In meinem Blog-Beitrag Bezahlbares Wohnen in Schondorf gibt es eine lebendige Diskussion darüber, wie viel bezahlbaren Wohnraum wir am Ort brauchen.
Richtig ist, dass Wohnungen und Häuser in Schondorf teuer sind. Richtig ist sicher auch, dass wir eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur möchten, und kein Millionärsghetto. Wir wollen verhindern, dass junge Menschen und Familien aus Schondorf abwandern, weil sie sich hier keine Wohnung leisten können.
Aber wie gravierend ist das Problem eigentlich?
In der Gemeinderatssitzung gab es dazu persönliche Erfahrungen wie „Ich kenne jemand, der zieht jetzt weg, weil er sich hier keine Wohnung leisten kann.“ Wie ich aber immer wieder gerne sage: Statistik ist nicht der Plural von Anekdote.
Bevölkerungsstruktur im Vergleich
Ich habe mal etwas in den Ergebnissen des Zensus 2011 (https://ergebnisse.zensus2011.de/) gestöbert und Schondorf mit dem Durchschnitt Oberbayerns verglichen.
Da steht Schondorf recht familienfreundlich da: Wir haben wesentlich weniger Single-Haushalte (14,3 zu 17,8%) und dafür mehr Paare mit Kindern (50,7 zu 46,2%). Auch die Haushaltsgröße scheint das zu bestätigen: Bei 2-3 Personen liegen wir etwa im oberbayerischen Durchschnitt, bei >4 Personen darüber.
Abwanderung der über 18-Jährigen
Einen deutlichen Unterschied gibt es in der Altersstruktur: In der Altersklasse unter 18 Jahren liegen wir mit 22,1% über dem oberbayrischen Durchschnitt (17,1%). Danach folgt ein Einbruch: Wir haben in den Gruppen von 18 bis 49 Jahren prozentual weniger Einwohner. Über 50 Jahren liegen wir dann wieder über dem Mittel für Oberbayern.
Woher kann das kommen? Es könnte daran liegen, dass jungen Menschen eine Wohnung in Schondorf schlicht zu teuer ist. Es könnte aber auch daran liegen, dass es die Menschen ab etwa 20 generell vom Land in die Stadt zieht – Studium, bessere Berufschancen, raus aus der dörflichen Enge.
Quelle: Zensus 2011 |
Stadt oder Land?
Wenn dem so ist, müsste die Altersverteilung in anderen ländlichen Gemeinden ähnlich wie in Schondorf sein.
Ich habe zum Vergleich die Gemeinde Finning angeschaut: selber Landkreis, ähnliche Größe, aber eben deutlich günstigere Boden- und Mietpreise. Und tatsächlich passt die Altersverteilung in Finning weit besser zum Durchschnitt, als in Schondorf. Der Knick zwischen 18 und 49 Jahren ist deutlich weniger ausgeprägt.
Quelle: Zensus 2011 |
Fehlt 295 Leuten eine Wohnung?
Jetzt mal ein kleines Gedankenexperiment. Wieviele Menschen fehlen in Schondorf, um in der Altersgruppe 18 – 49 Jahre den Durchschnitt Oberbayerns zu erreichen? Wenn man die Prozentwerte mit der Einwohnerzahl hochrechnet, dann fehlen in Schondorf 176 (18-29 Jahre) bzw. 119 (30-49). Das macht zusammen 295.
295 junge Menschen, die vielleicht in Schondorf geblieben wären, wenn es bezahlbare Wohnungen gäbe.
Ist das eine wissenschaftlich fundierte Aussage? Beileibe nicht! Aber es ist eine Zahl über die sich reden und schön streiten lässt. Ich bin mal gespannt.
Danke für das Kompliment, Hannes. Ich denke auch, dass wir das nicht allein dem freien Spiel des Marktes überlassen dürfen – sonst entwickeln wir uns wirklich Richtung Klein-Starnberg.
Ich kenne auch jemanden, der gern hier wohnte, sich aber die Miete nicht mehr leisten konnte und nach Landsberg zog. Alter: Ende 50.
Lieber Leo, das ist interessant und mit einigem Hirnschmalz geschrieben. Kompliment! Ich "glaube" (="Anekdote"??), in Diessen ist das ganz ähnlich. Allerdings sind die Wahlkampfzeiten, da "bezahlbarer Wohnraum" bei wohl allen antertenden Parteien ein populäres Thema war, leider schon wieder lange vorbei. Das Baugeschehen zeigt keine Trendwende. Im letzten AK war eine Wohnungsanzeige zu finden, die auch symptomatisch ist: "Ideal für Paar oder Einzelperson": 3,5 Zi, ca. 83 qm zum günstigen Preis von 595 EUR. "Paar" oder "Einzelperson"…??!!