Dieses Jahr hat das Festival Ammerseerenade (http://www.ammerseerenade.de/) sein Programm straff reduziert. Zum Glück blieb ein Programmpunkt erhalten, der mich schon seit Jahren fasziniert: Der Kapellentag (Kreuz und quer um den Ammersee). Die Gelegenheit, Musik in verschiedenen kleinen Kirchen und Kapellen rund um den See zu hören, wollte ich lange schon einmal wahrnehmen. Leider überschnitt sich diese musikalische Seeumrundung immer mit dem Jazzfestival Saalfelden, das ich seit Jahren besuche. Heuer habe ich nun die Entscheidung getroffen, am 25. August zugunsten der Kapellenrunde auf den Jazz zu verzichten. Es hat sich gelohnt.
Rund um den Ammersee
Beim Kapellentag wurden vier verschiedene Routen am See angeboten. Ich entschied mich für die östliche Schleife. Zum einen, weil es am Ostufer für mich mehr Unbekanntes zu entdecken gibt. Zum anderen, weil der sonnige Tag perfekt für eine Radrunde um den Ammersee war (dazu später noch mehr). Außerdem klang das musikalische Programm auf dieser Strecke besonders verheißungsvoll.
Kapellentag bei strahlender Sonne
Also ging es bei strahlendem Sonnenschein über Fischen nach Aidenried. Dort spielte in der Hofkapelle Maria Schnee die Akkordeonistin Annette Rießner, für mich eine der interessantesten Musikerinnen der Ammerseeregion. Das hat sie erst neulich wieder bei dem Projekt Grundrauschen im Dießener Taubenturm gezeigt hat. Für Grundrauschen (http://annetteriessner.de/aktuelles/46) hatte Rießner Klangcollagen erstellt, die von anderen Künstlern als Malerei, Skulptur, Fotografie oder Installationen interpretiert wurden. Aus diesen Werken schuf sie dann wiederum kleine Musikstücke.
Wie erwartet, gestaltete Rießner die erste Station der Kapellenrunde erfrischend experimentierfreudig. Sie interpretierte auf dem Akkordeon Werke des Barockkomponisten Domenico Scarlatti und von Leoš Janáček. Dazwischen gab es ein Stück Minimal Music des zeitgenössischen Komponisten Jürgen Ganzer. Gerade letzteres passte hervorragend in die Atmosphäre. Die idyllisch gelegene Kapelle, der weiß-blaue Himmel, der Blick über den Ammersee zum Marienmünster, und die meditativen Klänge auf dem Akkordeon – besser hätten Musik und Umgebung sich gar nicht ergänzen können.
Sportliche Routenplanung
Schon in Aidenried merkte ich, dass die Veranstalter die Routen ausgesprochen sportlich geplant hatten. Die Konzerte finden im Abstand von jeweils einer Stunde statt und dauern etwa 45 Minuten. Da ich danach noch kurz mit Annette Rießner geplaudert habe, blieben mir zehn Minuten für den Weg zur nächsten Station, die Kirche St. Martin in Herrsching.
Etwas verspätet und ziemlich verschwitzt kam ich in Herrsching an, um Duopoli (https://duopoli.com/) zu hören. Dieses Duo spielt bekannte Stücke von Bach, Mozart oder Beethoven, allerdings in der ungewöhnlichen Besetzung Trompete und Saxophon. Die beiden musizierten ausgesprochen schwungvoll. In ihrer Fassung hätte man sogar zu Mozart’s kleiner Nachtmusik eine Polka tanzen können.
Kapellentag mit Lücken
In Herrsching wurde mir endgültig klar, dass ich nicht alle Stationen schaffen würde. Schweren Herzens verzichtete ich auf die Hausmusik von SaitenRausch in dem kleinen Weiler Rausch oberhalb von Herrsching. Stattdessen stärkte ich mich mit einem Teller Sushi, um dann zur übernächsten Station in Breitbrunn weiterzufahren. Hier hätte ich in der Kapelle St. Johannes Baptist das Duo KlangZeit (http://klangzeit.eu/) hören können. Hätte, denn pünktlich zum Aufbruch setzte ein kräftiger Gewitterregen ein. So saß ich in Herrsching fest, schaute betröpfelt dem Regen zu und sah mir KlangZeit wenigstens auf YouTube an: https://youtu.be/xXbtINj-SQ4
Das Wetter wurde dann etwas besser. Um den Kapellentag nicht komplett zu versäumen, machte ich mich auf den Weg nach Schlagenhofen am Wörthsee. Darauf hatte der Regen nur gewartet und legte nach wenigen Minuten wieder richtig los.
Klavier ohne Tasten
Patschnass erreichte ich die Kirche St. Michael. Dort spielte Michael Leontchik auf der Zymbal. Das ist ein russisches Hackbrett oder, wie der Musiker launig erklärte: „Ist wie ein Klavier. Nur ohne Tasten.“ Der gebürtige Weißrusse beherrscht das Instrument einfach virtuos. Die Klöppel wirbeln über das Hackbrett, dass man mit den Augen kaum nachkommt. Er spielte auch schwierige Kompositionen von Vivaldi oder Bach mit einer Leichtigkeit, als seien es Kinderlieder.
Entspannter Abschluss
Von Schlagenhofen ist es zum Glück nur ein kurzer Weg nach Buch. Deshalb kam ich hier pünktlich zum letzten Konzert an. Das bestritt Miriam Green (miriamgreen.de) mit dem Programm Songs und Oboe, zusammen mit dem Gitarristen Lukas Häfner. Den intimen Rahmen dafür bildete die kleine Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit in Buch.
Im April hatte Konstantin Wecker Green’s Debütalbum Wanderlust auf seinem Sturm & Klang Label veröffentlicht. Daraus spielte sie einige Stücke, abwechselnd mit Kompositionen des Jazzgitarristen Häfner. Die Mischung aus Folk, Pop, Chanson und Jazz war ein wunderbar stimmiger Ausklang des Kapellentages.
Nass und dreckig kam ich danach zurück nach Schondorf. Zuhause habe ich als Erstes eine warme Dusche genossen, und dann die musikalischen Eindrücke des Tages im Kopf nachklingen lassen.