Hurra, wir haben ein Sanierungsgebiet

Die Überschrift ist durchaus ironisch gemeint. Am 11. April wurden in der Schulaula die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchung zum Sanierungsgebiet in Schondorf vorgestellt. Von den zahlreich erschienenen Zuhörern gab es alle möglichen Reaktionen, nur Jubelrufe waren keine zu hören.

Die vorbereitende Untersuchung zum Sanierungsgebiet

Das Thema Sanierungsgebiet schlägt in Schondorf Wellen. Entsprechend groß war der Andrang zum Bürgerworkshop genannten Informationsabend in der Schondorfer Grundschule (Wohin sich Schondorf entwickelt). Die Schulaula war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Diskussion mit den Planerinnen nach der Vorstellung der vorbereitenden Untersuchung zum Sanierungsgebiet
Diskussion mit den Planerinnen

Bürgermeister Herrmann war aus privaten Gründen verhindert, weshalb Martin Wagner als zweiter Bürgermeister durch den Abend führte. Das Podium gehörte aber größtenteils den Stadtplanerinnen Astrid Weisel und Kathrin Hess. Die beiden hatten im Auftrag der Gemeinde die vorbereitende Untersuchung zum Sanierungsgebiet durchgeführt, und erklärten erst einmal das Verfahren. Ihre Präsentation soll demnächst auf der Website der Gemeinde einsehbar sein: https://www.schondorf-ammersee.de/bauen-wohnen/staedtebaufoerderung/sanierungsgebiet

Die aktuelle Lage des Sanierungsgebietes in Schondorf
Die Abgrenzung des Sanierungsgebiets

Es geht letztlich darum, staatliche Fördergelder für Verbesserungsmaßnahmen im Ort zu bekommen. Die gibt es nur, wenn davor bauliche Missstände festgestellt und anschließend ein Sanierungsgebiet ausgewiesen wird. Schondorf ist jetzt mitten in diesem Ablauf. Als Erstes wird in einer vorbereitenden Untersuchung zum Sanierungsgebiet festgestellt, wo bauliche Missstände vorliegen.

Hat man das Sanierungsgebiet, dann werden dafür bestimmte Handlungsfelder und Ziele festgelegt. Passend zu diesen Zielen gibt es dann konkrete Maßnahmen, und für diese kann man schließlich staatliche Zuschüsse beantragen. Es ist also ein weiter Weg, bis die Gemeinde am Ende (hoffentlich) von Fördergeldern profitiert.

Umfassendes und vereinfachtes Verfahren

Nun hatte offensichtlich nicht nur ich, sondern auch viele andere Zuhörer vorab schon mal das Thema Sanierungsgebiet gegoogelt. Dabei stößt man recht schnell auf den Begriff Ausgleichsbetrag. Das ist ein finanzieller Beitrag, den Hausbesitzer nach der Sanierung zahlen, wenn es durch diese Maßnahmen zu einer Wertsteigerung der Immobilien kommt.

Die Planerinnen erklärten, dass das aber nur beim sogenannten umfassenden Verfahren gilt. In Schondorf sei dagegen im Gemeinderat das vereinfachte Verfahren im Gespräch, bei dem es diesen Ausgleichsbetrag nicht gibt. Das bestätigten auch der zweite Bürgermeister und einige Ratsmitglieder, mit denen ich nach der Veranstaltung sprach. Allerdings wurde eingeräumt, dass es zumindest die Möglichkeit gibt, zu einem späteren Zeitpunkt vom vereinfachten zum umfassenden Verfahren zu wechseln (oder umgekehrt).

Mehr Mitsprache der Gemeinde

Ob umfassend oder vereinfacht, in jedem Fall hat die Gemeinde im Sanierungsgebiet ein größeres Mitspracherecht. Bei Nutzungsänderungen, bei neuen Miet- oder Pachtverträge, Grundstücksteilung, oder bei der Belastung mit einer Hypothek – in jedem Fall ist die Zustimmung der Gemeinde erforderlich, die übrigens auch ein Vorkaufsrecht besitzt.

Diese weitreichenden Eingriffe waren das Aufregerthema des Abends. Die Reaktionen reichten von vorsichtiger Skepsis bis zu wütender Ablehnung. „Das ist ja Sozialismus!“, rief ein aufgebrachter Teilnehmer. Begeisterte Stimmen waren, wie bereits gesagt, nicht zu hören. Dass es für Hausbesitzer im Sanierungsgebiet unter bestimmten Voraussetzungen bessere Abschreibemöglichkeiten für Investitionen gibt, ging daneben praktisch unter.

Die Planerinnen präsentieren die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchung zum Sanierungsgebiet in Schondorf
Großer Andrang in der Aula der Grundschule

Zum Schluss glättete Martin Wagner etwas die Wogen. Er wies noch einmal darauf hin, dass man sich in einem Prozess befindet, und noch nichts entschieden ist. Was die Eingriffsmöglichkeiten bei Verkauf oder Vermietung angehe, sei man gerade in Beratungsgesprächen mit einem Rechtsanwalt. Man prüft, ob man nicht zumindest für einzelne Bereiche des Sanierungsgebietes hier das gemeindliche Einverständnis schon im Vorhinein festschreiben könne.

Offen blieb, ob die Bürger an der weiteren Entscheidungsfindung beteiligt werden, oder ob das der Gemeinderat alleine entscheidet.

Persönliche Eindrücke

Auch wenn ich selber betroffen bin, weil unser Haus im Sanierungsgebiet liegt, mache ich mir erst einmal keine allzu großen Sorgen. Allerdings frage ich mich, ob sich die Gemeinde mit diesem ambitionierten Projekt nicht übernimmt. Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir in Schondorf vor lauter planen nicht mehr zur Umsetzung kommen.

Viel Planung, wenig Umsetzung

Schon 2018 wurde bei einem Bürgerabend das interkommunale Entwicklungskonzept ISEK diskutiert (Schondorfer wollen mitreden). Da wurden fleißig Vorschläge und Ideen gesammelt, von denen ich später nie wieder gehört habe. Genau so war es bei der zwei Jahre später durchgeführten Bürgerbefragung zur Mobilitätserhebung oder bei der aufwändigen Feinuntersuchung der Staatsstraße.

Bürgerabend zum Thema ISEK in Schondorf
Bürgerabend zum Thema ISEK im April 2018

Vor einem Jahr wurde ein Gestaltungswettbewerb zur Seeanlage durchgeführt, ohne dass sich hier inzwischen etwas getan hätte. Auch die alte Güterhalle am Bahnhof liegt nach wie vor brach, obwohl 2022 ziemlich detaillierte Pläne für eine neue Nutzung präsentiert wurden (Reparatur statt Umbau). Wird irgendetwas davon schneller zum Ziel kommen, wenn sich die Gemeinde jetzt die neue Mammutaufgabe Sanierungsgebiet aufbürdet? Oder dauert es dann noch länger, bis die notwendigen Arbeiten angegangen werden?

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