riederau.

Innenraum der Güterhalle in Utting

Ich war erstaunt, wie intensiv sich die Jungs und Mädels mit den jeweiligen Objekten auseinandergesetzt haben. Für diese Gebäude wurden dann neue Nutzungsmöglichkeiten überlegt. In den vorgestellten Plänen geht es sichtlich nicht um eine buchstabengenaue Auslegung des Denkmalschutzes. Das Ziel ist, die historische Substanz wieder zu einem lebendigen Teil des Ortes zu machen. Gemeinsam ist allen Vorschlägen, dass die Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich werden sollen. In vielen Entwürfen sind Cafes oder Ausstellungsräume vorgesehen.

Die Güterhalle in Schondorf war übrigens auch mit dabei. Ich hoffe, dass ich über dieses Projekt bald etwas mehr erzählen kann.

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